„Mode ist vergänglich. Stil niemals.“

Vor vierzig Jahren starb die größte Modelegende des zwanzigsten Jahrhunderts: Mademoiselle Coco Chanel. Ihre Eleganz und Treffsicherheit wurden oft zitiert. Und nie erreicht.
Titelbild
Die Schauspielerin Anna Mouglalis als Coco Chanel im Film "Coco Chanel - Igor Stravinsky".Foto: AP Photo/Regine Abadia/Eurowide Productions
Von 11. Januar 2011

Als resolute, junge Frau schwamm Coco Chanel auf der Welle der Emanzipation und des Aufbruchs mit, die der erste Weltkrieg der Mode gebracht hatte: Die rüschige Frauenmode der Jahrhundertwende, war samt ihren übertrieben geschnürten Korsetts und pompös gefiederten Hüte von neuen Notwendigkeiten hinweggefegt worden. Denn Frauen, die auf einmal die Arbeit ihrer ins Kriegsgeschehen verstrickten Männer übernehmen mussten, brauchten praktische Kleidung.

Obwohl sie mit burschikosem Kurzhaarschnitt, wadenlangen Röcken und lose gegürteten Blusen voll auf die Vermännlichung der Damenmode einstieg, gelang es Coco Chanel, im immer glatter werdenden Funktionalismus des 20.Jahrhunderst, Standards femininer Eleganz zu setzen. Ihr Motto:

„Die selbstsichere Frau verwischt nicht den Unterschied zwischen Mann und Frau – sie betont ihn.“

Als Gabrielle Bonheur Chanel, war die früh verwaiste Tochter armer Leute, höchstwahrscheinlich am 19. August 1883 in Saumur geboren worden. Sie verbreitete verschiedene beschönigte Versionen ihrer harten Kindheit. Im Waisenhaus eines katholischen Klosters hatte sie den Beruf der Näherin gelernt. Ihr Karrieresprungbrett sollte allerdings die Bar „Rotonde“ in Moulins werden, wo sie als Sängerin auftrat und glücklicherweise die richtigen Männer traf…

„Die meisten Frauen wählen ihr Nachthemd mit mehr Verstand als ihren Mann.“

Chanel suchte sich Freunde, die ihr beim Aufbau eines eigenen Geschäftes halfen: Ihr erstes Hutatelier eröffnete sie mit Startkapital ihres Geliebten Etienne Balsan, einem Pariser Industriellensohn, der ihr dazu seine Wohnung zur Verfügung stellte. Ihr erstes Pariser Modehaus finanzierte sie 1911 mit einem Kredit ihres nächsten Freundes, des britischen Bergwerksbesitzers Arthur („Boy“) Capel, den sie schon bald abzahlen konnte nachdem ihr Geschäft zu laufen begann: Vor allem ihre Kleider aus Baumwolljersey, die sie im Badeort Deauville verkaufte, wurden ein Erfolg.

„Ein Mann kann anziehen, was er will – er bleibt doch nur ein Accessoire der Frau.“

Apropos Accessoires: Sie war es, die die einst indiskutable Grenze zwischen Modeschmuck und echten Juwelen durchbrach und anfing, echte und falsche Perlenketten gleichzeitig zu tragen (wobei stets gerätselt wurde, was von ihren Massen an Schmuck echt war).
Den gebräunten Teint machte sie ebenfalls salonfähig, denn selbstbewusst wie sie war, wirkte die einst als bäuerlich verpönte Farbe an ihr sportlich elegant.
Von zeitlos spröder Schönheit war auch ihr berühmtes Parfum „Chanel Nº 5″, dass 1921 auf den Markt kam und von Ernest Beaux komponiert worden war. Zum ersten Mal sollte sich ein Duft durchsetzten, den anstatt Blumen ein Aldehydakkord dominierte. Heute gilt „Chanel Nº 5″ als erfolgreichster Damenduft aller Zeiten, der sich noch immer auf den Spitzenrängen der 10 meistverkauften Parfüms behauptet.

„Heirate niemals einen Mann, der eine Börse fürs Kleingeld besitzt!“

Chanel heiratete tatsächlich niemals, Affären und Beziehungen hatte sie jedoch mit so schillernden Persönlichkeiten wie Igor Strawinsky, Großfürst Dmitri Pawlowitsch Romanow (Neffe des Zaren) und Hugh Richard Arthur Grosvenor, dem Herzog von Westminster.

Geschichtsträchtig wurde ihre Liaison mit Hans Günther Freiherr von Dincklage, Sonderbeauftragter des Reichspropagandaministeriums in Frankreich, die im Zweiten Weltkrieg stattfand. Doch die „Operation Modellhut“, bei der Chanel Winston Churchill zu geheimen Gesprächen über einen Deutsch-britischen Separatfrieden einladen sollte, scheiterte im Dezember 1943 an einer Lungenentzündung Churchills. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Chanel als Kollaborateurin verhaftet und musste Jahre im Schweizer Exil verbringen, bevor sie 1954, nach 15jähriger Pause, ins Modegeschäft zurückkehrte. Mit 71 Jahren, kreierte sie dann ihr wahres modisches Vermächtnis: Das Chanelkostüm, eine elegante Kombination aus Kastenjacke und ausgestelltem Rock.

„Die allermutigste Handlung ist immer noch, selbst zu denken. Laut.“

Chanel strickte schon zu Lebzeiten eifrig an Legenden, die sie und ihre Designs umranken. So behauptete sie, die Frauen vom Korsett befreit zu haben, und reklamierte auch die Erfindung des „kleinen Schwarzen“ für sich. Zumindest lag sie richtig, als sie 1926 in der Vogue das Foto eines kurzen schwarzen Kleides mit der Prophezeiung versah, es werde „eine Art von Uniform für alle Frauen mit Geschmack werden“. Karl Lagerfeld vermutet die Vorläufer des Welterfolgs allerdings eher in den Witwenkleidern des ersten Weltkriegs. Heute endet das Kleine Schwarze gemeinhin über dem Knie, bei Chanel endete jedoch jeder Rock eine Handbreit unter dem Knie, denn: „Das hässlichste an einer schönen Frau sind ihre Kniekehlen.“

„So stirbt man also“, sollen die Worte gewesen sein, mit denen sich die 87-jährige Mademoiselle von der Welt verabschiedete: Sie tat dies am 10. Januar 1971 in ihrer nie aufgegebenen Wohnsuite im Pariser Hotel Ritz.



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