„Satiesfactionen“ mit der Berliner Staatsoper im Schillertheater

Jürgen Flimms „Satiesfactionen“ in der Werkstatt der Staatsoper im Schillertheater geben einen heiteren Einblick in den Mikrokosmos des Komponisten Erik Satie.
Titelbild
Konfliktreich: Qualle (Jan Josef Liefers) muss seinem Diener Polycarpe (Stefan Kurt) die Leviten lesen.Foto: Hermann Baus für die Staatsoper im Schillertheater
Von 1. April 2011

Der egozentrische Baron Qualle hat ein Problem: Seit heute früh hat sein Sehvermögen um sechs Grad abgenommen und irgendwie will auch keiner seiner Mitmenschen nach seiner Pfeife tanzen. Das beginnt bei seinem Diener Polycarpe, der ihn hartnäckig duzt und sich weigert, ein Billard-Match auf morgen Abend zu verschieben. Und es setzt sich fort mit einer Madame am Telefon, die ihm, obwohl er sich doch verwählt hat, das Neueste aus der Pferdemetzgerei zuflüstert …

Ein Stück namens „Le Piège de Méduse“, zu deutsch „Die Falle des Qualle“ bildet den Ausgangspunkt des Abends über den französischen Komponisten Erik Satie, der vor kurzem an der Staatsoper im Schillertheater Premiere hatte.

Unter dem nicht minder komplizierten Titel „Wissen Sie wie man Töne reinigt? Satiesfactionen“ wurde die „Lyrische Komödie in einem Akt von M. Erik Satie mit Tanzmusik desselben Herrn“ von Regisseur Jürgen Flimm mit zusätzlichen Texten angereichert.

„Ein Scherz. Sehen Sie darin nichts anderes“, sagte der Komponist und Lebenskünstlers über das kleine Stück, das er 1913, im Alter von 54 Jahren, als eine Art Abrechnung mit dem Künstlertum schrieb. Der ebenso poetische wie verschrobene Mikrokosmos Saties ist reinster Dadaismus, obwohl dessen große Tage erst drei Jahre später anbrachen.

Bekannt aus Film und Fernsehen

Drei prominente Schauspieler teilten sich die Rollen: Der charismatische und stimmgewaltige Jan Josef Liefers begeisterte als Qualle, Saties Alter Ego, mit ergrauter Perücke und zu vielen Brillen. Stefan Kurt gab Polycarpe, den tanzenden Affen Jonas, und Qualles Töchterlein Frisette. Klaus Schreiber brillierte mit einer derb-sinnlichen Interpretation des Ohrwurms „Je te veux“ und als Frisettes Bräutigam Astolfo. Ein Trio der Extraklasse, das weder sich selbst noch die Lachmuskel der Zuschauer schonte.

Kaleidoskopartig durchbrochen, doch rasant liefen die skurrilen Dialoge ab (Dramturgie: Katharina Winkler). Liebevoll wurden sie mit Details gespickt. Eieruhren, Geschirrgeklapper, Wasser- und Radiorauschen untermalten akustisch. Ein Quietsche-Entchen hinter der Bühne vervollständigte die dadaistischen Klangkulisse. Musik und Texte wurden zur untrennbaren Einheit.

Perfekt bis in die Details

Auf Augenhöhe mit dem amüsierten Publikum fand das Stück in der Werkstatt der Staatsoper im Schillertheater sein perfektes Ambiente. Ein Billardtisch bildete das Zentrum, zahlreiche Xylophone und Klaviere verteilten sich im Raum. Heimelig gemütliche, oder auch surreale Lichtstimmungen, kreierte Sebastian Alphons, Kostümbildnerin Birgit Wentsch steuerte mehrere Herrenkorsetts, Affenmasken und ein romantisches Brautkleid bei.

Arno Waschk hatte die Einstudierung und musikalische Leitung des Abends inne. Als Mann am Klavier betätigte er sich nicht nur auf den Tasten, sondern erbrachte geradezu sportliche Leistungen.

Als Zuschauer der „Satiesfactionen“ erfährt man, wie ein rennender Pianist im Treppenhaus klingt, wieviel Luft in einen Einweghandschuh passt, warum sich Satie als Phonometrograph begriff und dass seine 1.Gymnopédie auch sehr schön klingt, wenn sie auf Weingläsern gespielt wird.

Allen Schüchternen sei jedoch geraten, sich nicht in die erste Reihe zu setzen: Möglicherweise wird ein Affe mit Ihnen Walzer tanzen wollen …



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