Der seltene Fall eines glücklichen Romantikers

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Von und 20. November 2009

Der Glückliche“, war die lateinische Bedeutung seines Namens. Als ob dies sein Schicksal vorhergesagt hätte, war Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) nicht nur eine der schillerndsten Musikerfiguren des 19. Jahrhunderts, sein Leben war auch geprägt von außerordentlicher Leichtigkeit und Glückseligkeit.

Ähnlich wie  Mozart  hinterließ Felix der Nachwelt etliche wunderbare Werke, durch die er weltweiten Ruhm bis in die heutige Zeit erlangte. Mendelssohn wurde nach dem strikten Regelwerk der Klassik ausgebildet und entfaltete sein Genie in der beginnenden Romantik. Dadurch vereinte er wie kein zweiter die Qualitäten beider Stile.

Im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen Schubert und Schumann, die den düster-melancholischen Ruf der Romantik befestigten, war Mendelssohns Musik der Inbegriff heiterer Grazie und Fröhlichkeit, gleichzeitig war sie emotional und erzählerisch. Seine Oratorien, majestätische Monumente des Glaubens in der Tradition Bachs, bilden  einen wichtigen Teil der Kirchenmusik des 19.Jahrhunderts und beweisen, dass seine Musik auch tiefgründig und  ernst sein konnte.

Ein Wunderkind

Felix wurde am 3.Februar 1809 in der Hansestadt Hamburg geboren. Seine Schwester Fanny Mendelssohn Bartholdy ist vier Jahre älter als ihr Bruder und kam im Jahre 1805 zur Welt. Schon drei Jahre nach Felixs´ Geburt entschied sich der Vater Abraham Mendelssohn, mit seiner Familie in die Großstadt zu ziehen, um seinen Kindern eine bessere Zukunft zu sichern. So zog die Familie Mendelssohn in die Weltstadt Berlin. Abraham war ein Kunstbegeisterter, schon früh erkannte er das Talent seiner beiden Kinder. Auch war die Bindung zwischen den beiden Kindern sehr stark ausgeprägt, was sich durch ihr gesamtes Leben zog. Da die Familie sehr wohlhabend war, wurden Felix und Fanny Mendelssohn von den besten Lehrern ihrer Zeit unterrichtet. Sie erhielten unter anderem Unterricht von Carl Friedrich Zelter, der als Lied-Komponist großen Einfluss ausübte und  vielen anderen Gebildeten und Musikern.

Felix entwickelte sich dadurch sehr schnell. 1818 hatte er als Neunjähriger seinen ersten öffentlichen Auftritt. Im nächsten Jahr trat er der Berliner Sing-Akademie bei, die ebenfalls von Carl Friedrich Zelter geleitet wurde. In diesem Chor sang er die Altstimme und begann dort alte Musik zu studieren.

Im darauf folgenden Jahr begann er mit rasender Geschwindigkeit zu komponieren. Allein in einem Jahr verfasste er fast 60 Werke. Er komponierte Lieder, Klaviersonaten, Klaviertrios, eine Sonate für Violine und Klavier und vieles mehr.

Seine Familie pflegte den Brauch, an jedem Sonntagnachmittag musikalische Aufführungen zu geben. Ab 1822 kamen professionelle Musiker der königlichen Hofkapelle hinzu. Felix war derjenige, der das Orchester fortwährend leitete. Er komponierte für diese Anlässe sehr viele Stücke und konnte seine Kompositionen ständig im Familienkreis erproben.

Mit siebzehn Jahren gelang dem jungen Komponisten eine Meisterleistung: Er komponierte die Ouvertüre zu Shakespeares „Sommernachtstraum“, dem daraufhin weitere Stücke als Bühnenmusik folgten, wie das „Scherzo“, „Nocturno“ und der berühmte „Hochzeitsmarsch“, der heutzutage auf fast jeder Hochzeit erklingt.

Wie enorm seine Erinnerungsgabe gewesen sein muss, lässt diese Anekdote erkennen: Als Mendelssohn versehentlich die Partitur des Sommernachtstraums in einer Droschke liegengelassen hatte, gelang es ihm, die gesamte Musik aus dem Kopf noch einmal niederzuschreiben.

Mit zwanzig vollbrachte er die nächste historische Tat: In Leipzig fand er die seit langer Zeit vergessenen Teile von Bachs Matthäuspassion, die er dann vollständig wiederaufführen lassen wollte. Gegen den Widerstand seines Lehrers Carl. F. Zelters setzte Mendelssohn die vollständige Wiederaufführung der Matthäuspassion durch. Er erntete einen riesigen Erfolg und rehabilitierte damit Johann Sebastian Bach, dessen Musik im Folgenden eine Renaissance erfahren sollte.  Sein Lehrer Carl. F. Zelter war überwältigt.

Der Dirigent

Zur damaligen Zeit gab es den Beruf des Dirigenten noch nicht wirklich. Zumeist führten die Komponisten ihre Stücke selbst auf. Es gab noch nicht die Gewohnheit, die Stücke eines fremden Komponisten zu dirigieren. Auch gab es den Begriff „Dirigent“ noch nicht. Mendelssohn war der Erste, der den Beruf des Dirigenten maßgeblich formte.

Die romantische Musik verlangte dem musikalischen Leiter mehr ab als in der Klassik. Eine zunehmende Komplexität der Kompositionsweise, die dynamischen Abstufungen und die untypischen Tempo-Änderungen brauchten eine neue Figur an der Spitze des Orchesters. Mendelssohn war auch der Erste, der einen Dirigentenstab in der Hand hielt. Nur war dieser im Vergleich zum Heutigen noch klobig und schwer. Später sollte dieser Stab die Bedeutung eines musikalischen Zepters bekommen.

1836 wird Mendelssohn zum Ehrendoktor der Leipziger Universität ernannt und komponierte das Oratorium „Paulus“. Daraufhin wird er zum Leiter des Leipziger Gewandhauses, einer der wichtigsten und angesehendsten Musikinstitutionen der damaligen Welt. Im Leipziger Gewandhaus wurden die Sinfonien Beethovens zum zweiten Mal unmittelbar nach den Wiener Premieren aufgeführt. Auch heiratet Mendelssohn in dieser Zeit eine hugenottische Pastorentochter, was zu einer glücklichen Ehe wird. Felix gründete in Leipzig 1843 das „Leipziger Conservatorium“, an das er auch seinen guten Freund, den Komponisten Robert Schuhmann als Klavierlehrer berief.

Felix Bindung zu seiner Schwester Fanny war sehr stark. Nachdem diese 1847 einem Schlaganfall erlag, starb der bereits kranke Felix einige Monate später. Es ging eine riesige Trauerwelle durch Europa. Der Tod des beliebten Komponisten traf die Bevölkerung ins Herz.

Nachruhm von Antisemitismus  überschattet

Heute gilt Mendelssohn weltweit als einer der wichtigsten Komponisten überhaupt. Leider gab es schon kurz nach seinem Tod Versuche, sein Ansehen zu beschädigen als Folge des irrationalen Antisemitismus, der am Ende des 19. Jahrhunderts in Europa erstarkte.

Es war tragischerweise Richard Wagner, der als Romantiker selbst von den Verdiensten Mendelssohns profitiert hatte, der sein einstiges Vorbild in dem fragwürdigen Pamphlet „Das Judentum in der Musik“ schmähte.

Später sollten die Nazis jegliche Aufführung Mendelssohnscher Werke verbieten,  und viele seiner Denkmäler, auch das vor dem alten Leipziger Gewandhaus, sollten zerstört werden. Auch gab es erfolglose Versuche die Freundschaft Mendelssohns mit  Goethe aus der Biographie des Dichterfürsten zu streichen, sowie eine Aufforderung an deutsche Musiker, Ersatzmusik für den Sommernachtstraum zu schreiben.

Mittlerweile ist der Spuk vorüber und das Denkmal Mendelssohns in originalgetreuer Nachbildung seit 2008 wieder vor der Leipziger Thomaskirche zu sehen. Der Glückliche hat überdauert.

Erschienen in The Epoch Times Deutschland Nr. 44/09

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