Morgengebet – von Joseph von Eichendorff

Aus der Reihe Epoch Times Poesie - Gedichte und Poesie für Liebhaber
Titelbild
Was mich noch gestern wollt' erschlaffen, ich schäm' mich des im Morgenrot.Foto: iStock

Morgengebet

O wunderbares, tiefes Schweigen,

Wie einsam ist’s noch auf der Welt!

Die Wälder nur sich leise neigen,

Als ging‘ der Herr durchs stille Feld.

Ich fühl‘ mich recht wie neu geschaffen,

Wo ist die Sorge nun und Not?

Was mich noch gestern wollt‘ erschlaffen,

Ich schäm‘ mich des im Morgenrot.

Die Welt mit ihrem Gram und Glücke

Will ich, ein Pilger, frohbereit

Betreten nur wie eine Brücke

Zu dir, Herr, übern Strom der Zeit.

Und buhlt mein Lied, auf Weltgunst lauernd,

Um schnöden Sold der Eitelkeit:

Zerschlag‘ mein Saitenspiel, und schauernd

Schweig‘ ich vor dir in Ewigkeit.

Joseph Freiherr von Eichendorff  (1788 – 1857)



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