Alban Gerhardt präsentiert Britten im Konzerthaus Berlin

Titelbild
Alban Gerhardt live und unzensiert gab es gestern im Konzerthaus am Gendarmenmarkt Berlin: Der Cellist spielte und plauderte über Benjamin Britten.Foto: Sim Canetty-Clark / Hyperion Records
Von 10. Oktober 2013

Was ein Solo-Cello alles kann, präsentierte Alban Gerhardt gestern in der Reihe „2 x hören“ im Werner-Otto-Saal des Berliner Konzerthauses am Gendarmenmarkt. Auf dem Programm stand Benjamin Brittens Suite Nr. 1 op 72 für Violoncello solo. Das Konzert mit eingebautem Interview verstand sich als Appetitmacher auf die beiden folgenden Auftritte des Cellisten im Konzerthaus Berlin. Gerhardt wird am 11. und 12. Oktober die Cello-Sinfonie op. 68 von Benjamin Britten spielen, begleitet vom Konzerthausorchester Berlin unter Mario Venzago.

2 x hören“

Die Veranstaltungsreihe „2 x hören“ stellt Musik vor, die man sonst eher selten hört: Mit dem Anspruch, sie dem Publikum fachlich fundiert, aber doch auf unprätentiöse Weise schmackhaft zu machen, spielen und erklären Musiker dort meist modernere Stücke, die im Mainstream-Repertoire der Klassik ein Nischendaseins fristen. Für Alban Gerhardt am Cello und Arno Lücker als Moderator wurde der Abend ein voller Erfolg. Es gelang ihnen, das Publikum zu begeistern – mit einem lohnenden Musik-Erlebnis voller Überraschungen.

Überraschungs-Paket aus neun Teilen

Zuerst wurden die Zuhörer unvorbereitet mit dem Stück konfrontiert. Alban Gerhardt spielte die gut 20 Minuten lange, neun-sätzige Suite ohne Anmoderation. Lediglich Beamer-Projektionen verrieten die Satzbezeichnungen (1. Canto, 2. Fuga, 3. Lamento, 4. Canto Secondo, 5. Serenata, 6. Marcia, 7. Canto Terzo, 8. Bordone 9. Moto perpetuo e Canto). Gespannte Stille und die Frage „was kommt als nächstes?“ begleiteten ihn dabei. Brittens Suite hat improvisatorischen Charakter, aber doch eine Art Leitmotiv. Der feierliche Beginn des „Canto“ mit seinen warmen Doppelgriffen kehrt innerhalb des Stückes mehrmals variiert wieder und wird am Schluss von virtuosen Bewegungen umspielt zum Höhepunkt. Dazwischen finden verspielte Intermezzi in sanften Dissonanzen statt, die klassischen Formen, wie z.B. Fuge oder Marsch, ähneln.

Dass es dabei um eine Möchtegern-Fuge geht und dass auch da wo „Marcia“ drübersteht keinesfalls „Marsch“ drin ist, erklärten Alban Gerhardt und Arno Lücker im anschließenden Gespräch. Man lauschte einem launig-heiteren Austausch zweier Musikprofis, der mindestens genauso spannend wie die Musik. Moderator Arno Lücker hatte eine Powerpoint-Präsentation über Benjamin Brittens Leben und dazu die passenden Musikbeispiele dabei.

Ich glaube, er wollte er den Cellisten ärgern …“

Was Alban Gerhardt allerdings nicht davor bewahrte, einige besonders schwierige Stellen der Suite nochmals anspielen zu müssen. So führte er riskant piepsige Flagolett-Töne vor und Linkehand-Pizzicato. Und auch jene D-Saite, die im 8. Satz (Bordone) über Takte hinweg als Orgelton im Piano erklingen soll, während es um sie herum Forte-Einsätze hagelt. „Das ist technisch nicht zu bewältigen“, schmunzelte der Cellist. „Ich glaube, damit wollte er den Rostropowitsch ärgern …“

Benjamin Britten hatte die Suite 1964 für Mstislav Rostropowitsch geschrieben, weil dieser ihn mit einem angeblich hinterhältigen Trick dazu überredet hatte – und auch diese Anekdote gab Alban Gerhardt zum Besten, bevor er die Suite zum zweiten Mal, und noch schöner als beim ersten Mal hören, spielte …



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