Die wahre Essenz des Yin

Das uralte Geheimnis der Schönheit liegt in den Prinzipien, die das Universum im Gleichgewicht halten.
Titelbild
Tusche, Farbe und Gold auf Seide von Chobunsai Eishi um 1795-1818. British Museum.Foto: public domain
Von und 29. Oktober 2016

In der chinesischen Kultur wird die Familie als das Fundament für die Gesellschaft gesehen, weil durch sie die essenziellen Werte vermittelt werden, die die Grundlage für ein harmonisches soziales Zusammenleben ausmachen und dadurch einen Zustand der Gerechtigkeit sowie ein Gleichgewicht im Kosmos aufrechterhalten.

Da die Grundpfeiler der traditionellen chinesischen Familienmoral auf dem Konfuzianismus gründen, glaubte das Volk, dass die Ehe eine Kombination aus Moral und Verpflichtung sei und Werte wie Eleganz, Pflicht, Zuneigung und Liebe umfasse. In diesem heiligen Bund nimmt die Frau eine hervorstechende und zentrale Rolle ein. Respektvoll, sanft, freundlich und angenehm zu sein, wurde zur wichtigsten Pflicht und Aufgabe für eine Frau, denn dies entspricht ihrer wahren  Essenz – dem Yin.

Im orientalischen Denken sind Yin und Yang Teile der natürlichen Ordnung unseres Universums. Genauso wie auch der Himmel und die Erde, die Sonne und der Mond, hell und dunkel, haben auch der Mann und die Frau gleichwertige Missionen zu erfüllen, um im Einklang mit der kosmischen Ordnung zu leben.

Ben Zhao, Historiker der östlichen Han-Dynastie (202 v. Chr. – 220 n. Chr.), fasste sein Wissen und seine Erfahrungen als das erste Buch über die Prinzipien für die Frau „Nu Jie“ (übersetzt „Weibliche Prinzipien“) als Lebenswerk zusammen. In diesem Buch erklärt er, dass die Charaktere des Yin und des Yang verschieden sind, sodass folglich auch die Verhaltensweisen von Mann und Frau unterschiedlich sein müssen. Das Yang hat einen Charakter von Stärke und Aufrichtigkeit, während für das Yin das Feingefühl und die Freundlichkeit charakteristisch sind. So kann der Mann für seine Stärke und Erhabenheit bewundert werden, während die Frauen in ihrer Sanftheit und Ehrsamkeit ihre Schönheit haben.

Schönheit

Wenn jemand in der modernen Zeit über Schönheit redet, denkt er im Allgemeinen an schlanke, hübsche Frauen mit einer guten Figur. Jedoch ist er dadurch dabei, sich nur auf die oberflächlichen Aspekte der weiblichen Schönheit und Zärtlichkeit zu beschränken. Gleichzeitig verliert er aus den Augen, dass die wahre Schönheit von einer schönen Seele kommt.

Der berühmte chinesische Schriftsteller Cai Yong (132-192) schrieb zur Erziehung seiner Tochter in seinem Werk „Lektionen für Frauen“, dass er es befürworte, dass sich seine Tochter elegant kleidete oder Schminke verwendete. Er war der Auffassung, dass Frauen sanfte Schminke benutzen und ihr Haar sauber und glänzend pflegen sollten. Auf der anderen Seite legte er Nachdruck darauf, dass es wichtiger sei, seine innere Schönheit zu kultivieren, als seine äußerliche Schönheit aufzubessern. In „Lektionen für Frauen” heißt es: „Genauso wie der Kopf und das Gesicht gehört zur Schönheit auch das Herz. Wenn du dir eines Tages das Gesicht nicht wäschst, wird sich der Schmutz an deinem Gesicht anhäufen. Wenn du aber eines Tages nicht die Gutherzigkeit kultivierst, werden schlechte Gedanken ihren Weg in dein Herz finden. Jeder weiß, wie man sein Gesicht verschönern kann, doch nicht jeder weiß, wie man die Gutherzigkeit herauskultivieren kann.

Eben deswegen, wenn du in den Spiegel schaust, denke, dass dein Herz rein sein soll. Wenn du Parfüm nimmst, bedenke, dass du Frieden und Ruhe in deinem Herzen hast. Wenn du dich schminkst, denke daran, dass dein Geist rein sein soll. Wenn du dir dein Haar wäschst, beachte, dass dein Bewusstsein ruhig ist. Wenn du dein Haar kämmst, prüfe, dass dein Verstand vernünftig ist. Wenn du dir dein Haar aufsteckst, soll dein Gemüt so aufrichtig und elegant sein wie dein Haarkranz. Wenn du schließlich dein Haar und deinen Haarkranz so in Ordnung bringst, wird auch dein Herz so in Ordnung gebracht.“

Freundlich und anständig zu sein war es also, was die Schönheit einer Frau ausmachte. Bereits zur Zeit der Zhou-Dynastie (1050 v. Chr. – 256 v. Chr.) stellte das chinesische Volk die Erwartung an die Frauen, an vier Tugenden reich zu sein: die Anständigkeit in der Verhaltensweise, im Wort, in der Haltung und bei der Arbeit. Diese vier Tugenden waren es, die eine außergewöhnliche Frau zu dieser Zeit aufzuweisen hatte.

Weiter wird in diesem Buch erklärt: „Behutsam die Keuschheit bewahren, Wert auf die Umsichtigkeit und die Verhaltensweise legen; in den Bewegungen die Bescheidenheit widerspiegeln lassen, die Worte bedachtsam wählen, das Vulgäre weit von sich weisen, nicht aus reiner Lust heraus reden und andere nicht mit viel Unterhaltung ermüden, ist die Tugend der Frau.

Sich nicht zur Gerüchterederei noch zu sinnleerem Gelächter abfallen zu lassen und die Reinheit und Ordnung zu bewahren, sind die Charakteristiken der Arbeit einer Frau. Diese Qualifikationen bilden die höchste Tugend einer Frau. Keine Frau sollte ohne diese Tugen­den sein.“

Essenz der Weiblichkeit

Heutzutage halten wir das frühere Frauenbild für unterwürfig und autoritätsgläubig und sehen es im Widerspruch zur Vorstellung von der kräftigen und liberalen Frau der Moderne. Aus der Sicht des alten China gesehen scheint das moderne Frauenbild jedoch gegen eine verfälschte Sichtweise des früheren Frauenbildes anzukämpfen, wobei die ursprüngliche wohlwollende weibliche Natur außer Acht gelassen wird. Von der Form her gesehen ist es so, als ob heute das Yin und das Yang vertauscht wären, wobei die Männer oftmals eine eher weibliche Haltung haben, während viele Frauen einen stark maskulin gefärbten Charakter besitzen.

In der Blütezeit des alten China waren die Frauen jedoch nicht unterwürfig und autoritätsgläubig. Sie waren sich dessen klar bewusst, dass es, wenn man ein hartes Erscheinungsbild zeigt, nicht unbedingt bedeutet, dass man stark ist. Eine Frau musste ihre Weisheit nutzen, um ihre Rolle zu erfüllen, um das Gleichgewicht in der Familie und in der Gesellschaft aufrechtzuerhalten, ihre wohlwollende Natur zu fördern und sich wie eine freundliche und anmutige Frau zu verhalten. Im alten China bekamen die Frauen Anerkennung, wenn sie höflich und anmutig waren, sich also auch an diesem universellen Grundsatz orientierten.

Als die Frauen die Betonung auf die Stärke gesetzt haben, litt darunter schließlich auch ihre positive Seite. Und die Fähigkeit, die Stütze der Familie zu sein, wurde vernachlässigt. Gleichzeitig zeigten sich dadurch immer mehr negative Aspekte. Zum Beispiel, indem die Frau ihren Yin-Charakter verliert und Charaktermerkmale des Yang entwickelt, wird es keine Harmonie in der Familie mehr geben. Einer Yang-betonten Frau wird es auch schwer sein, den Respekt und die Liebe eines Mannes zu gewinnen, da zwei ähnliche Yang-Persönlichkeiten an einem Ort Zwietracht anziehen. Ein altes Sprichwort besagt: „Wo sich zwei Tiger streiten, gibt es Verletzte.“ Der gleiche Grund, aus dem zahllose Scheidungen und Trennungen in den Familien herrühren, bahnt auch den Weg, das Verständnis über das Gleichgewicht zwischen den Gegensätzlichkeiten von Mann und Frau zu verlieren. Das führt dazu, dass im Zusammenleben oftmals keine guten Resultate erzielt werden können.

Der Mann und die Frau erfüllen klar definierte Rollen. Die traditionelle chinesische Kultur verstand dies und überliefert einen Weg, um dorthin zu gelangen. Nur wenn jedes Geschlecht seine Essenz aufrechterhält, wird es ein harmonisches Gleichgewicht und eine Entfaltung von beiden geben, sodass sich die Familie, der Staat sowie auch die Gesellschaft in Harmonie entfalten können.



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion