Sacré-Cœur in Paris: „Du bist wertvoll in meinen Augen und ich liebe dich“
Wie tausende andere Paris-Touristen spült mich die Stadt zur höchsten Erhebung von Paris, dem Montmartre – Berg der Märtyrer oder auch Berg des Mars. Hier oben thront weit sichtbar die strahlend weiße Basilika Sacré-Cœur, dem heiligen Herzen Jesu gewidmet.
Und das noch nicht so lang. Nicht einmal 150 Jahre ist die Grundsteinlegung her, 1875 unter dem Architekten Paul Abardie. 39 Jahre und fünf Architekten später ist sie 1914 fertiggestellt. Die Weihe erfolgte 1919 nach dem Ende des Ersten Weltkriegs.
Oase im Großstadttrubel
Die lebendige Geräuschkulisse der Straßenhändler und Paris-Besucher hinter mir lassend, trete ich in das gedämpfte Licht der Kirche ein. Wohltuende Ruhe empfängt mich. Den Blick nach vorn in die Chorapsis gerichtet, breitet eine überlebensgroße Jesusfigur weiß gewandet seine Arme aus.
Seine Präsenz strahlt, als sei die ganze Kirche, der Vorplatz mit seiner lang ansteigenden Treppe, der ganze Hügel gar nur die edle Fassung für diesen Segen spendenden Jesus, einem Diamanten gleich. Aus Mosaiksteinen setzt sich das Bildnis zusammen und zählt mit seinen 475 Quadratmetern weltweit zu den größten seiner Art. In Frankreich selbst gibt es kein größeres. Ausgeführt wurde es 1918 bis 1922 von den Mosaikmalern des Pariser Ateliers Gilbert-Martin nach einem Entwurf von Luc-Olivier Merson.
Es füllt das ganze Kuppelhalbrund, welches sich über Altar und Monstranz wölbt, aus. Rechts und links viele weitere Figuren, alle in Richtung Jesus Christus ausgerichtet, ihm huldigend und ihre Verehrung darbringend. Welch erhebender Anblick, diesen göttlichen Sohn in seiner ganzen Größe und Glorie betrachten zu können, anstatt ihn gequält am Kreuz zu sehen – auf seiner Brust ein goldenes, flammendes Herz im Dornenkranz.
Mächtige Bildsprache
Entsprechend ihrer Bedeutung werden die unterschiedlichen Personen in verschiedenen Größen dargestellt. Diese Methode ist auf vielen sakralen Bildern des Mittelalters zu finden. So ist das zweitgrößte Bildnis die Muttergottes Maria, gefolgt vom Heiligen Michael. Er gilt als mächtigster Erzengel, dessen Name abgeleitet aus dem hebräischen so viel wie „Wer ist wie Gott“ bedeutet. Er ist Anführer der himmlischen Heerscharen und treibt das Böse – das Nicht-Göttliche – aus dem Himmel.
In direkter Nähe von Jesus Christus sind die Schutzpatrone Frankreichs zu finden. Darunter Jeanne d’Arc – auch Johanna von Orléans genannt – und das personifizierte Frankreich als weiß gekleidete Frau, die Jesus die Krone reicht. Links davon der Papst, der dem Sohn Gottes die Welt reicht.
Anschließend, ebenfalls auf der linken Seite, drei weitere Päpste sowie die fünf Kontinente in unterschiedlichen Gestalten. Oben darüber eine lange Reihe der großen christlichen Heiligen.
Rechts des segnenden Jesu erweist Frankreich seine Reverenz mit einem Modell von Sacré-Cœur und mehreren Vertretern des Bürgertums und des Adels. In der Verlängerung über dem Haupt Jesu ist die Taube als Symbol des Heiligen Geistes, als auch Jehova mit dreifacher Krone zu sehen.
In seinen vorherrschenden Blau- und Goldtönen strahlt das gesamte Mosaik eine Ruhe und Erhabenheit aus, die ihresgleichen sucht und umso mehr erstaunt, da es erst Anfang des 20. Jahrhunderts erschaffen wurde.
Hilferuf und Akt der Buße
Unterhalb des Mosaiks ist die Inschrift „Sacratissimo Cordi Jesu Gallia poenitens devota gratia“ zu lesen und bedeutet so viel wie: Dem heiligsten Herzen Jesu gewidmet vom reumütigen, inbrünstigen und dankbaren Frankreich.
Um dies zu verstehen, müssen wir in das Jahr 1870 zurückgehen, in dem zwischen Frankreich und Preußen mit den verbündeten Ländern Sachsen, Württemberg und Baden Krieg ausgebrochen ist. Noch ist kein Frieden und Frankreich in weiten Teilen durch deutsche Truppen belagert. Die Idee des Kirchenbaus entspringt der Überzeugung, dass ein Ende des Unheils nur auf spiritueller Ebene zu finden ist. Treibende Kraft war dabei die Initiative von Alexandre Legentil und Hubert Rohault de Fleury, die ein Gelübde ablegten, eine Kirche zu errichten, die dem heiligen Herzen Jesu gewidmet werden sollte.
Ende 1872 genehmigt Kardinal Guibert, Erzbischof von Paris, den Bau des Gotteshauses und entscheidet sich für Montmartre als Standort. Bis dahin ein Viertel, welches durch Kleinkriminalität und Promiskuität geprägt war.
Auch wenn der Kirchenbau vielfach immer wieder als Reaktion auf die kurzweilige Machtübernahme der Pariser Kommune gedeutet wird, widerlegen dies die Jahreszahlen auf der offiziellen Website der Basilika Sacré-Cœur. Denn das Gelübde wurde bereits Ende 1870 abgelegt. Und die Pariser Kommune fand sich erst vom 18. März 1871 bis 28. Mai 1871 zusammen – in dem Versuch, Paris nach sozialistischen Vorstellungen zu führen und gegen den Willen der konservativen Zentralregierung.
Mit wie viel Energie und Durchhaltevermögen das Versprechen umgesetzt wurde, erstaunt. Viele, auch kleine Spenden, ermöglichten die Fertigstellung, nachdem 1904 durch die neu eingeführte Trennung von Kirche und Staat staatliche Gelder entfallen waren.
Weltweit einzigartig
„Sacré-Cœur versteht sich als einziger Ort auf der Welt, an dem die eucharistische Anbetung, also die Anbetung des Allerheiligsten im Gebet, seit 130 Jahren, genauer seit dem 1. August 1885 Tag und Nacht stattfindet“, ist auf einer der vielen touristischen Seiten für Paris zu lesen.
„Deshalb ist die Basilika Sacré-Cœur de Montmartre täglich von 06:00 Uhr bis 22:30 Uhr geöffnet. Der Zugang erfolgt nachts nach Voranmeldung im Rahmen der verfügbaren Plätze. Die Gläubigen werden in Schlafsälen, Einzelzimmern und Mehrbettzimmern untergebracht.“ Mehr Informationen zum Prozedere und ein Anmeldungsformular sind auf der Internetseite von Sacré-Cœur zu finden.
Nun erinnert eine Postkarte auf meinem Schreibtisch an diesen eindrücklichen Kirchenbesuch. Zu den Füßen Jesu ist in italienischer Sprache zu lesen: Es precioso aos meus olhos e eu te amo – Du bist wertvoll in meinen Augen und ich liebe dich –, Jesaja 43,4.
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