Der Ichthyosaurus – Von Josef Viktor von Scheffel

Aus der Reihe Epoch Times Poesie - Gedichte und Poesie für Liebhaber
Zeichnerische Rekonstruktion des Australotitan cooperensis
Es starb zu derselbigen Stunde die ganze Saurierei, sie kamen zu tief in die Kreide, da war es natürlich vorbei.Foto: Vlad Konstantinov/Scott Hocknul/Queensland Museum/The Eromanga Natural History Museum/AAP/dpa/dpa

Der Ichthyosaurus

Es rauscht in den Schachtelhalmen,

verdächtig leuchtet das Meer,
da schwimmt mit Tränen im Auge
ein Ichthyosaurus daher.

Ihn jammert der Zeiten Verderbnis,
denn ein sehr bedenklicher Ton
war neuerlich eingerissen
in der Liasformation.

»Der Plesiosaurus, der alte,
er jubelt in Saus und Braus,
der Pterodaktylus selber
flog neulich betrunken nach Haus.

Der Iguanodon, der Lümmel,
wird frecher zu jeglicher Frist,
schon hat er am hellen Tage
die Ichthyosaura geküßt.

Mir ahnt eine Weltkatastrophe,
so kann es länger nicht gehn;
was soll aus dem Lias noch werden,
wenn solche Dinge geschehn?«

So klagte der Ichthyosaurus,
da ward es ihm kreidig zu Mut,
sein letzter Seufzer verhallte
im Qualmen und Zischen der Flut.

Es starb zu derselbigen Stunde
die ganze Saurierei,
sie kamen zu tief in die Kreide,
da war es natürlich vorbei.

Und der uns hat gesungen
dies petrefaktische Lied,
der fand’s als fossiles Albumblatt
auf einem Koprolith.

(Koprolith, versteinerte Exkremente, auch Kotstein genannt.)

Josef Viktor von Scheffel (1826 – 1886) –



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