Wie aus Kindern Kaiser werden

Führung des Kindermuseums entführt in die Zeit der Kaiserkrönungen
Epoch Times4. April 2008

Vor dem Historischen Museum in Frankfurt am Main stillt ein kleines blondes Mädchen noch schnell ihren Hunger mit einem Pausenbrot, ein paar Meter weiter jagt ein Junge Tauben vor der Nikolaikirche. Es ist Punkt zehn Uhr: Drei Lehrerinnen trommeln die jungen Schülerinnen und Schüler der Sachsenhäuser Martin Buber Schule auf dem Römerberg zusammen, denn gleich beginnt die Führung „Wie man einen Kaiser macht“. Eine junge Frau mit einem Korb über ihrer Schulter begrüßt die gespannte Gruppe. Seit vier Jahren „entführt“ sie ein bis zweimal in der Woche Kinder in die Zeit der Kaiserkrönungen. „Die Resonanz auf das Angebot ist sehr groß, weil die Kinder interaktiv miteinbezogen werden“, erklärt sie und stellt sich ihren Schützlingen vor: „Ich bin die Rebecca“. Los geht’s mit der „Rallye“ durchs heilige Römische Reich mitten in Frankfurt. Dabei erfahren die Kinder nicht nur, wie der Kaiser zur Krone kam – am Ende wird einem Kind auch selbst die Krone aufgesetzt.

Nach einer kurzen Einführung am Denkmal Karls des Großen geht es im Gleichschritt über den Römerberg Richtung Kaiserdom. „Ach, den kenne ich doch“, stellt ein Junge vorlaut fest. Vor Eintritt in die historische Sandsteinkirche warnt Rebecca Riegel ihre kleinen Gäste. „Wir gehen jetzt in den Dom rein, dabei müsst ihr ganz leise sein, ja?“ Die Schüler stimmen ihr mit einem kurzen Nicken zu.

Im Kirchenschiff angekommen, erwartet die neugierigen Mädels und Jungs mit der Kaiserkrönung der eigentliche Höhepunkt der knapp eineinhalbstündigen Führung. Nicht jeder aus der Schülergruppe war bisher hier. „Das ist die größte Orgel, die ich bisher gesehen habe“, staunt ein Junge über das Instrument mit den unzähligen silberfarbenen Pfeifen. Während die studierte Kunstpädagogin über das Wahlverfahren der Kaiser spricht, sitzen die Kinder auf der Kirchenbank und lauschen ihr gespannt. „Eins, zwei, drei, vier…“, zählt die junge Frau in Jeansrock und Stiefeln die Menge durch. „Ihr sieben seid jetzt die Kurfürsten.“ Strahlende Gesichter auf der einen Seite, Enttäuschung bei den übrigen: Nicht jeder darf heute Kurfürst sein. Nach alter Sitte ziehen sich die sieben Möchtegern-Kurfürsten zur Beratung in die Sakramentskappelle zurück. Wer soll Kaiser werden – Felix oder Desiree? In leisem Flüsterton wird die Entscheidung schließlich getroffen: „Vier Stimmen für Felix – wir nehmen den Felix“, sind sich die Kinder sicher.

Zwischenzeitlich hat sich Rebecca Riegel drei Mädchen aus der Gruppe herausgepickt. Das Trio stellt die Bischöfe aus Trier, Mainz und Köln. Ausgestattet mit großen roten Bischofsmützen stellen sich die drei vor dem Altar des Doms in Positur. Das Mädchen mit der Brille rückt die etwas übergroße Kopfbedeckung zurecht – immer wieder rutscht sie ihr ins Gesicht. Dann ist es soweit: Der kleine Felix kniet sich vor dem Altar und den Bischöfen nieder. Dann fallen die entscheidenden Worte: „Hiermit kröne ich dich zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches“, und der „Nachwuchskaiser“ bekommt die mit blauen und grünen Plastik-Edelsteinen besetzte Stoff-Krone auf den Kopf gesetzt. Die Krone ist natürlich nur eine Kopie – zu schwer wäre das rund drei Kilogramm schwere Original mit seinen 144 Edelsteinen. Mit dem Reichsapfel in der einen und dem mit Eichenblättern geschmückten Zepter in der anderen Hand, dreht sich der kleine Kaiser in gold-rotem Gewand stolz lächelnd zu seinen Klassenkameraden. „Felix der Große“, scherzt ein Mitschüler.

magna faccum nullaor susci tatu Unmittelbar nach der Krönung verlassen der Kaiser, die Bischöfe und die Kurfürsten den Dom und bahnen sich ihren Weg Richtung Römerberg. „Diesen Weg sind auch die Kaiser gegangen“, erklärt Rebecca Riegel. Die Mitschüler feiern ihren heutigen Kaiser – sie klatschen, posaunen und rufen „Es lebe der Kaiser!“. Das Krönungsmahl im Kaisersaal bleibt an diesem Morgen aus, der Saal ist ausnahmsweise geschlossen. Die Station wird übersprungen, die Führung endet schließlich im Kindermuseum – vor dem Schaukasten mit den Replikaten der Kaiserutensilien Krone, Zepter, Reichsapfel. Noch einmal großes Staunen. Es ist halb zwölf, Riegel entlässt die Kleinen. Nun muss auch Felix sich wieder von „des Kaisers teuren Kleidern“ trennen. Ein wenig wehmütig – so sehr hatte er sich an die Krone auf seinem Haupt gewöhnt. (pia)



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