Preisgekrönter Sibelius mit dem DSO in der Berliner Philharmonie
Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin spielte am Samstag, dem 6. April, in der Berliner Philharmonie unter Osmo Vänskä ein nordisches Programm mit der 5. Symphonie von Jean Sibelius. Dem finnischen Dirigent wurde zu diesem Anlass der Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik für seine Interpretationen der Sibelius-Symphonien überreicht, die er mit der Lahti Sinfonia eingespielt hatte.
Der Preis verstand sich als Würdigung der Sibelius-Gesamtedition des schwedischen Labels BIS. Auf 65 CDs wurde in 13 Volumes erstmals das vollständige Werk des finnischen Nationalkomponisten aufgenommen. Dass hier auch Skizzen und Zwischenstadien der Sibelius-Symphonien und Hauptwerke zu hören sind, macht die Aufnahme wegweisend und wird das Sibelius-Verständnis der internationalen Musikszene bereichern und vertiefen. So die Aussage des Laudators Dr. Stephan Mösch (Chefredakteur der „Opernwelt“), der Osmo Vänskä den Preis überreichte.
Der Dirigent, dem skandinavische Musik und Musik des 20.Jahrhunderts besonders am Herzen liegen, bedankte sich im Namen aller Beteiligten und besonders im Namen von Jean Sibelius (1865 – 1957).
Mit einer Auswahl aus den Peer Gynt-Suiten von Edvard Grieg hatte der Abend nordisch begonnen. Dass nach der „Morgenstimmung“ einige Hände in der ausverkauften Philharmonie entschlossen klatschten, zeigte, dass nicht nur übliche Verdächtige, sondern auch begeisterte Neulinge im Publikum waren und das Konzert von Anfang an auf offene Ohren und Herzen stieß. Die Musiker zelebrierten bei Grieg den Märchencharakter mit glasklarem, ätherischem Streicherklang und empfindsamen Solostimmen. Sehr effektvoll, aber nie oberflächlich erklangen „Åses Tod“, „Der Brautraub/Ingrids Klage“, „Solveigs Lied“, „Anitras Tanz“, „Arabischer Tanz“ und „In der Halle des Bergkönigs“.
Dann ein thematischer Ausreißer: Das Klavierkonzert Nr. 2 a-Moll von Johann Nepomuk Hummel entstand 1816 und hat von heute aus betrachtet das undankbare Schicksal eines Übergangswerks. Zwischen Klassik und Romantik bewegte sich Hummel als Mozart-Schüler direkt auf Chopin – und alles was nach ihm kam – zu. Das Orchester und Pianist Stephen Hough musizierten bei dieser Gratwanderung förmlich um die Wette.
Hough setzte seinen Part zeitstrahl-artig in Szene. Indem er klassisch anfing, mit akkurat gespielten Rhythmen, und dann immer größere Freiheiten und gesangliche Bögen entwickelte, wurde sein Hummel mehr und mehr zum Virtuosenstück. Und wie er im dritten Satz die Wiederholung des fröhlich-melancholischen Themas in betont freierem Rhythmus und mit wechselvoller Dynamik gestaltete – das konnte nur Witz und Absicht sein! Sein brillanter und kraftvoller Anschlag ließ die großen Klavierkonzerte der Spätromantik voraushallen, bewahrte sich dennoch Feinheit und Eleganz. Als Zugabe für die entzückten Zuhörer spielte Hough ein Nocturne (op.9 Nr.2 Es-Dur) von Frederic Chopin und erntete noch mehr Bravos und Applaus.
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Klangliche Wunder vom DSO bei Sibelius
Der Höhepunkt kam nach der Pause: Jean Sibelius Symphonie Nr. 5 in Es-Dur überstrahlte alles bisher Gehörte. Ein Stück, das eine eigenartig mysteriöse Grundstimmung hat und den Hörer auf eine Reise außerhalb von Erwartungen und Gewohnheiten führt. Hatte das Deutsche Symphonie-Orchester im ersten Teil schon seine wunderbare Transparenz und Homogenität bewiesen, so gelang es Osmo Vänskä nun, die pure und kühle Klangqualität des Orchesters noch zu steigern.
Einige akustische Wunder gab es da zu bestaunen. Die Blechbläser sind in dieser Symphonie dominant wichtig mit ihren Signaltönen und Fanfaren. Sie halten einzelne Töne gefühlte Unendlichkeiten, setzten im Piano an, crescendierten zum Fortissimo und wieder zurück – all dies gelang übernatürlich makellos. Auch die Dissonanzen bekamen als Streit gleichstarker Töne eine verstörende Schönheit. Die Holzbläser übernahmen sogar die Klangsprache des Blechs. Da antwortete die Querflöte mit metallisch heroischem Timbre auf die Trompete, als sei sie selbst eine solche … Die Streicher fügten sich nahtlos in diesen Klangkosmos, weil sie mit einer kristallinen Prägnanz gespielt, wurden die ihres Gleichen sucht – auch die ausgedehnten Pizzicati im zweiten Satz hallten geradezu mechanisch. Die Momente, in denen die Geigen saftig vibrieren durften, waren klar abgesteckt. Angesichts der majestätischen Schilderung der Natur, die in dieser Symphonie stattfindet, wurde ihre Wehmut zum Symbol des modernen Menschen, der seine Getrenntheit von der Natur beklagt.
Und ob man an die Ideen hinter dieser Symphonie glaubt, oder nicht – Osmo Vänskä musizierte und kommunizierte diese innere Qualität und Logik, was dieses kantige Stück zum großen Musikerlebnis machte.
Am Ende riesiger Jubel für Sibelius, Osmo Vänskä und das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin.
Info: Das Konzert wurde vom Kulturradio des RBB (Rundfunk Berlin Brandenburg) aufgezeichnet. Es wird am 28. April 2013 um 20.00 Uhr gesendet (auf UKW 92,4 oder Kabel 95,35).
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