„Blackwashing“: Anwalt verklagt Netflix wegen dunkelhäutiger Kleopatra in Doku

In Ägypten sorgt die Besetzung der Kleopatra durch eine dunkelhäutige Schauspielerin bei Netflix für Ärger. Die Doku, so der Vorwurf, verfälsche die Geschichte.
Kleopatra
Screenshot: Netflix-Darstellung der altägyptischen Königin Kleopatra 2023.Foto: kleopatra.jpg
Von 25. April 2023


Gut gemeint, so heißt es häufig, sei das Gegenteil von gut. Zur Illustration dieses bekannten Sinnspruchs eignet sich möglicherweise die Kontroverse, die derzeit in Ägypten die Gemüter erhitzt. Es geht um eine Dokumentation des Streaming-Anbieters Netflix über die frühere Königin Kleopatra, die von 51 bis 30 vor Christus das Land regiert hatte.

Netflix hat jüngst die Doku „African Queens: Queen Cleopatra“ produziert. Diese beschäftigt sich mit dem Leben der Königin, die über die Jahrhunderte hinweg auch zahlreiche Darstellungen in Kunst und Kultur inspiriert hat.

Kleopatra entstammte der ptolemäischen Dynastie

Mit der Form der Darstellung der Kleopatra hat sich Produzentin Jada Pinkett-Smith allerdings nicht nur Freunde gemacht. Die ehemalige ägyptische Königin wird durch eine dunkelhäutige Schauspielerin verkörpert. Pinkett-Smith betont, dass dies bewusst so geschehen sollte, weil sie in ihrer Produktion „schwarze Frauen repräsentieren wollte“.

Die meisten historischen Darstellungen der Kleopatra schreiben ihr hingegen eine helle Hautfarbe zu. Dies dürfte nicht nur auf den Umstand zurückzuführen sein, dass viele künstlerische Abbildungen europäischen Ursprungs sind.

Es gilt auch historisch als gesichert, dass Kleopatra eine Nachfahrin von Ptolemäus I. Soter war. Dieser stammte aus Makedonien und war ein Gefährte des griechischen Feldherrn Alexanders des Großen. Diese griechische Herkunft lässt es als eher wenig wahrscheinlich erscheinen, dass Kleopatra äußerlich einem klassischen schwarzafrikanischen Phänotyp entsprach.

Unentspannte Reaktionen auf Netflix-Doku in Ägypten

Der Ägyptologe Zahi Hawass nimmt Netflix übel, dass sein Doku-Format Kleopatra dennoch in dieser Weise darstellt. Gegenüber der Zeitung „Al-Masry al-Youm“ sprach er von einer „völlig falschen Darstellung“, die „falsche und irreführende Tatsachen“ verbreite und auf diese Weise „Verwirrung“ stifte.

Anwalt Mahmoud al-Semary reichte dem „Egypt Independent“ zufolge sogar eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft ein. Netflix, so der Jurist, betreibe „Blackwashing“ auf Kosten historischer Präzision. So etwas entspreche nicht den „islamischen und gesellschaftlichen Werten und Prinzipien“, wie sie in Ägypten vorherrschten.

Demgegenüber erklärt die Ägyptologin Sally-Ann Ashton, Kleopatra habe Ägypten lange vor der arabischen Besiedelung Nordafrikas regiert. Ägyptens Bevölkerung sei damals multikulturell und multirassisch gewesen. Es wäre daher durchaus möglich gewesen, dass Kleopatra tatsächlich eine dunkle Hautfarbe aufgewiesen hätte:

Wenn die mütterliche Seite ihrer Familie indigene Frauen wären, wären sie Afrikanerinnen gewesen, und dies sollte sich in zeitgenössischen Darstellungen von Kleopatra widerspiegeln.“

Kleopatra trug ägyptische Gewänder als Zeichen der Verbundenheit

Zur Zeit Kleopatras lebten in Ägypten verschiedene Bevölkerungsgruppen – darunter Ägypter, Griechen und Römer. Es gab auch eine bedeutende jüdische Gemeinde in Ägypten, insbesondere in Alexandria. Viele Ägypter der damaligen Zeit waren Kopten, dazu kamen Libyer und Nubier. Letztgenannte wurden in zeitgenössischen Abbildungen, etwa in Form von Wandmalereien, tatsächlich als dunkelhäutig dargestellt.

In Bezug auf das äußere Erscheinungsbild gibt es nur begrenzt historisch gesicherte Erkenntnisse. Die meisten Einschätzungen darüber entstammen künstlerischen Darstellungen und literarischen Beschreibungen, einige bloßen Annahmen.

Diese legen nahe, dass indigene Ägypter damals bereits eine dunkle Hautfarbe aufgewiesen hätten – ihre Haare seien überwiegend dunkel und kraus gewesen. Allerdings sei die Hautfarbe demnach – abgesehen von den nubischen Bevölkerungsteilen – eher rotbraun gewesen. Die Griechen und Römer hatten im Allgemeinen hellere Haut und glatteres Haar. Kleopatra selbst war griechischer Abstammung. Ihr Bemühen um die Unterstützung der ägyptischen Bevölkerung soll äußerlich Ausdruck im Tragen ägyptischer Gewändern gefunden haben.

Explizit antikolonialistische Forscher wie Cheikh Anta Diop gehen demgegenüber davon aus, dass Ägypten ursprünglich einen schwarzen Ursprung gehabt habe. Erst die Geschichtsschreibung der Kolonialmächte habe aus Ägypten eine euroasiatische Zivilisation gemacht.



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