Sie ist noch nicht vorüber

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(Peter Macdiarmid/Getty Images)
Von 22. September 2009

Der Zusammenbruch der Märkte begann im September 2007, aber es war eine schleichende Katastrophe, die mit der Euphorie von Finanzblasen begann, die die Gesetze der Schwerkraft außer Kraft zu setzen schienen, weil die Kurse immer nur stiegen.

Als die Märkte ganz oben waren, gab es nur wenige Pessimisten. Der Ökonom Brad Delong gehörte zu den wenigen, die uns daran erinnerten, dass „Institutionen und menschliche Psychologie die Finanzmärkte dazu bringen, zwischen ausgeprägter Habgier und katatonischer Angst hin und her zu springen.“

Der Boom auf dem Wohnsektor begann im Jahre 2001, als durch eine Kombination von niedrigen Zinsraten, die von der Federal Reserve unter Alan Greenspan eingeführt wurden, massiven, räuberischen Subprime-Krediten durch Schatten-Kreditgeber und Finanzinstitutionen und die sogenannte Markt-„Innovation“ in Form von exotischen Derivativen, Verbriefungen und Deregulierungen, die Profite im Finanzdienstsektor auf immer neue Höhen getrieben wurden.

„Finanzwirtschaftliches Monstrum”

Als ein Prozess, den man Finanzwirtschaftlichkeit nannte, mehr und mehr Macht in die Hände der  Wirtschaftsarchitekten der Wall Street spielte, wurden die Folgen weitgehend nicht zur Kenntnis genommen.

Dr. Nouriel Roubini von der New York University nannte man „Dr. Unheil“, weil er das  Emporkommen eines „finanzwirtschaftlichen Monstrums“ voraussagte, das nicht zu halten wäre.

Roubini kam zu folgendem Schluss: „Verknüpfe ein undurchsichtiges und unreguliertes globales Finanzsystem, in dem sich moderate Verschuldungsgrade von Privatanlegern auf Verschuldungsgrade von über 100 Prozent auftürmen; füge dieser Giftmischung Investitionen zu, die in den Bereich der unsichersten, undurchschaubarsten, falsch beurteilten, nicht einzuschätzenden, komplexen, esoterischen Kreditderivativen gehören, die kein Investor richtig einschätzen kann, dann hast du ein finanzwirtschaftliches Monstrum geschaffen, das höchstwahrscheinlich zu Unsicherheit, Panik, Markteinbrüchen, Liquiditätskrisen, Systemkrisen und Schädigung der Wirtschaft führen wird.“

Doch er und viele andere ließen den grundlegenden strukturellen Problemen der Wirtschaft der USA, die zu ihrem Zusammenbruch führten, nicht die erforderliche Aufmerksamkeit zukommen.

Stephen Lendman vom Global Research hat einige von ihnen aufgelistet: „Steigende Verbraucherschulden, Rekorddefizite im Haushaltsplan und den laufenden Ausgaben, eine sehr hohe Staatsverschuldung, viel höher als offiziell berichtet, eine hohe und immer noch steigende Zahl von persönlichen Insolvenzen und fehlende Hypothekendarlehen, riesige Schuldenübernahmen durch die Regierung, die wir mit unseren Steuergeldern finanzieren müssen, der Verlust von Herstellungsbetrieben und hoch bezahlten Jobs an Billiglohnländer, ein langfristiger Niedergang der Wirtschaft, 84 Prozent der Jobs im Dienstleistungssektor mit geringer Bezahlung, die nicht gewerkschaftlich organisiert sind; eine noch nie da gewesene Schere zwischen Arm und Reich; wachsende Armutszahlen im reichsten Land der Welt; ein Rückgang der wichtigsten Sozialleistungen.“

Als die Finanzmärkte unbeständiger wurden, begann ein Einfrieren der Kredite, und ein Ereignis außerhalb der Vereinigten Staaten kündigte die größere globale Krise an: Kunden standen vor der Northern Rock Bank in London Schlange und verlangten ihr Geld zurück.

Sturm auf die Banken

Sofort pumpte die Bank von England Geld nach, gerade mal einen Tag nachdem sie die anderen gewarnt hatte, im Namen der Regeln der „moralischen Gefährdung“  jenen Darlehensgebern, die in unverantwortliche Praktiken verwickelt waren, nicht aus der Klemme zu helfen.

Ein Insider der Wall Street erzählte mir: „Vor einem Jahrhundert konnte man eine Bankkrise noch daran erkennen, wie lang die Schlange vor der Bank war. Heutzutage wird eine Finanzpanik eher mit massiven Verkäufen an Aktien-, Anleihe- oder Währungsmärkten ausgetragen, anstatt den althergebrachten Bankanstürmen.“

Die britische Regierung war gezwungen, die Northern Rock zu retten, nachdem sie zusammengebrochen war.

Die Bänker wussten, wie schlimm das war. Jim Glassman von JP Morgan: „Der Sturm auf die Kreditmärkte ist viel gefährlicher als alles, was wir bisher gesehen haben.“

Die Zeitungsberichte wurden immer negativer. Der Sydney Morning Herald in Australien berichtet in „Wie faule Kredite die Welt infiziert haben“: „Der Schmetterling der Zwangsvollstreckung flatterte in einer amerikanischen Kleinstadt mit seinen Flügeln und löste einen Hurrikan aus, der das Bankensystem der Welt zerfetzte.“

In vielen Staaten machten zornige Kritiker die USA verantwortlich für den weltweiten Export einer Art „finanziellem Aids“.

Luiz Inacio Lula da Silva, der brasilianische Präsident, gab „den weißen Männern mit den blauen Augen an der Wall Street“ die Schuld.

„Ich glaube, dass es ein systemisches Schuldenproblem gibt und dass man Jahre braucht, um es zu lösen – und die Federal Reserve kann diese Angelegenheit nicht in Ordnung bringen“, sagte Richard Bove, ein Bankanalyst.

Auch Michael Bloomberg, Bürgermeister von New York City und Finanzguru, sagte, die Ursachen lägen tiefer.

Er glaubte, die globale Kreditkrise hatte mit der öffentlichen Verschuldung genauso viel zu tun wie mit dem Niedergang des US-Subprime-Marktes. Der Medienmilliardär und Geschäftsmogul sprach auf einer Konferenz der konservativen Partei in Großbritannien über den „Wahnsinn“ der Schuldenhöhe in den Vereinigten Staaten und im Vereinigten Königreich.

„Dies ist keine Hypothekenkrise,“ erklärte Bloomberg. „Es ist eine Vertrauenskrise, in der wir alle zusammen stecken.“

Rettungsaktionen

Washington reagierte mit Zinssenkungen und Finanzspritzen von Milliarden für die Banken, zeitgleich mit ähnlich stimulierenden Bemühungen der Zentralbanken anderer Länder.

Trotzdem machten die Kreditmärkte dicht und das Problem blieb ungelöst. Geschäfte schlossen, einige gingen in Insolvenz und Arbeitsplätze wurden gestrichen.

Im März 2008 war Bear Stearns die erste der großen Banken, die zusammenbrachen. Andere folgten und viele, wie auch der Versicherungsgigant AIG, mussten mit staatlicher Hilfe gerettet werden.

Hypotheken-Giganten wie Fannie Mae und Freddie Mac brachen als nächstes zusammen.

Plötzlich richtete sich das Augenmerk der ganzen Welt auf den Zusammenbruch der Wall Street. Lehman Brothers wurden nicht gerettet – was mit ihren vielen „Gegenparteien“ eine weltweite Welle auslöste – und wurden bald in den Bankrott getrieben.

Die Bank of America kaufte Merill Lynch in einer Transaktion die immer noch in Frage gestellt wird.

Am 19. September kündigte die Bush-Regierung einen 700-Milliarden-Dollar-Rettungsplan an, um der Krise zu begegnen.

Ben Bernanke, der Vorsitzende der Federal Reserve, soll später privat geäußert haben, dass sie so gehandelt hätten, um einen unmittelbar bevorstehenden Kollaps zu verhindern – nämlich eine neue Depression.

Öffentlich gab er sich zurückhaltender und erklärte: „Sollten die finanziellen Konditionen nicht ausreichen, um einen längeren Zeitraum zu überbrücken, könnten die Folgen für die Gesamtwirtschaft ungünstig sein.“

Zu Anfang wurde das Ganze nur als finanzielles Problem angesehen, aber bald kam es auch zu einer sozialen Krise. Staaten und Städte begannen, wesentliche Dienstleistungen zu kürzen, als die Steuereinnahmen fielen.

Börsenstürze an den Märkten

Dann fiel der Dow um 777,68 Punkte, der größte Tagesverlust in seiner Geschichte.

Dieser Rekordverlust kam zustande, nachdem das US-Repräsentantenhaus gegen den von der Regierung vorgeschlagenen Rettungsplan gestimmt hatte.

Im April 2008 verzeichnete der Internationale Währungsfonds einen Verlust von 945 Milliarden Dollar durch die Finanzkrise. Die G7-Minister einigten sich auf neue Art der Finanzregulierung, um einem langwierigen Abwärtstrend entgegen zu wirken.

Als in den Vereinigten Staaten offiziell von einer Rezession gesprochen wurde, strömten die amerikanischen Verbraucher weniger zahlreich in die Einkaufszentren und ließen unsere verbraucherorientierte Wirtschaft noch schneller einbrechen.

Weltweit gab es einen ähnlichen Effekt – das sinkende Wachstum wurde dramatisch.

Banken in vielen Ländern, die sich bei den US-Immobilien- und niederwertigen Subprime-Hypotheken in den USA eingekauft hatten, berichteten ebenfalls über riesige Verluste.

Es war wie das Zusammenfallen eines Kartenhauses.

Im ersten Quartal 2009 betrug der auf das Jahr bezogene Rückgang des Bruttoinlandsproduktes in Deutschland 14,4 Prozent, 15,2 Prozent in Japan, 7,4 Prozent im Vereinigten Königreich, 9,8 Prozent in Europa und 21,5 Prozent in Mexiko.

Die Weltbank berichtete, dass die arabische Welt bis März 2009 drei Billionen Dollar durch die Krise verloren habe.

Im April 2009 wurde die Arbeitslosigkeit in der arabischen Welt mit einer „tickenden Zeitbombe“ verglichen, und nach Aussagen der arabischen Arbeiterorganisation gehörte sie zu den am härtesten getroffenen Gebieten in der Welt.

Einen Monat später berichteten die Vereinten Nationen über einen Rückgang ausländischer Investitionen im Mittleren Osten, weil die Ölnachfrage geringer war als erwartet.

Im Juni sagte die Weltbank ein schweres Jahr für die arabischen Staaten voraus.

Wirtschaftswende?

Im August 2009 begannen die Finanzminister der Welt, den Sieg zu erklären, weil sie Zeichen für eine Verlangsamung des wirtschaftlichen Rückgangs sahen.

Einige machten sogar vorsichtige Vorausberechnungen über eine Erholung.

Die Höhe des verlorenen Geldbetrages ist Gegenstand vieler Debatten, weil diejenigen, die Bescheid wissen, es nicht geschafft haben, sich zu einigen, was in der Endabrechnung stehen soll.

Eine Schätzung der Finanzhilfen der Zentralbanken auf der ganzen Welt, die sogenannten Konjunkturpakete, und risikoreiche Gelder, die gegen Schulden ausgetauscht wurden, sowie die wackeligen Derivativprodukte ergeben zusammen einen Gesamtbetrag von 196,7 Billionen Dollar – und das könnte noch als  niedrig eingestuft werden.

In den USA steigt die Arbeitslosigkeit, die Zwangsvollstreckungen häufen sich, und ebenso die Konkurse. Viele Journalisten, Politiker und Wirtschaftsexperten scheinen die Tatsache zu beklagen, dass adäquate finanzielle Reformen und Neuregelungen erst stattfinden müssen.

Zu der Tatsache, dass trotz der nachgewiesenen massiven Betrügereien auf dem Immobilienmarkt  nur wenige Verantwortliche ins Gefängnis gekommen sind,  sagte Peter Schiff, ein konservativer Finanzier: „Niemand wurde für die Finanzkrise, von der Professoren, Experten und Politiker gesagt hatten, sie werde nicht kommen, zur Verantwortung gezogen.“

„Dieselben Leute treiben ihr Spiel weiter, ändern andauernd die Regeln und bleiben so an der Spitze.“

Paul Krugman, der liberale Wirtschaftswissenschaftler der New York Times, äußerte sich ähnlich: „Washington hat nichts getan, um uns vor einer neuen Krise zu bewahren, sondern hat die Möglichkeit einer neuen Krise begünstigt.“

„Es hat viele Berichte über das gegeben, was Wall Street-Unternehmen getan haben und dass sie auch weiter in ihre eigenen Taschen wirtschaften, und nur wenige Berichte über strafrechtliche Untersuchungen, als ob diese Unternehmen über Überprüfungen stünden.“

Viele der größten Banken sind schon wieder dabei, gigantische Bonuszahlungen zu leisten und Abfindungsprämien in Rekordhöhe zu gewähren. Obwohl sich schon vieles geändert hat, so ist doch eine Menge genau gleich geblieben.

Am 22. September warnte US-Präsident Obama: „Wenn wir keine Reform für die Regulierung in der Finanzwelt durchsetzen, handeln die Banken genau so wie vorher.“

„In gewisser Weise könnte es noch schlimmer kommen, weil sie jetzt wissen, dass die Bundesregierung sie für zu mächtig hält. Und wenn das der Fall ist, könnten sie noch größere Risiken eingehen, falls ihnen nicht durch strenge Regulierungen die Hände gebunden werden.“

An diesem „Jahrestag“ gibt es wenig zu feiern. Die Leute, die sich in der Finanzwelt auskennen, werden zwischen Hoffnung und Verzweiflung hin und her geworfen – zwischen der Hoffnung, dass bald eine Wende eintritt und der Angst vor der Möglichkeit einer noch größeren Krise.

Sie wissen jedoch alle ganz genau, dass es noch keine strukturelle Änderung und Regulierungsvorschriften gibt. Wie die Amerikaner häufig sagen: „Wir sind aus dem Gröbsten noch nicht heraus.“

News Dissector Danny Schechter ist Herausgeber von Mediachannel.org. Er dreht gerade einen Film und beendet sein Buch über die Finanzkrise als Verbrechensgeschichte. Schreiben Sie an:  [email protected].

Originalartikel (englisch): http://www.theepochtimes.com/n2/content/view/22525//

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