Blaubeuren und sein Blautopf

Die Schwäbische Alb als Urlaubsziel
Von 9. Juni 2005

Ein Dichter machte mich neugierig: Blaubeuren, las ich bei Eduard Mörike, sei „ein Städtlein und Kloster im Tal, zwischen mächtigen Felsen gelegen.“ Da möge man sich „ja den Blautopf auch beschauen… Dieser ist einwärts wie ein tiefer Trichter, sein Wasser von Farbe ganz blau, sehr herrlich, mit Worten nicht wohl zu beschreiben“. Klingt verlockend, nicht wahr? Und dass „zu unterst auf dem Grund… ehmals eine Wasserfrau“ gehaust haben soll, macht den Blautopf noch interessanter.

Unterwegs auf der A 8 riskierte ich den Abstecher. Blaubeuren, am Südrand der Schwäbi-schen Alb, ist, wenn man die Autobahn bei Ulm-West verlässt, über die B 10 und die B 28 in einer guten halben Stunde zu erreichen. Ein sehenswerter Ort mit schönen Fachwerkhäusern im Zentrum, an den Flüssen Blau und Aach gelegen. Er entstand im Mittelalter aus einer Siedlung, die sich um das 1085 gegründete Benediktinerkloster gebildet hatte.

Schilder weisen den Weg am Kloster vorbei zum Blautopf. Da stand ich nun an der Quelle der Blau, einem Naturwunder, das es so wohl nicht noch einmal gibt: Eine blaue Wasserflä-che, 33 mal 35 Meter, deren Farbintensität sich vom Ufer zur Mitte hin ins Tiefblaue ver-stärkt. Mörike hatte Recht: das lässt sich nicht beschreiben. Es hat etwas Magisches, das die Phantasie anregt und zwangsläufig zur Legendenbildung führt. So kam Mörike wohl auf seine „Historie von der schönen Lau“, eben jener Wasserfrau „mit langen fließenden Haaren“, die von ihrem Ehemann, einem Donaunix, in den Blautopf verbannt worden war, „darum, dass sie nur tote Kinder hatte“. Allerdings war ihr geweissagt worden, „sie möge eher nicht eines lebenden Kindes genesen, als bis sie fünfmal von Herzen gelacht haben würde“. Das lernte sie dann bei der Familie der dicken Klosterwirtin im Nonnenhaus. Diese Geschichte muss man kennen, wenn man nach Blaubeuren kommt, denn natürlich findet man ein steinernes Abbild der schönen Lau am Blautopf, und das Kloster, wo sie unter Menschen fröhlich war, steht ge-nau gegenüber. Bevor man aber durch das Torhaus den Klosterhof betritt, sollte man die his-torische Hammerschmiede nicht auslassen, deren mächtiges Schaufelrad die Blau mit ihrem Quellstrom antreibt.

Dann steht man im weitläufigen Klosterhof mit dem schönen Brunnen und seinen eindrucks-vollen Fachwerkbauten aus dem 16. Jahrhundert, darunter das Badhaus der Mönche, das heu-te das sehenswerte Heimatmuseum beherbergt. Der bemerkenswert gute Zustand der Gebäude sowie die ganze malerische Anlage bleiben dem Besucher unvergesslich.

Weiter geht man zur Klosterkirche, erbaut 1491 bis 1499. Man umrundet den herrlichen Kreuzgang, schaut in das Refektorium, in den Kapitellsaal und verweilt andächtig in der Brunnenkapelle. Dann tritt man in den spätgotischen Chor ein, dessen prächtiges Gestühl 1493 von Meister Syrlin d.J. vollendet wurde. Hauptsehenswürdigkeit ist jedoch der Hochal-tar, ein Meisterwerk der Ulmer Schule von 1493/94. Er besteht aus einem bemalten Figuren-schrein mit zwei Flügeln. Darüber erhebt sich ein transparentes Schnitzwerk, dessen drei filig-rane Türme bis an die Gewölbedecke reichen. Der Blaubeurer Hochaltar ist ein einzigartiges spätmittelalterliches Kunstwerk und weithin berühmt. Allein seinetwegen lohnt sich die Reise an die Quelle der Blau. Doch kann man in dieser Gegend noch manches andere sehen und er-leben. Reizvoll sind die Wanderungen auf der Hochfläche der Schwäbischen Alb, zumal die geführten zu den zahlreichen Höhlen. Dort konnten Archäologen Zeugnisse aus der Steinzeit bergen, die im urgeschichtlichen Museum der Stadt ausgestellt sind. Erwähnt seien nur die kleinen Tierfiguren aus Mammutelfenbein, 36.000 Jahre alt, ebenso wie die Flöte aus Schwa-nenknochen, eines der bisher ältesten Musikinstrumente der Menschheit. Im Museum finden regelmäßig Vorträge zu vorgeschichtlichen Themen sowie archäologische Grundkurse statt. Mit seinen vielseitigen Angeboten für interessierte Gäste entspricht Blaubeuren seiner Quali-fikation als staatlich anerkannter Erholungsort.

Es gibt einen mundartlichen Zungenbrecher, den man während der Fahrt nach Blaubeuren ü-ben kann: „Glei bei Blaubeure leit a Klötzle Blei. A Klötzle Blei leit glei bei Blaubeure.“ Was es mit dem Klötzle Blei aber für eine hintergründige Bewandtnis hat, das muss man bei Möri-ke nachlesen.



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