Wie man Superman (wieder) relevant macht

Dies sind Zeiten, die nach Heldentum verlangen, meint Gastautor Dan Sanchez. Superman könnte dieser Held sein, doch Filmemacher missverstehen seine Rolle – statt ihn mächtig und gütig darzustellen, wird er geschwächt. Deswegen verlangt Sanchez: „Macht ihn tugendhaft, entschlossen und stark, innen und außen“.
Titelbild
Der Schauspieler Henry Cavill (der „amtierende“ Superman) besucht die New Yorker Premiere von „Batman V Superman: Dawn Of Justice“ in der Radio City Music Hall am 20. März 2016 in New York City. (Foto: Mike Coppola/Getty Images)
Von 1. September 2020

„Oh, Superman, wo bist du jetzt? Wenn alles irgendwie schief läuft?“ Dieser Text aus dem Genesis-Lied „Land of Confusion“ aus dem Jahr 1986 passt zu unserer gegenwärtigen Lage. Mit der Corona-Pandemie, den Lockdowns, der wirtschaftlichen Verwüstung, der politischen Polarisierung, den zivilen Unruhen und der Gewalt auf den Straßen scheint vieles auf einmal schief zu laufen. Das Angstniveau steigt, wenn diese Krisen aufeinander treffen und sich zu einem perfekten Sturm sozialer Not zusammenschließen.

Wenn Superman doch nur den Tag retten könnte.

Natürlich kann uns Superman als fiktive Figur nicht physisch retten. Aber er kann uns verzweifelt benötigte Inspiration geben, wie er es schon viele Male zuvor getan hat. Tatsächlich wurde die Figur von Superman in Zeiten wie diesen erschaffen.

Der Mann aus Stahl gab sein sensationelles Debüt 1938, fast ein Jahrzehnt nach der Weltwirtschaftskrise, und inspirierte Millionen von Kindern, während sie und ihre Eltern sich durch die letzten dieser zermürbenden Jahre kämpften.

Der damals 24jährige Filmschauspieler Christopher Reeve steht vor der Skyline von Manhattan, verkleidet als Comic-Held „Superman“. Foto: Keystone/Getty Images

Während des Zweiten Weltkriegs stieg die Popularität von Superman noch weiter an. Er war bei den jungen Truppen immens beliebt und hob die Stimmung von Tausenden, die sich den tödlichen Gefahren des Krieges stellten.

Spulen wir vor bis 1978, als der Blockbuster-Film mit Superman eine weitere Generation von Amerikanern inspirierte, die gerade aus der Trostlosigkeit herauskamen.

Diese Art von Inspiration könnten wir heute sicher gebrauchen.

Leider wird Superman unsere Stimmung im Kino in nächster Zeit nicht retten können. Die Kinos bleiben teilweise aufgrund von COVID-19 geschlossen. Doch schon vor der Pandemie schrieb Dani Di Placido von „Forbes“, dass „Insider glauben, dass ohne Drehbuch und ohne Regisseur ein neuer Superman-Film wahrscheinlich nicht vor 2023 erscheinen wird“.

Angesichts von Superheldenfilmen, welche Milliarden Dollar an den Kinokassen eingespielt haben, sollte man meinen, dass das Studio DC Films von Warner Bros. ihr Monopol auf den kultigsten Superhelden von allen unbedingt ausnutzen möchte. Aber das Studio war in den letzten Jahren enttäuscht von Supermans Publikumsempfang. 

Sein letzter Auftritt auf der großen Leinwand war in „Justice League“ 2017 – der als Misserfolg gewertet wurde. Und seine Darstellungen in „Man of Steel“ 2013 und „Batman vs. Superman“ 2016 stießen auf ausgesprochen gemischte Reaktionen.

„DC Films weiß immer noch nicht, was es mit Superman anfangen soll, das Studio ist Berichten zufolge unsicher, wie man die Figur ‚relevant für ein modernes Publikum‘ machen kann“, so die Twitter-Nachricht von „Forbes“ zum Artikel von Di Placido.

Warum gelingt es Superman nicht, eine Verbindung zum Publikum herzustellen? Di Placido erklärte, dass Supermans „gottgleiche Kräfte und seine rechtschaffene Haltung“ für das moderne Publikum „zu befremdlich“ seien.

Seit langem ist die vorherrschende Theorie, dass Superman eine problematische Figur ist, weil er zu mächtig und zu gut ist. Dieser Vorwurf wurde aus mehreren Gründen erhoben.

Eine häufige Behauptung ist, dass diese Eigenschaften zu langweiligen Geschichten führen. Gute Geschichten, so heißt es, brauchen Herausforderungen und Gefahren, welche der Held überwinden muss. Ein Held, der unaufhaltsam und für Verletzungen unverwundbar ist, ist deshalb langweilig. Und moralisch rechtschaffene Helden sind auch langweilig, weil sie keine inneren Dämonen zu überwinden haben und somit keinen Raum für Wachstum.

Aber Di Placido sagte nicht „langweilig“. Er sagte „befremdlich“. Warum sollten also Macht und Güte zur Entfremdung führen?

Vielleicht liegt es daran, dass rein sterbliche Leser Schwierigkeiten haben, sich mit einem so perfekten Charakter zu identifizieren.

Aber ich glaube, es ist mehr als das. Schließlich war das Publikum in den Jahren 1938 und 1978 genauso sterblich wie das heutige Publikum. Warum sollte das „moderne Publikum“ durch Macht und Güte „entfremdet“ werden, wenn das vergangene Publikum es nicht war?

Vielleicht ist es die Art und Weise, wie man uns beigebracht hat, „super zu sein“.

Nach einer gängigen Weltanschauung werden viele Formen des „Super-Seins“ oft nicht als bewundernswert, sondern als verdächtig angesehen. Nicht nacheifernswert, aber des Grolls würdig. Nicht einer Quelle der Inspiration, sondern des Neids.

Unternehmer, die in der Wirtschaft super Erfolge erzielen, werden als Schurken angesehen, selbst von denen, die von ihren Produkten und Dienstleistungen stark profitieren.

Menschen mit gut funktionierenden Tugenden wie Fleiß und Sparsamkeit, die es wagen, andere zum Arbeiten und Sparen zu ermutigen, werden wegen „Armutsbeschämung“ angeprangert.

Sogar fitten Menschen, die gesunde Gewohnheiten in anderen fördern, wird „fat-shaming“ vorgeworfen, also diskriminierende Aussagen hinsichtlich ihres Aussehens und Gewichts.

Bei einer solchen Einstellung ist es nicht überraschend, dass manche Superman als befremdlich empfinden. Superman, wie er traditionell verstanden wird, ist ein Platonisches Ideal menschlicher Vortrefflichkeit: Gesundheit, Vitalität, Selbstdisziplin und Heldentum.

Wenn man hervorragende Leistungen bei anderen als etwas betrachtet, das man beneiden, verübeln und angreifen kann, dann ist eine Symbolfigur wie Superman eine ständige Beleidigung, die nur dazu führt, dass man sich noch schlechter fühlt.

Aber wenn man menschliche Exzellenz in anderen als etwas betrachtet, das man bewundern, feiern, nachahmen und anstreben sollte, dann wird man Superman eher als inspirierend und erhebend empfinden. Man weiß, dass man seine übermenschliche Vollkommenheit nie erreichen kann, aber man nimmt die Fantasie als ein symbolisches Ideal, einen Leitstern an.

Abgesehen davon glaube ich, dass es die Filmemacher sind, nicht das Publikum, die die Schuld dafür tragen, nicht das zu schätzen, was Superman zu bieten hat.

Supermans Copyright-Inhaber haben lange Zeit die Theorie geglaubt, dass der klassische Superman zu mächtig und gut ist, und so haben sie versucht dem abzuhelfen, indem sie dem „modernen“ Superman Lehmfüße verpasst haben. Sie haben ihn abgeschaltet und dafür gesorgt, dass er anfällig dafür ist, herumgeschubst oder sogar zu Tode geprügelt zu werden.

Aber was noch schlimmer ist, sie haben ihn moralisch geschwächt. Immer und immer wieder haben sie Superman als einen moralisch kompromittierten Handlanger der Regierung oder einen machtbesessenen Möchtegern-Diktator dargestellt. Zack Snyders Superman ist eine trübselige, gequälte Gestalt, deren innere Zerrissenheit und Zögerlichkeit zu katastrophalem Versagen und zahlreichen Opfern führen.

Die wichtigere Frage ist, warum es dieser Version von Superman nicht gelingt, das Publikum zu begeistern. Ich vermute, dass sie von seiner Stärke nicht eingeschüchtert sind, sondern von seiner Schwäche gelangweilt und sogar angewidert.

Ein Beweis für diese Interpretation ist die enorme und enthusiastische Popularität von Captain America im Marvel Cinematic Universe (MCU).

Captain America, wie er in der MCU abgebildet ist, ist in jeder Hinsicht der „Pfadfinder“, der Superman früher einmal war. In jedem Film ist er fest und entschlossen in seinen Idealen, auch wenn sie von seinen engsten Freunden und Verbündeten auf die Probe gestellt und von der Regierung, der er einst diente, geächtet werden. Er entwickelt sich und lernt, und manchmal ist er sogar desillusioniert. Aber er schwankt nie wirklich in seinen inneren Grundüberzeugungen. Im Gegensatz zu Snyders „Hamlet“-Version von Superman werden wir diesen Captain America nie in Selbstvorwürfen brüllen sehen.

Fand das Publikum diese „moralisch gerechte“, fast reine Version von Captain America „befremdlich“?

Keineswegs.

Film für Film fanden sie ihn aufregend. Jedes Mal, wenn seine unerschütterliche, ja hartnäckige Hingabe an moralische Prinzipien bestätigt wurde, jubelte das Publikum. Und als er 2019 in „Avengers: Endgame“ sich als würdig genug erwies, den Hammer Mjolnir vom Donnergott Thor zu schwingen, sprach Thor selbst für viele von uns, als er ausrief: „Ich wusste es!“ Hören wir rein, wie das Publikum im April auf diesen Moment innerlich reagierte:

Captain Americas Popularität ist ein hoffnungsvolles Zeichen dafür, dass trotz Neid und Zynismus gegenüber Tugend, die uns von Medien, Wissenschaft, Politikern und Aktivisten eingetrichtert werden, ein Kernstück des menschlichen Geistes immer von Geschichten angezogen werden und aus ihnen lernen kann, die uns inspirieren, bessere Versionen von uns selbst zu werden. Und dieser innere Kern ist so unempfindlich gegen Dekonstruktion wie Superman gegen Kugeln.

Also, DC, wenn ihr Superman für ein „modernes Publikum“ relevant machen wollt (und dabei eine Menge Geld verdienen wollt), bringt ihn wieder mit dem in Verbindung, was ihn schon immer für das menschliche Herz, das in allen Zuhörern schlägt, relevant gemacht hat. Macht ihn tugendhaft, entschlossen und stark, innen und außen.

Dies sind Zeiten, die nach Heldentum verlangen. Um uns dieser Herausforderung zu stellen, brauchen wir Geschichten von Helden, die wie Helden handeln und uns inspirieren.

Der Originalartikel erschien in The Epoch Times USA (deutsche Bearbeitung von sza)
Originalfassung: How to Make Superman Relevant

Dan Sanchez ist redaktioneller Leiter der Stiftung (FEE) für wirtschaftliche Bildung und Herausgeber von FEE.org. Dieser Artikel wurde ursprünglich auf FEE.org veröffentlicht.



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