Deutsche Kinder im Gespräch mit dem Dalai Lama: „Wie wir eine bessere Welt erschaffen“

Titelbild
Der Dalai Lama 1990 in Amsterdam, private Aufnahme von Roland R. Ropers.Foto: Roland R. Ropers
Von 22. März 2015

Von dem Buch „Kinder sprechen mit dem Dalai Lama – Wie wir eine bessere Welt erschaffen“ war unser Autor Roland R. Ropers so angetan, dass er den Sonntagmorgen nutzte, um es auch schriftlich zu würdigen und unseren Lesern ans Herz zu legen:

„Wenn ein Kind ermutigt wird,

lernt es, sich selbst zu vertrauen.

Wenn ein Kind gelobt wird,

lernt es, sich selbst zu schätzen.

Wenn ein Kind anerkannt wird,

lernt es, sich selbst zu mögen.

Wenn ein Kind in Freundschaft aufgenommen wird,

lernt es, in der Welt Liebe zu finden.“

(Tibetische Weisheit)

Am 6. Juli 2015 wird der XIV. Dalai Lama, der ständig die Welt bereist, 80 Jahre alt. „Solange der Himmelsraum besteht und solange es Lebewesen gibt, will auch ich bleiben, um das Leid der Welt zu beseitigen. Mit sechzehn Jahren habe ich meine Freiheit verloren; ich war vierundzwanzig, als ich mein Land verlassen musste, seitdem durfte ich nicht mehr nach Tibet zurückkehren. In den letzten 55 Jahren haben sich dort viele Tragödien ereignet. In dieser langen, sehr schweren Zeit hat mir die Warmherzigkeit viel geholfen…“

In Hannover und Steinhude beantwortete das geistige Oberhaupt der Tibeter,  Tenzin Gyatso, der XIV. Dalai Lama, der „Ozean der Weisheit“, Friedensnobelpreisträger von 1989, geduldig zahllose und lebenswichtige Fragen von jungen Schülern.  Daraus ist ein textlich und bildlich wunderschön gestaltetes Buch entstanden, das in jede Familie gehört. „Kinder sprechen mit dem Dalai Lama – Wie wir eine bessere Welt erschaffen“, erschienen bei C.H. Beck.

Fast 45 Prozent der gegenwärtig auf der Erde lebenden Menschen sind jünger als 25 Jahre. „Die größte Aufgabe des Menschen im 21. Jahrhundert ist die Rettung unseres Planeten vor der Zerstörung, sagte Michail Gorbatschow, der ehemalige Staatspräsident der Sowjetunion. Mehr als 40 Prozent der Deutschen betrachten den Dalai Lama, der das Oberhaupt aller Buddhisten weltweit ist, als ihr Vorbild.

Meine zahlreichen Begegnungen mit dem Dalai Lama in den letzten 25 Jahren (u.a. in New Delhi, New York, Chicago, London, Salzburg, Innsbruck, Amsterdam, München, Hamburg, Barcelona, Montserrat) haben mir seinen und unseren ständigen Transformationsprozess eindrucksvoll vor Augen geführt – unser Leben ist dauerhaftes Lernen.

Im Gespräch mit jungen Menschen öffnet der weise Mann aus dem fernen Asien sein Herz: „Ich bin heimatlos. Es war am 17. März 1959 um 22 Uhr, und ich wusste nicht, ob ich den nächsten Morgen erleben würde. Seitdem konnte ich nicht mehr nach Tibet zurückkehren. Ein tibetisches Sprichwort hilft mir, wenn ich traurig über die Situation bin. Es lautet: ‚Wo immer du glücklich bist, dort ist deine Heimat. Wo immer man dich liebt, das sind deine Eltern.’ Ich betrachte mich als Weltbürger. Ich bin überall zuhause, wo man mich anlächelt.“

Der Dalai Lama 1990 in Amsterdam: "Ich war vierundzwanzig, als ich mein Land verlassen musste, seitdem durfte ich nicht mehr nach Tibet zurückkehren."Der Dalai Lama 1990 in Amsterdam: „Ich war vierundzwanzig, als ich mein Land verlassen musste, seitdem durfte ich nicht mehr nach Tibet zurückkehren.“Foto: Roland R. Ropers

Mit gewaltiger Brutalität sind die Chinesen in Tibet eingefallen, haben Tausende von Menschen ermordet und Klöster zerstört. Im nordindischen Dharamsala, im Vorgebirge des Himalayas lebt der XIV. Dalai Lama bis heute im Exil. „Man sieht sein Land nur noch aus der Ferne, es ist besetzt, verwüstet und dennoch erkennt man, dass es keineswegs verschwunden ist, dass es in einem weiterlebt“.

Buddhistische Legende

Ein Man traf den Buddha und war von seiner außergewöhnlichen Ausstrahlung beeindruckt. Er wollte wissen, wen er vor sich hatte, und fragte: „Bist du Gott?“ – „Nein!“ „Ein Engel?“ – „Nein!“ „Ein Heiliger?“ – „Nein!“. „Was bist du den dann?“ Der Buddha antwortete: „Ich bin erwacht!“

Um das Erwachen zu einem neuen Bewusstsein geht es in unserem 21. Jahrhundert, das möglicherweise einen historischen Wandel des Menschseins zur „glücklichen“ Folge haben könnte.

Aus der Fülle der von den norddeutschen Schülern thematisierten Fragen nachfolgend einige Auszüge mit den Antworten des XIV. Dalai Lama:

Innerer Friede

„Unter innerem Frieden versteht man, dass es uns gelingt, trotz Tragödien oder Problemen, die gerade passieren, einen ruhigen Geist zu bewahren. Wenn man nicht psychisch gestört ist, ist es ganz normal, gelassen und entspannt zu sein. Durch viele Jahre Training und Meditation habe ich einen friedvollen Geist. Ich weiß, wie Emotionen entstehen. Ich erkenne sie früh und weiß, wie sie zusammenhängen. Es ist wie eine Wissenschaft, die wir entwickeln können. Und langfristig führt das zu innerem Frieden.“

Kriege und Konflikt in Syrien

„Das ist sehr traurig. Angesichts solcher Ereignisse sind wir hilflos. Meine Analyse ist, dass wir jetzt die Folgen von Fehlern der Vergangenheit sehen. Hätte es im letzten Jahrhundert eine Demilitarisierung gegeben und einen Dialog zwischen den Nationen, dann würden jetzt nicht mehr so viele Waffen produziert. Auch Deutschland ist ein großer Waffenproduzent. Wie wäre eine Welt ohne Waffen, wenn die Fabriken statt Panzern Bulldozer und Lastwagen produzieren würden?

Wenn die intelligenten Menschen, die eine gute Erziehung genossen haben, diese Intelligenz einsetzen, um friedvolle Lösungen zu finden? Wenn das weltweit enorme Budget nicht für Waffen, sondern für die Lösung sozialer Probleme eingesetzt würde? Keiner will Krieg, und gleichzeitig geben wir sehr viel Geld aus um Kriege zu führen…

Es spricht aber vieles dafür, dass wir auf ein glücklicheres Jahrhundert zusteuern.

Ich bin jetzt fast achtzig. Mir ist bewusst, dass ich diese friedliche Welt eventuell nicht mehr kennenlernen werde. Ich möchte aber einen Beitrag zu ihrer Entstehung leisten. Wenn ich dann wiedergeboren werde, kann ich den Frieden im nächsten Leben genießen…“

Wiedergeburt

„Was meine eigene Wiedergeburt angeht, weiß ich noch nicht genau, unter welchen Umständen sie erfolgen wird. Ich bin aber sicher, nicht in Tibet zu inkarnieren, solange dies nicht frei ist und von den Chinesen dominiert wird.

Ich habe einige Erinnerungen an meine früheren Inkarnationen. Gelegentlich träume ich auch von anderen Leben. Im alten Ägypten der Pharaonen, da habe ich wohl mal im Gefängnis gesessen. Ägypten ist ein muslimisches Land. Ich schließe es daher nicht völlig aus, dass ich in einem anderen Leben in einem christlichen oder muslimischen Gebiet wiedergeboren werde. Das ist durchaus möglich. Der Islam ist eine sehr wichtige Religion. In ihrem Zentrum steht die Liebe. Es gibt in jeder Religion Menschen, die bösartig sind. Im Namen jeder Religion wurden Gewaltakte verübt – einige sogar davon von Buddhisten.“

Haben Sie ein Handy?

„Mein Assistent hat ein Handy. Als wir vor einiger Zeit in einer Besprechung waren, nahm er einen Anruf entgegen und reichte das Mobiltelefon an mich weiter, weil das Gespräch für mich war. Ich wusste zunächst gar nicht, wie ich das Gerät halten muss, um damit zu telefonieren. Ich dachte mir sofort: Das ist nichts für mich! Dabei ist es geblieben. Ich habe kein Handy.“

Die derzeit in Berlin tätige Claudia Rinke, die als Juristin und Projektmanagerin für die Vereinten Nationen in Afrika und New York gearbeitet hat, war bei den Gesprächen, die der Dalai Lama mit den Schülern geführt hatte, dabei. Großartig von ihr zusammengestellt – ein Buch für Jugendliche und Erwachsene.

Jens Bonnke sorgte für die ansprechenden Illustrationen – er arbeitet für „DIE ZEIT“, „SZ-Magazin“, „Cicero“ und die „New York Times“.

„Wir schaffen es nur gemeinsam“

Der 1997 in meinem Nachbardorf Pähl geborene Felix Finkbeiner, der von Reader’s Digest zum „Europäer des Jahres 2015“ gewählt wurde, hat ein aufrüttelndes Nachwort unter dem Motto „Wir schaffen es nur gemeinsam“ geschrieben.  Ausländische Zeitungen haben ihn „Environmental Superstar“ genannt, das Magazin Focus zählt ihn zu den 100 einflussreichsten Deutschen. Schon als Neunjähriger hat er eine Umweltorganisation gegründet, „Plant for the Planet“ (www.plant-for-the.planet.org).

Mit jungen Mitstreitern will er in jedem Land der Erde eine Million Bäume pflanzen. Dafür ist er schon mehrmals um den Globus geflogen. Er hat Friedensnobelpreisträger getroffen wie Kofi Annan und Al Gore.  „Jeder Europäer pustet 20-mal so viel CO2 in die Luft wie ein Afrikaner. Dafür müssten wir den Afrikanern einen Ausgleich zahlen.“ Solche Sätze hat Felix schon bei einer Klimakonferenz der Vereinten Nationen gesagt und er hat er sie oft wiederholt. Er könnte sie im Schlaf aufsagen, oder vor jeder Regierung dieser Welt. In China, Afrika und Korea hat er das schon getan. In perfektem Englisch, mit sorgfältig einstudierten Gesten.

Er will mit seinen Bäumen das Klima retten. Stundenlang kann er über Treibhausgase und Gerechtigkeit sprechen. Dabei heißt das Motto seiner Kampagne „Stop talking – start planting“. „Weil mich aufregt, dass die Erwachsenen viel herumreden, aber die Probleme der Welt nicht lösen.“  Der Einsatz für die Bäume ist so aufwendig, dass für den Schüler der internationalen Schule bei Starnberg wenig Raum für Hobbys bleibt.

In seinem Nachwort zu dem aktuellen Buch schreibt er: „Gemeinsam mit den Erwachsenen wollen wir die sonst nur aus der Finanzkrise bekannte Zahl von tausend Milliarden (1.000.000.000.000) zusätzlichen Bäumen pflanzen. Für diese Zahl von Bäumen gibt es genug Platz auf der Welt. Es freut mich sehr, dass der Dalai Lama das Pflanzen von Bäumen ebenfalls als wichtigen Hebel für Veränderung sieht.“

Cover C. H. Beck VerlagCover C. H. Beck Verlag

Kinder sprechen mit dem Dalai Lama

– Wie wir eine bessere Welt erschaffen

158 Seiten

C.H.Beck; Auflage: 1 (10. Februar 2015)

3406674534

Euro 18,95



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