Über die Beatles zu Bach

Begonnen hat alles mit der Liebe zur Musik und dem wachen Blick für erhaltenswerte Schätze. Heute nennt es sich „Institut für Orgelforschung Brandenburg“.
Titelbild
Orgel von Gottlieb Scholtze, 1759 in der evangelischen Stadtkirche von Lenzen/Elbe.Foto: Wolf Bergelt, Orgelreisen durch die Mark Brandenburg, 3. Auflage, Berlin 2016
Von 20. Juni 2023

Offen und mit interessiertem Blick sitzt mir Wolf Bergelt gegenüber. Er ist Initiator der systematischen Erfassung der Orgellandschaft Brandenburgs und Gründer des „Instituts für Orgelforschung“ Brandenburg. Schnell wird klar, dass der Charakter des Instituts sich aus einer Mischung aus künstlerischer und wissenschaftlicher Herangehensweise formt.

Er selbst sei in diese systematische Forschungsarbeit eher „hineingerutscht“. Diese Disziplin entspreche gar nicht seinem Wesen. „Doch ich dachte, jetzt, wo du dich damit verbindest, musst du es auch gut und richtig machen. Und tatsächlich habe ich dabei nicht nur Disziplin für mich selber, sondern mich auch leidenschaftlich mit der Sache zu verbinden gelernt“, resümiert Bergelt.

Mit Hingabe zu tun, was sein Interesse findet, liegt als Konstante unter Bergelts Leben.

Mentor mit lebenslanger Wirkung

Aufgewachsen ist er in Oederan im Erzgebirge – dem Standort einer Silbermannorgel. Doch den 14-Jährigen zog es nicht direkt zur Orgel. Der Wunsch, Klavier spielen zu lernen, war es, um so eines Tages als Teil einer Band die Lieder der Beatles und anderer bewunderter Stars selbst spielen zu können.

Als Klavierlehrer suchte er sich den Kirchenmusiker der Kleinstadt aus. Dieser in seiner Offenheit und seinem musikalisch-künstlerischen Ansatz einzigartige Lehrer hat Bergelt so sehr beeindruckt, dass dieser für den Pubertierenden zu dem Mentor wird, den er in dieser Lebensphase benötigt. „Ich bin so gerne in den Unterricht gegangen und habe plötzlich aus purer Begeisterung täglich stundenlang geübt“, erinnert sich Bergelt lachend.

Dann gibt es den Moment, als der Junge gefragt wird, ob er nicht Lust habe, dem Lehrer bei den sommerlichen Orgelkonzerten zu assistieren. Dort brauche er jemanden zum Umblättern und Registrieren – also den Klang der Orgel sozusagen mitzugestalten. Der Heranwachsende ist fasziniert vom Spiel seines Lehrers, sodass er diese Tasten nun auch selbst bewegen will.

So zieht es Bergelt zunehmend in die klassische Welt und zur Orgelmusik hin.

Hinzu kommt die ideologische Bedrückung in der Schule und bei der Wahl des beruflichen Werdegangs. Das Studium der Kirchenmusik erscheint ihm da wie ein Ausweg. „Dort war ich frei von diesen ideologischen Dingen. Das gab es an der Hochschule für Kirchenmusik nicht. Wir wurden dort nicht mehr mit Staatsbürgerkunde und Marxismus-Leninismus traktiert“, erzählt Bergelt.

Orgel von Peter Migend, 1760 in der Dorfkirche in Ringenwalde/Uckermark. Foto: Wolf Bergelt, Orgelreisen durch die Mark Brandenburg, .3. Auflage, Berlin 2016

Kirchen zu Kulturstätten

Für ihn ist die geistige Freiheit wichtig, wie auch die geistige Tradition der deutschen Kunst mit Goethe, Schiller, Beethoven, Bach – sie waren alle freie, selbstbestimmte Geister.

Auf die Frage, für wen denn diese Orgeln weiter klingen sollen, entwickelt Bergelt seine Idealvorstellung: Da die Kirchen heute überwiegend leer stünden, läge es nahe, sie zukünftig als Kulturstätten zu nützen. Aus Konzerten, Lesungen, vielfältigen künstlerischen Veranstaltungen könnte man versuchen, Gelder zu generieren, um die Gebäude und auch die Instrumente zu bewahren, die teilweise in einem beklagenswerten Zustand seien.

Idealerweise fände sich ein Sponsor, vielleicht ein Großunternehmen, welches sich mit den 1.700 Klangräumen verbinden möchte. Bisher werde alles ehrenamtlich betrieben. Doch für die Forschung in den Archiven und an den Orgeln entstehen auch immer wieder Aufwandskosten. Und – es müsse einen engagierten Nachfolger geben, der das „Institut für Orgelforschung“ sachgemäß weiterbetreiben könne.



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