Geschichtsstunde im Kino mit Joachim Gauck

Berlin (dpa) - Georg Elser - wer? Ähnlich wie Maximilian aus Berlin ging es lange Jahre Joachim Gauck. Erst als Erwachsener habe er von dem Widerstandskämpfer gehört, erzählt der Bundespräsident. Der 14-jährige Maximilian setzte sich vor…
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Bundespräsident Joachim Gauck (l) und der Schauspieler Christian Friedel nahmen nach der Filmvorführung «Elser - Er hätte die Welt verändert» an einer Diskussionsrunde mit Schülern teil.Foto: Britta Pedersen/dpa
Epoch Times23. April 2015
Georg Elser – wer? Ähnlich wie Maximilian aus Berlin ging es lange Jahre Joachim Gauck. Erst als Erwachsener habe er von dem Widerstandskämpfer gehört, erzählt der Bundespräsident.

Der 14-jährige Maximilian setzte sich vor kurzem an seinen Computer und googelte. Was er las, faszinierte ihn: „Er lehnte sich gegen Hitler auf. Das traute sich nicht jeder“, sagt der Gymnasiast kurz bevor er sich gemeinsam mit Gauck in ein Berliner Kino setzt: Auf der Leinwand läuft der Film „Elser – Er hätte die Welt verändern können“.

Der Streifen zeichnet das gescheiterte Attentat Elsers auf Adolf Hitler von 1939 nach. 650 Schüler aus ganz Deutschland sitzen am Mittwochabend im Zoo Palast. Gauck bedauert, dass das Schicksal „so besonderer Menschen“ im Dritten Reich lange nicht bekannt gewesen sei. Der Film von Regisseur Oliver Hirschbiegel beleuchtet Elsers Leben.

„Ein einziger Satz steht über ihn im Geschichtsbuch“, empört sich die Potsdamer Geschichtslehrerin Helga Grünebaum. Sie sitzt mit ihrer Klasse im Kino hinter Gauck. Mit ihren Schülern habe sie sich ausführlich mit dem Widerstandskämpfer auseinandergesetzt. Elser versuchte am 8. November 1939, Hitler mit einem Sprengsatz per Zeitzünder im Münchner Bürgerbräukeller zu töten. Das Attentat scheiterte, weil der Diktator den Ort früher als erwartet verließ. „Wir haben lebhaft darüber diskutiert“, sagt die Lehrerin.

Elser wurde verhaftet und wenige Wochen vor Ende des Zweiten Weltkriegs, am 9. April 1945, im Konzentrationslager Dachau ermordet. Bei Szenen im Film, in denen der Widerstandskämpfer mit Folter zu einem Geständnis gezwungen wurde, geht ein Raunen durch die Reihen der Schüler. „Ich wollte mit meiner Tat nur ein noch größeres Blutvergießen verhindern“, rechtfertigt Elser in einer Szene seine Tat. Gespielt wird er von Christian Friedel, der ebenso im Publikum sitzt wie der US-Botschafter in Deutschland, John Emerson. Der Film ist seit Anfang April in den Kinos zu sehen.

Nach Einschätzung des Leiters der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Johannes Tuchel, hätte es die Weltgeschichte verändert und Millionen Menschen gerettet, wenn Hitler bei dem Attentat getötet worden wäre. „Der Krieg wäre wahrscheinlich fortgeführt worden, aber nicht in der mörderischen Form.“ Im Zweiten Weltkrieg wurden 55 Millionen Menschen getötet.

Der Bundespräsident muss nach der Vorstellung tief Luft holen. Er stellt sich den Fragen der Schüler. Manche lassen aufhorchen. So wird Gauck mit Blick auf die Krise in der Ukraine gefragt, ob es im Fall eines Attentats auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin in 70 Jahren auch einen ähnlichen Film wie den über Georg Elser geben könnte. Russland wird vorgeworfen, die Separatisten im Osten der Ukraine zu unterstützen.

Gauck stellt schnell klar: Der Film mache keine Reklame für Attentate. So etwas sei zur Lösung politischer Konflikte nicht geeignet. „Töten ist kein Element des politischen Agierens“, bekräftigt er. Die Jugendlichen sollten sich glücklich schätzen, nicht in der Zeit von Georg Elser zu leben, unterstreicht er. „Unsere Probleme sind händelbare Probleme.“ Einige Schüler sagen danach über Gauck, er sei „cool drauf“.

Immer wieder wird er nach der Gefahr von Rechtsextremen heute gefragt. Wichtig sei, „dass überall im Land, wo die Rechtsradikalen auftreten, 10 Mal und 20 Mal mehr Menschen da sind, die gegen sie stehen.“ Der Elser-Schauspieler Friedel ergänzt mit Blick auf den Anschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Tröglitz in Sachsen-Anhalt: „Es freut mich, dass Menschen friedlichen Widerstand leisten.“ Diese Einstellung findet der 17-jährige Schüler Dennis aus Berlin richtig: „Man darf sich ja nicht alles gefallen lassen.“

(dpa)

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