Wenn die Kirschzweige erblühen

Der Zusammenhang zwischen den Barbarazweigen und einer „Großen Märtyrerin“
Titelbild
Statue der heiligen Barbara am Lehrpfad Schieferbergbau in Fell bei Trier. (Foto: Theophil Schweicher/www.besucherbergwerk-fell.de)
Von 1. Dezember 2007

Einer alten christlichen Legende nach soll die Jungfrau Barbara am 4. Dezember 306 als Märtyrerin gestorben sein. Trotz unsäglicher Folter blieb sie ihrem christlichen Glauben treu bis in den Tod. Als man sie in den Kerker sperrte, soll sich ein Kirschzweig in ihrem Kleid verfangen haben. Diesen habe sie mit Wasser aus ihrem Trinknapf gepflegt. Am Tag ihrer Hinrichtung habe sie noch sein Erblühen erlebt – ein sichtbar gewordenes Zeichen ihrer Glaubenskraft und Hoffnung in der Finsternis. Auch heute noch wird in manchen Familien am „Barbaratag“ ein Brauch gepflegt: Zweige von Kirschbäumen (Barbarazweige) werden geschnitten und in eine Vase in die warme Wohnung gestellt. Bis Weihnachten sollten die Zweige Blüten treiben und gelten dann als gutes Zeichen für die Zukunft. Um die heilige Barbara ranken sich zahlreiche Legenden, die ein reges Volksbrauchtum entstehen ließen.

Legendäre Gestalt der heiligen Barbara

Obwohl die historische Figur jener Gläubigen nicht belegt und eher unwahrscheinlich ist, erfreut sie sich über Jahrhunderte hinweg einer großen Beliebtheit. Sie wurde zu einer der bekanntesten christlichen Heiligen.

Nach einer Version der Legenden lebte sie im 3./4. Jahrhundert als Tochter des reichen Heiden Disocuros in Nikodemien in Kleinasien (dem heutigen Izmid in der Türkei). Viele Männer hielten um die Hand jener schönen und klugen Frau an. Doch sie wies ihre Verehrer alle zurück, da sie in ihrem Herzen spürte, dass ihr Leben eine andere Sinnerfüllung hat. Sie fand ihren Weg und geistige Erkenntnis im christlichen Glauben, unbeeindruckt von der damaligen Christenverfolgung. Ihr Vater war ein Christenhasser. Er ließ Barbara in einen Turm sperren, um sie so den christlichen Einflüssen zu entziehen. Nachdem sie dennoch die Taufe empfing, gelang ihr auf wundersame Weise die Flucht vor ihrem Vater aus den Turmgemäuern. Auf ihrem Wege kam sie an einen Felsen. Ein Spalt öffnete sich und bot ihr Schutz vor den Verfolgern. Aber ein Hirte verriet ihr Versteck. Im Gefängnis blieb sie trotz Geißelung, Folter und Demütigungen ihrem Glauben treu. Am Tage ihrer Hinrichtung wurde sie von ihrem eigenen Vater geköpft. Kaum hatte er das Schwert nieder gelegt, durchfuhr ihn ein Blitzschlag und er verbrannte unter großen Qualen.

Der Kult um die Jungfrau nahm seinen Ursprung in der Ostkirche, wo sie zu den „Großen Märtyrern“ zählt. Das früheste Zeugnis bildet ein Pfeilerfresko etwa aus den Jahren 705/706 in der Kirche Santa Maria Antiqua in Rom. Reliquien von ihr kamen um 1000 nach Venedig und von dort nach Torcello. Im 14. Jahrhundert tauchte ihr Name in Tirol im Bergbau auf. Bereits in den ältesten Kölner Festkalendern galt jener Tag als besonderer Festtag. Wie alle Gedenktage von Gestalten, die nur aus Legenden stammen, ist auch der ihrige seit 1969 nicht mehr im Festkalender der katholischen Kirche aufgeführt.

Schutzpatronin der Bergleute

Die Verbindung zu den Bergleuten ergab sich durch den sich öffnenden Felsspalt, der ihr Zuflucht geboten hatte. Die Bergarbeiter erbitten durch ihren Gruß „Glück auf“ das Öffnen des Berges und die Freigabe der Erze. Im österreichischen und schlesischen Bergbau war es üblich, am Barbaratag in den Stoß kleine Nischen zu hauen, um ein Barbarabild und ein Grubenlicht hinein zu stellen. Jeweils am zweiten Adventssonntag findet in Fell die ‚Barbaraparade‘ statt. „Von der Bergmannskapelle begleitet, wird die Barbarastatue nach dem Gottesdienst zur ‚Barbaragrotte‘ getragen, wo man der Toten des Schieferbergbaus gedenkt.“ erklärte Theophil Schweicher, der Betriebsleiter des Besucherbergwerks Fell bei Trier.

Im Goldbergbau von Rauris bei Salzburg legten die Bergknappen am Barbaratag ein Brot für die Berggeister aus, damit diese ihnen gewogen blieben.

Auch viele andere Berufsgruppen wie Steinbrecher, Feuerwehrleute, Architekten, Glöckner und Artilleristen wählten die heilige Barbara zu ihrer Schutzpatronin. Sie zählt zu den vierzehn Nothelfern.

„Wer hat mich beschützt?“

Ein ehemaliger Bergbauarbeiter aus Püttlingen/Saar erzählt uns seine Geschichte:

„Nach meinem Schulabgang machte ich eine Gesellenlehre als Hauer. Recht stolz auf meinen Lohn, konnte ich meinen Eltern gut Geld heim bringen. Aber eines Tages hatte ich ein ungutes Gefühl als ich einfuhr. Es verstärkte sich mit der Zeit immer mehr, sodass ich mit meinem Vater darüber sprach. Bald darauf wechselte ich in ein Stahlwerk. Etwa ein halbes Jahr später hörte ich von einer Schlagwetterexplosion in der Grube Luisenthal. Die ganze Bevölkerung verfolgte mit Bestürzung dieses Unglück und hörte die ganze Zeit die Meldungen aus den Kofferradios. Die Frauen warteten vor der Grube auf ihre Männer und Söhne. Am Ende waren es 299 Todesopfer. Die Kameraden aus meiner Schicht, mit denen ich immer einfuhr, sind alle verstorben – auch der Steiger.

Mit dem Älterwerden machte ich mir so meine Gedanken: ‚Wer hat mich da beschützt? Wer gab mir den Gedanken ein, dass ich mit der Grubenarbeit aufhören sollte? War es mein Schutzengel? Oder die heilige Barbara? Oder Gott? Oder – wer war es?‘ Schließlich dachte ich, dass da etwas existieren muss, was mir dieses Gefühl damals eingegeben hatte. Als Christ sage ich heute: Es gibt doch einen Gott!“

Die Katastrophe vom 7. Februar 1962 ist als schwerstes Grubenunglück in die Geschichte des Saar-Bergbaues eingegangen. An das Unglück erinnert heute ein Denkmal mit einer Statue der heiligen Barbara.

Blühende Kirschzweige. (Blühende Kirschzweige. (Foto: Christine Gäckler/EPT)

Orakelbrauch mit den Zweigen

Die Tradition, Barbarazweige zu schneiden, geht übrigens auf den alten Orakelbrauch mit der germanischen Lebensrute zurück: Wenn man vor Wintereinbruch das Vieh von den Weiden in die Stallungen trieb, nahm man Zweige von den Bäumen mit und stellte sie in eine mit Wasser befüllte Vase. Anhand der Anzahl der Blüten zur Weihnachtszeit zog man Rückschlüsse auf die Fruchtbarkeit und das Wetter des kommenden Jahres.

In Schlesien hielt sich lange der Brauch eines Hochzeitsorakels: heiratswillige Mädchen versahen mehrere Zweige mit den Namen ihrer Verehrer und stellten sie in eine Vase. Voller Spannung warteten die Mädchen dann darauf, an welchem der Zweige die Blütenknospen zuerst aufsprangen. Dies sollte der schicksalhafte Hinweis auf den „Richtigen“ sein.

Barbarazweige zur Weihnacht

Traditionellerweise werden am 4. Dezember, dem Barbaratag, Kirschblütenzweige verwendet. Alternativ eignen sich auch Zweige von früh blühenden Gehölzen wie Winterjasmin, Zaubernuss, Goldregen, Ginster, Forsythie, Schlehe, Holunder, Mandelbäumchen, Weidenkätzchen und Hasel. Man besorgt sie sich entweder in der Gärtnerei oder vom eigenen Garten.

Einige Tipps für blütenreiche Zweige:

– Zweige, die noch keinen Frost abbekommen haben, werden zunächst für einige Stunden in die Gefriertruhe gelegt.

– Als Blühimpuls – so oder so – eine Nacht lang in handwarmes Wasser legen. Die Wärme sorgt dafür, dass Blockadestoffe in den Blütenknospen abgebaut werden.

– Bevor man sie in die Vase stellt, lang und schräg anschneiden (6-8 cm), um die Wasseraufnahmefähigkeit zu vergrößern.

– Den Zweigen bei Zimmertemperatur täglich frisches Wasser geben. Nicht auf die Heizung stellen, weil sie sonst vertrocknen.
– Tägliches Einsprühen mit Wasser (1-2 mal) fördert das Aufblühen.

– Für Blütenschmuck in der Wohnung einfach erst nach Weihnachten schneiden oder länger im kühleren Raum lassen.

– In der Advents- und Weihnachtszeit wird genre Tannengrün mit den Blütenzweigen kombiniert oder auch das lichte Grün von Birkenzweigen, die ebenfalls leicht treiben.

Text erschienen in Epoch Times Deutschland Ausgabe Nr. 15

 

 



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