Die Pianistin Alicia Zizzo erinnert sich an George Gershwin

Titelbild
Alicia Zizzo - Expertin für George Gershwin-Variationen. (Foto: Robie Michaels)

Alicia Zizzo hatte nie in Erwägung gezogen, dass ein Konzert in Polen der Anfang ihrer „Liebesaffäre“ mit George Gershwin werden könnte, aber genau das wurde daraus.

Sie erhielt eine Einladung aus Warschau für eine Reihe von Solo-Konzerten und wurde gebeten, mit der Philharmonie Warschau Gershwins „Rhapsody in Blue“ zu spielen. Alicia Zizzo war von der Bitte entsetzt, hatte sie doch die elitäre Auffassung, dass Gershwin sich irgendwie nicht auf der gleichen Ebene von Beethoven befände. „Gepeinigt von der Vorstellung, etwas vortragen zu müssen, was ich als ein unzusammenhängendes Werk betrachtete, bot ich an, stattdessen sein Konzert in F zu spielen“, erinnert sich Zizzo. Aus ihrer Sicht war „Rhapsody in Blue“ musikalisch fragmentiert, und sie hatte kein Interesse es zu lernen.

Nach einer ihrer Aufführungen des Konzertes in F kam George Gershwins Biograf, Edward Jablonsky, zu ihr hinter die Kulissen. Er war ein guter Freund von Georges Bruder, dem Lyriker Ira Gershwin, und der Schwester, Francis Godowsky, die Schwiegertochter des legendären Pianisten Leopold Godowsky.

„Jablonsky sagte sieben Worte, die mir für den Rest meines Lebens in Erinnerung blieben: Was Sie gemacht haben, gefiel mir sehr.“ Später rief sie ihn an und fragte ihn, was ihm denn an ihrem Spiel so sehr gefallen hatte. Mit diesem Anruf begann eine lange und außerordentliche Freundschaft und der Anfang einer Reise in eine Welt, die sie bisher nicht gekannt hatte.

Zu den meisten Kompositionen von George Gershwin schrieb sein Bruder Ira die Texte. (Zu den meisten Kompositionen von George Gershwin schrieb sein Bruder Ira die Texte. (Foto: AFP/Files/UPI/Corbis-Bettmann)

Jablonsky sagte ihr, dass er plane, von Gershwins Werk eine CD zu produzieren und sie dafür als Pianistin haben wollte. „Da ich nur wenig von George Gershwins Werk kannte, konnte ich mir nicht vorstellen, wie ich mit seiner Klaviermusik eine CD füllen könnte.“ Er antwortete, dass es nur sehr wenig Solostücke für Klavier gäbe.

Alicia Zizzo fragte Jablonsky nach Archiven von Gershwins Werken; die Musik des Komponisten ist keine public domain, d. h., die Stücke unterliegen noch Urheberrechten. Als Biograf Gershwins versprach er, das für sie zu erledigen.

So begann die Pianistin eine „musikalische Ausgrabung“. Zizzo war sich wohl bewusst, dass ein Gershwin-Stück auf dem Programm das Haus füllen würde, obwohl Gershwin von der klassischen Musikwelt als unwichtig betrachtet wird, da er keine Konservatoriumschulung hatte. Da „Rhapsody in Blue“ der Titel der CD werden sollte, befasste sich Zizzo mit Gershwins Originalmanuskript. Entgegen ihrer ursprünglichen Auffassung entdeckte sie, dass diese Komposition ganz und gar nicht zusammengestückelt war. Von seiner eigenen Hand geschaffen sah sie ein Meisterwerk, das andere bearbeitet, gekürzt und in eine Unmenge von Versionen umarrangiert hatten. Dies überraschte sogar Jablonsky. Er hatte gewusst, dass andere an der Komposition herumgepfuscht hatten, aber nicht in welchem Ausmaß. Zizzo war sich der großen Bedeutung Gershwins für die amerikanische Musik bewusst und führte ihre Ausgrabungen fort. Sie förderte verlorene Klavier-Präludien und Hunderte von unveröffentlichten Liedern zutage. Zum ersten Mal in fünfundsiebzig Jahren hatte der Warner-Brothers-Verlag genug neues Klaviermaterial von Dr. Zizzo, um eine beachtliche Anzahl von Gershwins verloren gegangenen Klavierstücken zu veröffentlichen.
Das Konzert in F und Rhapsody in Blue brauchen keinen Vergleich mit den Werken des großen romantischen, post-romantischen und impressionistischen Komponisten zu scheuen und Gershwin verdient es, zu ihnen gezählt zu werden. „Ich vergleiche ihn mit Chopin, weil beide die gleiche Ästhetik teilen, die sich in einer unbeschwerten Offenbarung menschlicher Emotionen ausdrückt.“

Genau 100 Jahre sind Chopin und Gershwin auseinander, doch beiden ist eine sehr positive Sicht des Lebens gemeinsam. Mit diesem Verständnis veröffentlichte Zizzo eine Aufnahme, in der sich Gershwin und Chopin in nichts nachstehen.

Frau Zizzo erfuhr, dass die Bibliothek des amerikanischen Kongresses den Hauptteil von Gershwins restlichen Manuskripten hat. „Ich kann die Reisen nach Washington und die Stunden, Tage, schlaflosen Nächte nicht mehr zählen, in denen ich George Gershwin anhimmelte, meinen speziellen musikalischen Helden.“

George Gershwin wurde am 26. September 1898 geboren und starb am 11. Juli 1937 an einem Gehirntumor. Er erlangte musikalische Unsterblichkeit. Im Jazz, der populären und der klassischen Musik ist er als Amerikas größter Komponist bekannt. Leider hatte er nicht die Zeit, seine klassische Klaviermusik zu veröffentlichen.
Dr. Alicia Zizzo ist als eine der wichtigsten klassischen Musikerinnen in Amerika bekannt. „Het Vaderland“ in Amsterdam schrieb: „Es gibt keine zweite Pianistin wie sie.“

Text erschienen in Epoch Times Deutschland Nr. 3 (16.-22. Januar 2008)



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