Kolumne vom Freischwimmer: Enttäuschung. Und was dann?

In der vergangenen Woche wurde ich mächtig enttäuscht. Ich konnte es kaum fassen, dass die Lüge und die Ungerechtigkeit mal wieder gesiegt hatten. Diese Enttäuschung war so groß, dass ich nach oben in den Himmel schaute und wütend die Frage stellte warum „er“ nicht endlich einmal die großen Verbrecher mit einem Blitzschlag …
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Marionette - geführt von wem?Foto: iStock
Von 24. Januar 2021

Nun, nach ein paar Tagen, frage ich mich, was es überhaupt mit Enttäuschungen auf sich hat.

Es gibt kleine Enttäuschungen die man relativ schnell überwinden kann. Man kann zum Beispiel mit der Familie nicht in den Urlaub fahren. Oder der Freund veranstaltet zu seinem Geburtstag doch keine Party, auf die man sich sooo gefreut hatte. Oder der Fußballverein hat mal wieder verloren, weil die Spieler nicht alles gegeben haben. Das sind alles normale Enttäuschungen und gehören zum Leben dazu.

Aber es kann auch größere geben und man bekommt den Arbeitsplatz nicht, den man sich so sehr gewünscht hat. Oder man wird krank. Oder der Partner / die Partnerin verhält sich gerade nicht so, wie man es erwartet hat.

Auch wenn man jahrelang an einer Sache gearbeitet hat und dabei von seinen Mitstreitern im Stich gelassen wurde, ist das bitter. Es gibt auch Menschen, die sich in etwas hineinsteigern und dann aufgrund ihrer Leidenschaft enttäuscht werden.

Andere wiederum haben erwartet, dass sie reich werden würden, wenn sie ihr Geld irgendwelchen Dienstleistern überlassen, damit diese für sie spekulieren können. Nach ein paar Jahren müssen sie jedoch schmerzlich feststellen, dass sie doch nicht reich geworden sind und dass die Versprechungen des Dienstleisters nur dazu geführt haben, dass man nun noch weniger Kohle hat.

„Die meisten Enttäuschungen haben ihre Ursache in übertriebenen Erwartungen.“ (Erich Limpach)

So ist das aber nunmal: wenn man etwas unbedingt und unter allen Umständen haben will oder wenn man zu sehr an irgend etwas hängt, ist die Gefahr enttäuscht zu werden, sehr groß. Dies ist ein nicht zu unterschätzender Punkt, denn wenn man sehr lange und sehr intensiv an einem Ergebnis festhält, ist man selbstverständlich sehr enttäuscht, wenn man es nicht erreicht. „Das muss aber jetzt; aber jetzt muss das aber …“ – dann hat man sich möglicherweise in etwas verrannt, ohne die Anzeichen sehen zu wollen, dass doch alles nur auf wackeligen Füßen steht …

„Eine Enttäuschung ist auch etwas Gutes, weil sie uns von einer Täuschung befreit.“ (Detlev Fleischhammel)

Oder man hat seine Liebe für eine sehr lange Zeit an eine Person verschwendet die es gar nicht zu schätzen weiß und die es nicht wert war, dass man ihr ständig hinterher gelaufen ist. Täglich hat man um ihre Zuneigung gebettelt, aber es ist trotzdem nichts dabei raus gekommen. Immer wieder hat man sich selbst eingeredet, es könne doch noch irgendwie werden. „Wenn ich mir noch mehr Mühe gebe, wird sie mich bestimmt erhören“. Man hat noch mehr und noch mehr investiert und sich dabei jedoch nur noch mehr und noch mehr zum Trottel gemacht.

Das gilt übrigens auch für kleine Kinder, die ihr Leben lang vergeblich um die Liebe ihrer gefühlskalten, abweisenden, herrschsüchtigen oder narzistischen Eltern gebettelt haben. Das ist wirklich sehr enttäuschend und manche nehmen das als eine Art Ohnmacht wahr.

Es ist schlimm, wenn man feststellen muss, dass man doch nur ausgenutzt oder betrogen wurde; dass man nicht als wertvoller Mensch wahrgenommen wurde sondern nur als ein Ding, was man beliebig benutzen und danach einfach wegwerfen kann.

Derartige Erkenntnisse können sehr, sehr schmerzlich sein und es fühlt sich an, als würde ein Teil in uns absterben. Andere empfinden dies als ein riesiges Gefühls-Chaos. Einige können sogar dermaßen enttäuscht sein, dass sie keinen Ausweg mehr sehen: „Ich habe keine Kraft mehr“ oder „nun ich kriege mein Leben nicht mehr geregelt“.

„Enttäuschung, tödliche Wunde oder Heilschmerz?“ (Manfred Hinrich)

Aber wie alles im Leben hat auch die Enttäuschung zwei Seiten. Es ist wie das ewige Ying und Yang. Falls man nämlich dazu bereit wäre, sich alles einmal genauer zu betrachten, steckt da durchaus etwas drin, was uns bei der charakterlichen Weiterentwicklung helfen kann.

„Man erlebt immer wieder Enttäuschungen, aber man lernt auch immer besser damit umzugehen.“ (Donatien Alphonse Francois de Sade)

Zuerst einmal sollte man akzeptieren, dass man enttäuscht wurde, um anschließend einen inneren Abstand herstellen zu können. „Ok – das ist blöd gelaufen, aber davon hängt nicht mein Überleben ab.“ Versuchen Sie, aus der Situation raus zu gehen und sich selbst erst einmal zu beruhigen. Lassen Sie Ihre inneren Verletzungen heilen und vertrauen Sie darauf, dass Ihr Leben trotzdem weiter geht – auch wenn man derb enttäuscht wurde.

„Zwei Enttäuschungen an einem Tag. Und ich freue mich über diese zwei Schritte hin zu mir selbst.“ (Irina Rauthmann)

Wenn Sie dann innerlich wieder etwas zur Ruhe gekommen sind, schauen Sie genau hin, ob diese Sache wirklich eine realistische Aussicht auf Erfolg hatte oder ob es nur ein Wunschdenken war. Manche Enttäuschungen haben zweifellos etwas mit unseren eigenen Anschauungen oder Erwartungen zu tun. Auch werden wir durch sogenannte „Glaubenssätze“, welche wir uns in unserem ganzen Leben bewusst oder unbewusst angeeignet haben, geleitet. Glaubenssätze kann man auch Überzeugungen, Anschauungen oder innere Einstellungen nennen. „Das muss jetzt aber so werden, weil ich das so will!“ Klappt es dann – aus welchen Gründen auch immer – nicht so wie wir uns das vorgestellt haben, so sind wir enttäuscht. Erwartungshaltungen können ebenso zu schweren Enttäuschungen führen. Auch zu starke Wünsche!

Das muss jedoch jeder für sich selbst herausfinden, ob diese Sache nur ein großer Wunsch war oder ob es in der Tat eine realistische Chance auf Erfolg gab. Dann wird man wieder ein bisschen klüger. „Probieren – Rückschläge hinnehmen – enttäuscht sein – analysieren – aus Fehlern lernen – und dann besser machen“. Ich glaube, das Ganze nennt man „Leben“.

„Wer immer wieder seine alten Fehler macht, wird immer wieder aufs neue enttäuscht werden.“ (Ernst Ferstl)

Um Tiefschläge besser überwinden zu können, hilft es, wenn Sie sich nützliche Fragen stellen: „Was ist für ein Platz entstanden, wenn diese Sache jetzt wegfällt und wie (oder womit) kann ich diesen Platz neu auffüllen? Wie wichtig wird diese Enttäuschung in einem Jahr oder in drei Jahren noch sein? Was wäre passiert, wenn ich diese Enttäuschung nicht gehabt hätte?“

Es ist auch lohnend, wenn man sich alles einmal aus einem anderen Blickwinkel betrachtet: „Ok – ich habe diesen Arbeitsplatz nicht bekommen. Dann sollte es eben so sein und vielleicht wartet ja noch ein besserer auf mich.“ Oder: „Natürlich ist es ärgerlich, dass mir Ragnar-Fridolin die 20 Euro nicht wieder zurück gibt, welche ich ihm geborgt habe. Aber habe ich mir nicht gerade mit diesem Geld einen Blick auf seinen wahren Charakter gekauft? Jetzt weiß ich, wie er wirklich ist, und ich werde nicht noch einmal auf ihn hereinfallen.

Außerdem meidet er mich, weil er mir die Kohle nicht mehr zurückgeben will. Habe ich mir nicht gerade für 20 Euro meine Ruhe vor ihm erkauft!?!“

„Ent-Täuschung = frei von Täuschung = frei von selbstgebauten Erwartungen = frei von selbsterdachten Bildern = frei von Illusionen = frei von Projektionen“. (Anita Ludwig)

In Partnerschaften ist es genauso. Je unkontrollierter und erwartungsvoller man in die vermeintlich große Liebesbeziehung einsteigt, um so mehr kann man enttäuscht werden. Deshalb gab es früher den Spruch: „Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich das Herz zum Herzen findet“. Auch kann man sich selbst einmal fragen, warum man wiederholt in Beziehungen hinein schlittert, in denen man immer wieder enttäuscht wird. „Habe ich es etwa den anderen zu leicht gemacht, dass sie mich verletzen können?“

Oder haben wir etwa zu hohe Erwartungen und Ansprüche an unsere Lebenspartner? Dann würden diese mit Sicherheit irgendwann enttäuscht …

Wenn wir lernen, so mit unseren Enttäuschungen umzugehen, werden wir uns zwangsläufig weiter entwickeln. Stück für Stück wird es besser, wenn wir danach herausgefunden haben, dass dieser Mensch oder diese Sache doch nicht gut für uns war, oder dass wir uns zu sehr von unserem Wunschdenken leiten ließen. Probieren geht über studieren. Werfen Sie die Flinte nicht gleich ins Korn! Betrachten Sie es doch einfach als eine Fahrt mit der Bahn. Diese Wegstrecke war nicht so gut, dann steige ich eben an der nächsten Station um. Klug wäre es dabei jedoch, wenn wir die gleichen Fehler dann nicht mehr machen würden.

„Jede durchdachte Enttäuschung beinhaltet die Erkenntnis, den ersten Schritt in die richtige Richtung getan zu haben.“ (Gerd Groß)

Das eben geschilderte bezog sich auf den persönlichen Bereich. Haben wir uns bei einer Sache geirrt? War unser Ausgangspunkt richtig? Haben wir uns in einem Menschen getäuscht? Haben wir uns etwa selbst etwas vorgemacht? Dies sind alles sehr wichtige Fragen! Doch sie sind nur die halbe Wahrheit, denn da draußen gibt es viele Leute, die uns bewusst etwas vormachen; die uns wissentlich täuschen, die lügen und die vorsätzlich versuchen, uns ein x für ein u vorzumachen. In der Wirtschaft sowie in der Politik.

Auch von diesen Verbrechern kann man enttäuscht werden.

Ein gutes Beispiel dafür ist die DDR. Viele Menschen haben dort den Genossen innerhalb des Politbüros geglaubt und waren dann nach dem Mauerfall von der Korruptheit und Verlogenheit dieser Personen stark enttäuscht. Sie hatten wirklich daran geglaubt und deshalb war ihre Enttäuschung niederschmetternd. Haben wir bei unseren jetzigen, sogenannten Volksvertretern nicht auch welche, die völlig ungeniert aus dem alten SED-Unrechtsstaat zur jetzigen Staatsmacht gewechselt sind? Ist da nicht eine weitere Enttäuschung vorprogrammiert?

Gut möglich. Doch auch hier hat es durchaus eine gute Seite, weil nämlich diese „Enttäuschung“ das „Ende einer Täuschung“ und der Beginn von etwas Neuem ist. Dies wird äußerst sinnvoll sein, wenn wir schmerzlich erfahren müssen, dass manche von ihnen als Marionetten dieses alten Systems keineswegs auf das Wohl der Menschen bedacht waren. Diese „Ent-Täuschung“ wird notwendig sein, um bestimmte Machenschaften und Lügen durchschauen zu können. Dabei werden wir uns wohl auch von dem Gedanken trennen müssen, dass alle Mächtigen dieser Welt automatisch gute Menschen sind, nur weil sie ein hohes Amt bekleiden oder in einflussreichen Positionen sitzen. Auch diese „Ent-Täuschung“ wird heilsam sein.

„Die Enttäuschung gibt dem Menschen die Kraft zu Dingen, die er niemals tun wollte.“ (Gerrit Donat)

UND:

„Die Enttäuschung ist die Schwester der Hoffnung.“ (Klaus Ender)

Ahoi

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