Lotti Latrous – Botschafterin der Vergessenen

Titelbild
Leben und Sterben, Freude und Trauer © Gabriella Baumann - von Arx
Von 18. März 2005

Am 08. Januar 2005 wählte das Schweizer Volk anlässlich des „Swiss-Award“ die Schweizerin des Jahres 2004. Diesmal ist es kein prominentes Gesicht aus Film und Fernsehen. Diesmal wählte das Volk ein Herz der Nächstenliebe. Doch die einundfünfzigjährige Lotti Latrous lebt nicht in der Schweiz. Ihre Wahlheimat ist Afrika, die Elfenbeinküste.

Zentrum der Hoffnung

Abidjan, westafrikanische Millionen-Metropole im Golf von Guinea ist „Wirtschafts- und Kultur-Hauptstadt“ der Elfenbeinküste, ein „Manhattan Afrikas“. Abidjan verfügt über brodelnden Verkehr, Bürotürme und Nobelgeschäfte. Hier steht auch das wohl berühmteste Hotel Afrikas. Das „Hotel Ivoire“ mit Schwimmbad, Kasino und sogar einer Eisbahn.

Abidjan ist von herrlichen afrikanischen Wäldern umgeben. Ein Strandhaus mit Bungalows am Meer, ein riesiges Haus im Villenviertel von Abidjan, Chauffeur, Swimmingpool, Koch…für manch einen die Erfüllung eines Lebenstraumes. Lotti Latrous lebte das Leben einer privilegierten Direktoren-Gattin, in Sorglosigkeit und Wohlstand. Nach zwei Jahren konnte sie es jedoch nicht mehr ertragen, sich den Kopf über „abgebrochene Fingernägel“ zu zerbrechen. Sie empfand ihr Leben als leer, sie hatte das Gefühl, nicht gebraucht zu werden. Deshalb machte sich Lotti eines Tages auf den Weg, auf den Weg ins Armutsviertel der Stadt und fing dort im örtlichen „Mutter-Theresa“-Krankenhaus an zu arbeiten. Das Elend, das ihr dort begegnete, veranlasste sie in Adjouffou, einem der Elendsviertel von Abidjan, das AIDS-Ambulatorium „Zentrum der Hoffnung“ zu errichten. Ihr Mann unterstützte sie dabei finanziell und moralisch. Just in diesem Moment versetzte die Firma ihren Mann, einen Direktor von Nestlé, zurück nach Kairo.

Menschenliebe und Toleranz

Doch Lotti Latrous wollte das „Zentrum der Hoffnung“ nicht aufgeben. Sie traf eine Vereinbarung mit ihrem Mann und den drei Kindern: 2 Monate Kairo, 1 Monat Abidjan. Doch der Spagat gelang auf Dauer nicht. Sie wurde depressiv und weinte nur noch, fühlte sich wie eine Verräterin an den Todkranken, denn der Zeitraum zwischen Einlieferung und Tod ist manchmal sehr kurz. In dieser kurzen Zeit entsteht eine Verbindung zwischen zwei Lebewesen, die nicht mit Worten zu beschreiben ist. Es musste eine Entscheidung getroffen werden, die Familie und Ehe zwar hart trifft, aber nicht zerstört. Um seine Frau nicht zu verlieren, entschließt sich ihr Mann, sie loszulassen. Lotti zieht nach Abidjan. Ihre beiden schon erwachsenen Kinder gehen später wieder in die Schweiz. Die jüngere Tochter Sarah lebt mit dem Vater in Kairo. Sie versteht, dass die anderen kranken Kinder ohne ihre Mutter sterben würden. Lotti reist alle 3 Monate für eine Woche nach Kairo. Sie besuchen sich gegenseitig so oft wie möglich. Die Familie steht hinter ihr. Ihr Mann ist Moslem, sie ist Christin, die Kinder wachsen mit dem Glauben an Gott, Menschenliebe und Toleranz auf. Als die Familie noch in Abidjan lebte, musste Lotti einmal ein sechs Wochen altes Kind begraben. Die kleine Sarah fragte die Mutter, was sie mit der Holzkiste mache. Lotti hat es ihrer Tochter erkläert und gesagt, dass sie es gut fände, wenn man zu dem Baby noch ein Stofftier legen könnte. Die kleine Sarah holte ihren Lieblingsteddy.

Ein Sterbehospital für die Verstoßenen

Die Slums von Abidjan sind wie die Slums irgendwo in Afrika. Das Leben spielt sich draußen ab, stinkende Fäkalienrinnen, baufällige Hütten für bis zu 8 Personen auf 2 x 2 Metern, ständige Gewalt. Etwa alle zwei Tage gibt es einen Teller Reis zu essen, preislich gleichzusetzen mit dem Wert eines Kondoms, mehr braucht man zum Thema Hygiene und Verhütung nicht zu sagen. Ende 2002 richtete Lotti Latrous ein Sterbehospital ein. Hierher kommen die Verstoßenen, die überall in den Hütten der Slums in den Ecken herumliegen, eingewickelt in Müllsäcke, abgemagert auf 20-25 kg, den Körper mit offenen Wunden übersät und gezeichnet von Verwesung, Fäulnis und Würmern. Lotti Latrous gibt ihnen ein Bett, Essen, Kleidung und ein bisschen Würde. Sie begleitet die Menschen bis zum Schluss, hält sie in ihren Armen und gibt ihnen die lang ersehnte Zuneigung. Hier können sie in Frieden sterben. Die AIDS-Statistik schreibt traurige Rekorde: In Afrika sterben täglich etwa 6.300 Menschen an AIDS und 8.500 infizieren sich neu, davon sind 1.400 neugeborene Babys, infiziert während der Geburt oder über die Muttermilch.

Mütter-Patenschaften

Lottis neuestes Projekt ist ein Mütter- und Kinderheim. Heutzutage könnten viele dieser Aidskranken durch eine sogenannte Dreifachtherapie gerettet werden Doch die Mütter in den Slums können die 80 Euro pro Monat niemals aufbringen. Um den Kindern ihre Mütter zu erhalten, sucht Lotti Latrous Mütter-Patenschaften, Vierergruppen, die sich verpflichten monatlich jeweils 20 Euro auf das Spendenkonto einzuzahlen. Ein derartiges Engagement muss jedoch ernsthaft und langfristig sein, wird die Therapie abgebrochen, stirbt die Mutter. Wer sich für dieses Engagement interessiert, findet Hinweise unter www.lottilatrous.ch oder schreiben sie an: Qualita Treuhand „Patenschaften“, Münchhaldenstraße 19, 8008 Zürich, Schweiz.



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