Lied vom Winde

Epoch Times20. Mai 2012

 

Lied vom Winde.

Sausewind, Brausewind!
Dort und hier!
Deine Heimath sage mir!

„Kindlein, wir fahren
Seit viel vielen Jahren
Durch die weit weite Welt,
Und möchten’s erfragen,
Die Antwort erjagen,
Bei den Bergen, den Meeren,
Bei des Himmels klingenden Heeren,
Die wissen es nie.
Bist du klüger als sie,
Magst du es sagen.
– Fort, wohlauf!

Halt‘ uns nicht auf!
Kommen Andre nach, unsre Brüder,
Da frag wieder.“

Halt an! Gemach,
Eine kleine Frist!

Sagt, wo der Liebe Heimath ist,
Ihr Anfang, ihr Ende?

„Wer’s nennen könnte!
Schelmisches Kind,
Lieb ist wie Wind,
Rasch und lebendig,
Ruhet nie,
Ewig ist sie,
Aber dein Schatz nicht beständig.
– Frisch, wohlauf!

Halt uns nicht auf!
Fort über Stoppel und Wälder und Wiesen!
Wenn ich dein Schätzchen seh‘,
Will ich es grüßen;
Kindlein – Ade!“

Eduard Mörike (1804-1875)

 

 



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