Schrieb William Shakespeare seine Werke selbst?

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Der Film „Anonymus“ erhitzt derzeit die Gemüter mit der These, dass William Shakespeare seine Werke gar nicht selbst geschrieben hat. In der Tat wird über die Urheberschaft Shakespeares schon seit dem 18. Jahrhundert diskutiert.Foto: 2011 Sony Pictures Releasing GmbH
Epoch Times2. Dezember 2011

Berühmte „Anti-Stratforder“ (Persönlichkeiten, die an der Autorenschaft des historischen Shakespeares zweifeln) waren unter anderem Mark Twain, Ralph Waldo Emerson, Sigmund Freud und Orson Welles. Die These der Zweifler lautet: Merkwürdigkeiten und Informationslücken in der Biografie des realen Shakespeares lassen lediglich den Rückschluss auf das Leben eines völlig gewöhnlichen Mannes zu.

Shakespeare hinterließ Rätsel …

Zum Beispiel sind die einzigen schriftlichen Zeugnisse des realen Shakespeares ein paar Unterschriften auf offiziellen Dokumenten. Er schrieb seinen Namen wenigstens sechsmal verschieden und auf eine krakelig-unbeholfene Weise, die nahelegt, dass er gar nicht richtig schreiben konnte. Auch führt der historische Shakespeare seine Besitztümer im Testament detailliert auf – worunter sich kein einziges Buch befindet. Kein Theaterstück oder Gedicht wird erwähnt. Und anders als bei anderen gefeierten Schriftstellern dieser Zeit blieb sein Tod im Jahr 1616 völlig unbeachtet. Es erfolgte kein einziger literarischer Nachruf seitens seiner Kollegen

Emmerichs Film „Anonymus“ basiert auf der „Oxford-Theorie“, die Edward de Vere – den 17. Earl von Oxford – als wahren Autor des Shakespear’schen Werkes betrachtet. Diese Ansicht wurde erstmals 1920 formuliert und immer populärer, nachdem sogar die „Encyclopædia Britannica“ den Earl 1975 zum wahrscheinlichsten Autor erklärte. Der wahre Shakespeare hätte demnach von 1550 bis 1604 und seit seinem 12. Lebensjahr am Hof Elizabeths gelebt.

Ein anderer lieferte Lösungen …

Nur ein Mann des Hochadels hätte es auf die enorme Bildung bringen und über all die Dinge schreiben können, die in Shakespeares Werken mit Fachwortschatz beschrieben wurden, finden die Anti-Stratfordianer. Darunter Themen wie Astronomie, Gartenbaukunst, Schifffahrt, Kriegsführung, Justiz, Tennis und Falkenjagd. Der große Autor benutzte rund 29.000 verschiedene Wörter, während es selbst die King-James-Bibel von 1611 nur auf 5.000 unterschiedliche bringt.

Weil es so viele bemerkenswerte Verbindungen zwischen dem abenteuerlichen Leben des Earl und dem Werk des großen Autors gibt, wird er als Realperson hinter den Stücken vermutet. Der Earl erlebte zwei Ehen, zeugte mehrere legitime und illegitime Kinder, kämpfte in der Seeschlacht mit, in der die Briten die Spanische Armada versenkten, war in zahlreiche Intrigen verstrickt und hatte am Ende seines Lebens selbst mehrere Leben auf dem Gewissen. Besonders interessant ist, dass er eine 16-monatige Reise durch Europa unternahm, die ihn in all die italienischen Städte führte, die bei Shakespeare so überzeugend beschrieben wurden, darunter Mailand, Verona, Mantua, Florenz und Siena. Auf der Rückfahrt wurde er beinahe von Piraten ermordet, die ihn – wenn auch nackt und ausgeraubt – am Leben ließen.

Im Leben wie im Werk

Ein weiteres Indiz ist, dass „Hamlet“ auf gespenstische Weise Parallelen zur Biografie des Earls aufweist – mit seinem Schwiegervater William Cecil als Polonius und seiner Tochter, Anne Cecil, als Ophelia. Die Gestalt der Gertrude basiert auf Königin Elisabeth, die für den Earl seit dessen zwölftem Lebensjahr wie eine Ersatzmutter war. Später wurde sie sogar seine Geliebte.

Interessant ist überdies, dass der Earl eine Bibel besaß, in der zufällig Passagen angestrichen waren, die im Shakespeare-Werk benutzt wurden. Sein Spitzname soll „Spear Shaker“ gewesen sein.

Im Werk des großen Autors selbst wimmelt es von Gestalten, die sich maskieren oder über lange Zeit eine falsche Identität zulegen – was darauf schließen lässt, dass Shakespeare dieses Thema ein Leben lang begleitete, zumal wenn er wirklich unter Pseudonym veröffentlichen musste.

Der Streit über die Autorenschaft erhitzt die Gemüter bis heute. Wenn nämlich der tatsächliche „Schwan“ nicht aus Stratford-on-Avon kam, dann würde der kleine Ort über Nacht seine touristische Bedeutung verlieren. Und schlimmer noch. Wenn bewiesen würde, dass auch der größte englische Autor ein Adliger war, zerbräche ein identitätsstiftender Mythos: Der Mythos vom Genie Shakespeare als Mann des einfachen Volkes. (rf)



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