200 Jahre Hermann von Helmholtz: Jubiläum eines Universalgelehrten

Am 31. August hätte Hermann von Helmholtz seinen 200. Geburtstag gefeiert. Nur wenige andere haben die Wissenschaft – weit über ihr „Spezialgebiet“ hinaus – so geprägt wie Helmholtz. Ein Rückblick in das Leben des Universalgelehrten.
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Statue von Hermann von Helmholtz vor der Humbold-Universität Berlin.Foto: iStock
Von 4. September 2021

Hätten Sie gewusst, dass die physikalische Einheit der Frequenz – Hertz – heute auch anders heißen könnte? Und hätten Sie gewusst, dass die Dreifarben-Lehre, der Energieerhaltungssatz und der Augenspiegel, ein medizinisches Gerät, von ein und demselben Mann geprägt oder erfunden wurden?

Hermann von Helmholtz hätte sicherlich beide Fragen beantworten können, geht es doch um keinen anderen als ihn selbst. Geboren am 31. August 1821 in Potsdam, gilt der deutsche Physiker als Gigant der Wissenschaft des 19. Jahrhunderts. Er gilt außerdem als einer der einflussreichsten Naturwissenschaftler seiner Zeit, was ihm die Bezeichnung „Reichskanzler der Physik“ einbrachte.

Seine Fachgebiete umfassten in der Physik vor allem Optik, Akustik, Elektrodynamik, Thermodynamik und Hydrodynamik sowie Meteorologie. Helmholtz beschäftigte sich jedoch auch mit „ganz anderen Themen“ wie der Medizin und der Kunst. Bereits sein Vater Ferdinand vertrat den Grundsatz: „Die menschliche Existenz [ist] eine Verbindung von äußerer und innerer Welt, von Zeitlichem und Ewigen, von Wissenschaft und Spirituellem. Das Leben bildet die Einheit dieser binären Paarungen“, sodass Helmholtz‘ Werke und Werke über ihn immer über die bloße Wissenschaft hinausgehen (müssen).

Ein weiterer Aspekt, der sein Leben prägen sollte, war die ästhetische Erziehung durch Ferdinand in seiner Rolle als Vater und Schuldirektor seines Sohnes. Es seien die Künstler, die Dichter, Musiker, Tänzer, die durch Harmonie, Klang und Form die Moral und Mitgefühl begründeten. In diesem Sinn ist davon auszugehen, dass der junge Helmholtz früh mit der Kunst in Kontakt kam und diese Verbindung vermutlich nie verlor. Hermanns besonderes Interesse galt jedoch schon in jungen Jahren der Physik – und damit einer „brotlosen Kunst“.

Ein Leben für die Wissenschaft …

200 Jahre später wird die Physik (immer noch) von vielen Schülern belächelt – und Helmholtz‘ Lebenswerk bewundert: Sein Name steht Pate in der Mathematik („Helmholtz-Differentialgleichung“), Biologie („Helmholtzia“, einer mit Wasserhyazinthengewächsen verwandten Pflanzengattung), Astronomie (Asteroid „(11573) Helmholtz“ sowie Krater auf Mond und Mars) sowie für zahlreiche Bildungsstätten, Forschungseinrichtungen und Auszeichnungen. In der Physik trägt der „Helmholtz-Resonator“ den großen Namen fort.

Helmholtz verhalf außerdem dem Energieerhaltungssatz und der Dreifarbenlehre zum Durchbruch, er hat den Augenspiegel und die Helmholtzspule erfunden sowie ein beachtliches philosophisches Werk hinterlassen. Und weil Heinrich Hertz, selbst ein großer deutscher Physiker und ehemaliger Forschungsassistent von Helmholtz in Berlin, jüdische Wurzeln hatte, schlug man kurz nach ihrer Einführung im Jahr 1930 vor, die Einheit „Hertz“ in „Helmholtz“ umzubenennen.

Mit anderen Worten: Helmholtz‘ Leben und Werk lässt sich nicht in ein paar Absätzen zusammenfassen. Es füllt ein ganzes Buch, genauer gesagt 992 Seiten:

… Ein Leben für Helmholtz

„Helmholtz – Ein Leben für die Wissenschaft“ von David Cahan ist nicht weniger umfassend als das Leben des Universalgenies. Cahan, emeritierter Geschichtsprofessor der Universität von Nebraska-Lincoln, gilt wiederum als der führende Helmholtz-Spezialist und hat innerhalb von 30 Jahren die umfangreichste Biografie zu dem deutschen Universalgelehrten geschaffen.

Cahan zeichnet „minutiös die Tragweite von Helmholtz Arbeit für die deutsche und internationale Wissenschaft nach und beleuchtet die ganz persönlichen Seiten des Universalgelehrten“, so der Verlag. Dies ist durchaus wörtlich zu nehmen. Leichte Lektüre ist die Biografie nicht unbedingt. Wer sich von (zu) vielen Details auf fast 1.000 Seiten und 1,8 Kilogramm jedoch nicht abschrecken lässt, erfährt viel mehr als nur von einem Leben für die Wissenschaft. Er erfährt von Helmholtz‘ Freundschaften und Ehen sowie seiner Liebe zur Musik, Malerei, dem Theater und der Literatur.

PS: So akribisch Helmholtz‘ Leben dargestellt ist, ist dank eines aufmerksamen Lesers anzumerken, dass französische Truppen nicht 1896 bis 1898 in Potsdam waren (Seite 30). Laut Stadtgeschichte Potsdams war Napoleon Bonaparte mit seinen Truppen 1806 bis 1808 in Potsdam, bevor er 1815 sein Waterloo erlitt, verbannt wurde und 1821 verstarb. Helmholtz selbst verstarb am 8. September 1894 in Charlottenburg bei Berlin.

David Cahan: „Helmholtz Ein Leben für die Wissenschaft“ erschienen bei wbgTheiss.

David Cahan: „Helmholtz Ein Leben für die Wissenschaft“ erschienen bei wbgTheiss. Foto: wbgTheiss

Aus dem Englischen von Marlene Fleißig, Antoinette Gittinger, Ursula Held, Frank Lachmann und Sigrid Schmid. Mit einem Geleitwort von Nathalie von Siemens und einem Vorwort von Otmar D. Wiestler.

992 Seiten, 40 Abbildungen (schwarz-weiß).

16,5 x 24 cm, gebunden mit Schutzumschlag.

ISBN: 978-3-8062-4312-3, 89,00 €.

wbg Theiss, Darmstadt.



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