Sonntagsmärchen: Die drei Wunderfische

Titelbild
Fischen im Sonnenuntergang.Foto: iStock
Epoch Times8. Januar 2023

Ein Fischer, welcher schon viele Tage hindurch nichts gefangen hatte, machte sich abermals zum See auf, um die Netze auszuwerfen. Er hatte zwar wenig Hoffnung, allein er mußte es versuchen, denn Weib und Kinder schrien nach Brot. Er warf das Netz ins Wasser, und als er dasselbe herauszog, lag ein Stein darin. Zum zweiten Mal zog der Fischer einen ersäuften Eber hervor; dann warf er das dritte Mal das Netz hinein, und als er dasselbe herausholte, siehe, da lag in dem Netz ein kleines Kästchen.

Der Fischer nahm das Kästchen heraus und öffnete es. Aber wie erschrak er, als aus dem Kästchen ein Riese herausstieg und zum Fischer sprach: „Dafür, dass du mich ans Tageslicht gebracht hast, empfange deinen Lohn: Ich befehle dir, jetzt selbst in das Kästchen zu steigen, wenn nicht, so bist du des Todes.“

Der Fischer jammerte und sprach: „Aber wie soll ich denn in diesem kleinen Kästchen Platz finden?“ Der Riese wollte dem Fischer zeigen, dass darinnen genug Raum sei, und stieg wieder in das Kästchen. Kaum war der Riese drinnen, so schloss der Fischer schnell das Kästchen und wollte es in den See werfen. Der Riese bat, er solle dieses nicht früher tun, als bis er ihm ein Geheimnis anvertraut habe.

Der Fischer gewährte ihm diese Bitte, und der Riese sprach: „Ich bin der Geist des Sohnes deines Königs. Mein Vater warf mich in diesen See, weil ich ein großer Sünder gewesen bin, ich hatte nämlich den Menschen nur immer Böses zugefügt, ja viele Rechtschaffene ermordet. Ich sollte nach dem Ausspruch meines Vaters nur dann Ruhe finden, wenn ich gegen jenen, welcher mich auffindet, mich wohltätig erweise, und das will ich denn tun. Höre: Nicht weit von hier findest du einen Teich, in diesen wirf dein Netz, und du wirst jeden Tag einen Fisch fangen. Diesen trage an den königlichen Hof, und du bekommst für jeden solchen Fisch einen Dukaten.“

Wie der Geist gesagt, so ist auch alles geschehen. Der Fischer fand wirklich den Teich, warf sein Netz ins Wasser und fing einen wunderschönen Fisch. Diesen trug er in das Schloss des Königs. Als die Köchin den prächtigen Fisch erblickte, gefiel er ihr sehr, und sie gab dem Fischer den verlangten Dukaten dafür; und sie glaubte dem König heute etwas Besonderes vorzusetzen.

Die Köchin legte den Fisch in die Pfanne und wollte ihn backen, aber kaum war er über dem Feuer, so sprach er: „Solange ihr Gutes tut, so lang wird es euch gutgehen, sobald ihr aber Böses tut, wird’s euch schlimm gehen.“ Und hierauf flog er durch den Rauchfang fort.

Als am zweiten Tag der Fischer mit einem ebenso schönen Fisch kam, kaufte die Köchin abermals den Fisch, aber es ereignete sich dasselbe wie mit dem ersten Fisch.

Dieses wurde dem König hinterbracht, und am dritten Tag war er selbst bei der Bereitung des Fisches zugegen, und es geschah dasselbe.

Der König ließ den Fischer holen. Als dieser kam, erzählte er alles vom Anfang bis zum Ende, was er von dem Geist wusste. Der König hatte eine große Freude daran, dass sein Sohn sich gebessert hatte. Den Fischer nahm er mit seiner ganzen Familie ins Schloss und ließ es ihnen an nichts fehlen.

Quelle: Theodor Vernaleken, Kinder- und Haus-Märchen aus Österreich, Wien 1863. In vielen Überlieferungen geht es um Ähnliches, auch im Mahabharata



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