Rudolf Buchbinder begeistert mit vollendetem Beethoven in Berlin

Titelbild
Rudolf Buchbinder.Foto: Marco Borggreve
Von 16. Januar 2013

 

Rudolf Buchbinder und der zweite Teil seines Beethoven Sonaten-Zyklus fanden gestern im Kammermusiksaal der Philharmonie Berlin vor  begeisterten Zuhörern statt – wenn auch nur vor halbvollem Saal.

Buchbinder spielte fünf Sonaten der frühen und mittleren Schaffensperiode von Beethoven. Faszinierend, wie er jedem Stück einen ganz eigenen Charakter gab, wie er voller Spielfreude musikalische Überraschungsmomente schuf, die einzigartig in ihrer Selbstverständlichkeit waren. Die Sonaten besitzen eine innere Logik, die keinesfalls nur ihrer Form geschuldet ist.

Buchbinder erzählte seinen Beethoven schwebend leicht, durchsichtig und klar im Klang und brauchte dazu keine Gefühligkeit. Wie hier Fröhlichkeit auf Schwermut folgt, wie Nachdenklichkeit und Tatendrang, Ruhe und Leidenschaft einander abwechseln – das wirkt bei ihm, der aus einer unerschöpflichen inneren Ruhe zu musizieren scheint, wie ein Lebenspendel, das nach verschiedenen Seiten ausschlägt und doch immer zu einer goldenen Mitte zurückkehrt.

Und oft tat er nicht das, was der Hörer erwartet: So gab er der lebhaft agilen Sonate Nr.5 c-moll op. 10/1, einen dunklen und grollenden Grundton, Bewundernswert, wie er in der Sonate Nr. 12 As-Dur op. 26 den darin enthaltenen „Trauermarsch“ zum Gesang werden ließ – der sich zu erhabener Größe aufschwang und darin auf seine Weise strahlte –  jedoch niemals ernst und erdrückend marschierte. Darauf folgte ein Allegro, in dem lichtdurchstrahlte Fröhlichkeit heiligem Ernst begegnete. Ebenso inspiriert gelang die zweisätzige Sonate Nr. 22 F-Dur op. 54, in deren erstem Satz er mit seinem Instrument auf andächtige Weise wie mit einer höheren Macht zu sprechen schien. Der zweite Satz steigerte dies noch und glich einem gewaltigem Wimmeln und Rattern im Räderwerk der Schöpfung.

Nach der Pause spielt er die Sonate Nr. 4 Es-Dur op. 7,  sowie die Sonate Nr. 14 cis-moll op. 27/2 berühmt unter dem Namen  „Mondscheinsonate“.  Um solch einen Klassikhit mit Pop-Status, der zu den beliebtesten Opfern von Hobbypianisten und Best of Kollektionen wird, an seinen Platz im Olymp zurückzubringen, braucht es einen wahren Meister. Buchbinder vollbrachte dies mit Adlerschwingen.

Wie er es schaffte, die Mondscheinsonate auf fesselnd intensive Weise neu hörbar zu machen, glich einem Wunder. Und sie war nicht wegen ihrer Bekanntheit Abschluss seines Programmes –  sondern wegen ihrer markanten Gestalt. Ein Stück von aufs Äußerste zugespitzer Melancholie mit einem gewaltigen Schluss-Satz, dessen technische Koordinaten den Zuhörer bereits sprachlos machen würden (Buchbinder spielte fulminant schnell), doch es war seine Seelenenergie und künstlerische Meisterschaft, die einen in den Sessel drückten.

Nach diesem grandiosen Finale hängte er noch eine Zugabe an: Das Allegretto aus der Sturm-Sonate. Farbig und leicht wehte es, verdichtend an- und abschwellend und prägnant in jeder Lautstärke. Es war kein bisschen zuviel, sondern ein vollkommen würdiger Abschluss. Das Publikum fühlte sich in jeder Hinsicht beschenkt.

Am Ende großer Jubel und Bravo-Rufe der Zuhörer für den einsamen Titan am Klavier, der so bescheiden auftrat und sich still lächelnd darüber freute.

Info:
Rudolf Buchbinders Berliner Beethoven-Zyklus hat noch 5 weitere Konzerte im Kammermusiksaal der Philharmonie Berlin: Die Termine sind am 20. Februar, 26. März, 15. April, 26.April und am 10. Juni 2013.

Buchbinder spielte die 32 Klaviersonaten schon in über 40 Städten. Sein Dresdener Beethoven-Zyklus wurde in der Semperoper mitgeschnitten und 2011 bei Sony/RCA Red Seal auf CD veröffentlicht.

 



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