Lieselotte Pulver – Ein Star aus einer allmählich verblassenden Zeit
Ihre gerade veröffentlichten Lebenserinnerungen sind gespickt mit Erinnerungen aus einer allmählich verblassenden Epoche des Filmgeschäfts. Von Will Quadflieg schreibt die kurz vor dem 90. Geburtstag stehende Liselotte Pulver da, er nannte sie „Lieselottchen“. Oder von O.W. Fischer, der ihr „in alter Bewunderung“ schrieb, von Curd Jürgens, den sie oft zum Cocktail traf, oder von ihrem Freund Heinz Rühmann, „diesem wunderbaren Menschen, einzigartigen Schauspieler und lebensklugen Mann“.
Lilo Pulver ist eine der letzten noch lebenden Größen dieser Generation, die das Film- und Fernsehgeschäft in Deutschland viele Jahrzehnte prägte. Was bei Fischer der Charme und bei Rühmann die Vielseitigkeit waren, war bei Pulver das Lachen. Mit ihrer Unbändigkeit darin riss sie die Massen mit. „Ich denke oft an Piroschka“, „Das Wirtshaus im Spessart“ oder Billy Wilders „Eins, zwei drei“ sind die größten Erfolge der Schweizerin.
Pulver kam am 11. Oktober 1929 in Bern zur Welt. Sie arbeitete ab 1948 als Model und nahm erste Schauspielstunden. Angeblich führte sie eine unglückliche Liebe zu einem verheirateten Mann zur Kunst – es sollte die erste einer langen Reihe von unglücklichen Bindungen zu meist verheirateten Männern werden. „Ich war ja immer nur ein Seitensprung“, klagte sie einmal in der „Süddeutschen Zeitung“.
1952 sorgte Lilo Pulver als quasi durchgehend lachende Tochter eines ungarischen Bahnhofsvorstehers in „Ich denke oft an Piroschka“ für den Filmerfolg des Jahres. Monatelang hatte sie diese Rolle abgelehnt. Erst als die Produzenten sie mit Cognac willensschwach gemacht hätten, habe sie unterschrieben – und wurde zum Star.
Die zweite große Hauptrolle bekam sie 1958 in „Das Wirtshaus im Spessart“, wo die eher knabenhaft gebaute Pulver in Hosen einen Wanderburschen spielte. Wegen des großen Erfolgs gab es sogar eine Spessarttrilogie – und Pulver war künstlerisch obenauf. „Ich war damals der Nummer-zwei-Star in Deutschland“. Nur an Ruth Leuwerik kam sie nicht vorbei. Dafür wurde Pulver auch international bekannt. Weil sie so gut Französisch sprach, bekam sie viele Rollen in Frankreich.
Mit Audrey Hepburn und Doris Day wurde Pulver verglichen – und auch eine Weltkarriere winkte ihr. Sie hatte das Angebot, in dem später mit elf Oscars ausgezeichneten „Ben Hur“ eine Hauptrolle zu spielen. Doch wegen eines anderen Filmvertrags musste sie ablehnen. 1961 sollte sie im Hollywooderfolg „El Cid“ die Hauptrolle spielen, wieder standen die Verträge im Weg – Sophia Loren bekam Pulvers Rolle. „Das waren absolute Keulenschläge, nach denen steht man nicht so leicht wieder auf“, sagte Pulver der „Süddeutschen Zeitung“.
Tatsächlich gehörte sie in der Folge zu den Verlierern des endenden Kinobooms in Deutschland. Ab Ende der 60er Jahre bekam sie kaum noch Rollen. Erst als sie in der deutschen Ausgabe der „Sesamstraße“ mit ihrer ansteckenden Fröhlichkeit mitwirkte, war Pulver ab Ende der 70er Jahre wieder präsenter. Das Comeback dauerte allerdings nur wenige Jahre.
Dazu kamen die größer werdenden privaten Schatten. Ihre drogenabhängige Tochter Mélisande stürzte 1989 unter unklaren Umständen mit 21 Jahren vom Berner Münster. Nur wenige Jahre nach diesem Schock starb 1992 ihr Mann, der Schauspieler Helmut Schmid, mit dem Pulver seit 1961 verheiratet war und mit dem sie den Sohn Marc-Tell hat.
In den vergangenen Jahren strahlte Pulver in Interviews immer wieder Unzufriedenheit aus. „Menschenskind, warum sitze ich da so allein?“, sagte sie einmal über ihre Abende in ihrer Villa am Genfer See. Diese hat sie inzwischen längst verlassen und lebt zurückgezogen in einer Seniorenresidenz. Im vergangenen Jahr hatte Pulver noch einmal einen Auftritt vor deutschem Fernsehpublikum – da bekam sie den Bambi für ihr Lebenswerk, mit stehenden Ovationen gefeiert von den Stars der jetzt erfolgreichen Schauspielergeneration. (afp)
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