Berlin steht Schlange für spektakulären Neubau

Titelbild
(Ingrid Wittig/The Epoch Times)

Berlin – Tausende Berliner versammelten sich am 17. Oktober auf der Museumsinsel um das „Neue Museum“ an seinem Eröffnungstag zu besichtigen. Das Haus war seit einigen Jahren vom britischen Architekten  David Chipperfield wieder instand gesetzt worden, nachdem es als Kriegsruine jahrzehntelang leer gestanden hatte. Die Wiedereröffnung komplettiert die Museumsinsel, die beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs geschlossen und später schwer zerstört und geplündert worden war, zum ersten Mal nach 70 Jahren. Das Ägyptische Museum mit Papyrussammlung, das Museum für Vor- und Frühgeschichte und die weltberühmte Büste der Nofretete sind nun wieder im Herzen Berlins zu sehen. Zur Wiedereröffnung gab es am Freitag einen Staatsakt mit Angela Merkel und freien Eintritt Samstag und Sonntag.

Die Stimmung in der Warteschlange war trotz nasskalten Wetters fröhlich, und das einst so heftig umstrittene Architekturkonzept Chipperfields begeisterte die Besucher. Durch die behutsame Einbettung der historischen Teile in moderne Geradlinigkeit ensteht eine überraschende Symbiose aus Alt und Neu.

Sand- und cremefarbener Beton, dazu passende unverputzte Ziegelwände, elegant dunkle Holz- und Metallverkleidungen bilden die neuen Wände. Durch ihre Schnörkellosigkeit eingerahmt, richtet sich die Aufmerksamkeit ganz auf die alten Fragmente, die es überall im Haus zu entdecken gibt, mal als ein Stück alter Farbanstrich, mal als freskierte Nische. Ein Highlight und exemplarisch für das ganze Konzept ist die Eingangshalle, wo eine antike Tür zum Herzstück des sonst abstrakten  Treppenhauses wird, gekrönt von einer klassizistischen Säulenreihe mit Einschusslöchern und  Schmauchspuren des Krieges.

„Das finden wir sehr gut, dass man dem Haus seine Geschichte gelassen hat und zu der Geschichte gehört eben der Krieg und die Zerstörung“, sagte Heidi Gromes, pensionierte Journalistin aus Stuttgart. „Es sieht gut aus und passt zu den Exponaten, die ja auch vom Zahn der Zeit angenagt sind.“ Ihr Ehemann Hartwin Gromes, pensionierter Hildesheimer Theaterprofessor,  meinte, die Eingangshalle sei „interessanter als sie 1850 war“, weil man nun den Verlauf der Geschichte sehen könne.

Vier Berlinerinnen waren nur in der zweiten Etage, und hatten sich auf die ägyptische Geschichte konzentriert. Die großzügigen Ausstellungsräume fanden sie toll. „Es war nicht erdrückend. Die Besucher haben sich gut verteilt. An einem Tag kann man sich auch nicht alles ansehen. Wir werden bestimmt nochmals wiederkommen. War schon beeindruckend.“

Auch Gesa Rasmussen, Lehrerin für Hörgeschädigte aus Schleswig, die von ihrer Freundin erst überredet werden musste, zweieinhalb Stunden Schlange zu stehen, war begeistert: „Ich bin selber nicht unbedingt Fan von dem was hier ausgestellt wird, mich fasziniert unglaublich die Räumlichkeit. Also die einzelnen Räume, das Miteinander von dem Neuen und dem Alten finde ich gigantisch.gelungen. Die Art der Darstellung der Exponate ist ganz ganz toll und die Restaurierung der Räume –  traumhaft.“

Der Studiensaal. (SMB_Staatliche Museen zu Berlin)
Der Studiensaal. (SMB_Staatliche Museen zu Berlin)

Ihre Freundin Corinna Petersen, ebenfalls aus Schleswig, fand das Museum „überwältigend“ und war von der Inszenierung der Objekte begeistert. Sie habe bereits ägyptische Kunst im Museum in Kairo gesehen: „Das sah aus wie ein Warenlager, hier ist es super dargestellt – jede Figur hat eine eigene Vitrine, die Beleuchtung find ich auch super. Wenn so in der trojanischen Ausstellung die Vasen oder die Köpfe angestrahlt werden – die leben richtig! Es ist fantasisch, was sie hier mit dem Licht machen.“

Ein Besucher und seine koreanische Begleiterin sind daran interessiert, die Lösung und die Kombination von Jungem und Altem in Augenschein zu nehmen, weil dies in der theoretischen Debatte umstritten ist. „Man muss das einmal gesehen haben, damit man sich auch eine Meinung bilden kann. Außerdem halte ich es für angemessen, die Wunden, die verantwortungslose Politik gerissen hat, nicht gänzlich auszumerzen. Die Sammlungen sind einzigartig, da gibt es keinen Zweifel.“

Ägyptischer Hof am Eröffnungswochenende. (Rosemarie Frühauf/The Epoch Times)
Ägyptischer Hof am Eröffnungswochenende. (Rosemarie Frühauf/The Epoch Times)

Rosemarie Rosenkranz aus Potsdam, vom Förderverein Pfingstberg e.V., der das Potsdamer Belvedere bewirtschaftet, sagte: „Wir sind hergekommen mit der Absicht uns einfach mal das Haus anzusehen, bei der Masse kann man ja nichts direkt auf sich wirken lassen. Allein diese unterschiedlichen Bauarten, die man so findet, alt und neu, und ganz krass diese Betonteile zum Teil, das ist schon spannend, da wird man neugierig. Man muss bestimmt öfter mal her kommen um sich was anzusehen.“

Eine Architektin aus München war kritisch und fand die Ausstellung von der Orientierung sehr ungeschickt gemacht. „Man hat mich aufgeklärt: Es gibt keinen Anfang und kein Ende. Für mich ist die Chronologie das Wichtigste und nicht die thematische Ordnung, in die man Götter, Römer etc. hinein genommen hat. Ob der Endverbraucher das klar erkennen kann? Das sollte meines Erachtens besser strukturiert werden. Die Ausstellungsstücke sind sehr schön präsentiert“, meinte sie.

Schöne Flyer des Hauses habe sie mitgenommen. Manche Ausstellungsstücke habe sie an diesem Ort allerdings nicht gefunden. Und sie stellte sich die Frage, ob die wohl noch in Charlottenburg stehen? Die restaurierte Umsetzung fand sie ebenfalls sehr gelungen. Auch gefiel ihr, dass man den Exponaten so viel Platz einräumt.

Ein junger Mann namens Barkowski verteilte vor dem Neuen Museum „Gutscheine zum Hauptgericht“ in einem ägyptischen Kostüm. Er stellte sich den Kindern und ihren Eltern vor: „Ich komme aus einer anderen Welt. Im Museum bin ich in die Vergangenheit gereist. Die Atmosphäre und die Herrin vom Nil habe ich genossen. Einfach toll. Wunderschönes kann man nicht erklären. Hier stehe ich, um die Verbindung zu einem extravaganten ägyptischen Restaurant in Berlin herzustellen.“ Das passte gut.

Nofretete - die Schöne - im Nordkuppelsaal. (SMB_Staatliche Museen zu Berlin)
Nofretete – die Schöne – im Nordkuppelsaal. (SMB_Staatliche Museen zu Berlin)

Andrew Norman, ein junger kalifornischer Komponist, der für ein Stipendium nach Berlin gekommen ist, schwärmte: „Für mich ist das die Quintessenz von Berlin. Man sieht die Geschichte der Stadt in diesem Gebäude und das Haus ist nicht nur ein leeres Gefäß für die Kunst, sondern es ist in der Tat im Dialog mit ihr. Ich mag die Art wie das in Szene gesetzt ist sehr, das ist eine noch wahrere und reichere Erfahrung von egal welcher Kunst, die hier gezeigt wird.“

Auch seine Begleiterin, Geigerin Theresa Au aus Chicago war beeindruckt: „Wir haben die Einschusslöcher draußen und drinnen gesehen, und ich habe mich nur gewundert, was für eine erstaunliche und riesige Aufgabe es gewesen sein muss, das Ganze zu restaurieren und wie schlimm die Zerstörungen waren.“

Und Andrew fügte hinzu: „Ich habe das Warten in der Schlange genossen, weil man fühlen konnte, dass alle gekommen waren um die Kunst zu feiern. Man musste heute einfach mit dabei sein, wenn die Deutschen  hier ihr Museum wiedereröffnen. Das war wirklich toll.“

www.neues-museum.de/

 (Ingrid Wittig/The Epoch Times)  
(Ingrid Wittig/The Epoch Times)


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