Weniger ist besser – Ein Schweizer Millionär macht es vor und besitzt nur 61 Gegenstände
Nicht wer wenig hat, sondern wer viel wünscht, ist arm.
– Seneca
Haben Sie schon mal so richtig ausgemistet und es dann doch nicht geschafft? Oder hatten Sie auch schon den Vorsatz zum Jahreswechsel, Ihre Wohnung so richtig auf Vordermann zu bringen? Für viele steht das ganz oben auf der To-do-Liste fürs neue Jahr. Und das Jahr für Jahr. Doch vielen fällt genau das schwer, sich von Gegenständen zu trennen, statt weitere anzuhäufen.
Ordnung schaffen: das Chaos verwalten
Beim Ausmisten – wahlweise Aus- oder Aufräumen – geht es oft darum, den eigenen Besitz, egal wie viel man hat, in eine Ordnung und an einen dafür vorgesehenen Platz zu bringen und bestenfalls zu halten, nachdem man sich von Unnötigem getrennt hat. Was aber unnötig ist beziehungsweise scheint, ist individuelle Ermessensfrage und darauf kann nur jeder selber für sich eine Antwort finden, so er überhaupt will.
Die hohe Schule des Aufräumens: Nichts mehr zum Aufräumen da
Für einen Schweizer Unternehmer, der als Start-up-Investor reich geworden ist, ist Minimalismus zum Lebensstil geworden: Er besitzt nur 61 Gegenstände, allesamt in Schwarz, mit denen er durchs Leben reist, quasi mit leichtem Gepäck. Auf seinem Blog veröffentlicht Cédric Waldburger – so heißt der Mann – die aktuelle Liste seiner Besitztümer und was er dafür ausgegeben hat, denn auch das offenbart seine Tabelle: Er nennt Gegenstände im Wert von zwanzigtausend Euro seinen Besitz, wer also die Mittel hat, sich einen Neuwagen zu kaufen, liegt demnach schon über Waldburgers Eigentumsverhältnissen.
Ohne viel Gedöns: Reisen als Minimalismus auf Zeit
Reisende ziehen notgedrungenerweise nur mit dem Nötigsten durch die Welt. Ist Reisen deshalb schon eine Erziehung zum Minimalismus? Aber 60 Teile sind bei einem Sommerurlaub auch nicht üppig, stellt jede Globetrotterin schnell beim Durchzählen der mitreisenden Kleidchen, Socken, Bikinis und Flipflops fest. Dabei sind Ladegeräte, Laptop, Kopfhörer, Sonnenbrillen, Kindle und Handys, Kamm und Nagelschere noch gar nicht mitgezählt.
Seit Jahren auf Reisen: „Erfahrungen sind mir wichtiger als Sachen“
Während so eine zeitweilige Rucksackerfahrung also für viele schon eine echte Minimalismus-Herausforderung sein kann, limitiert der Schweizer Cédric Waldburger seit Jahren seinen Konsum dauerhaft im Alltag, und zwar ganz bewusst.
Er empfindet das nicht als Einschränkung, sondern als Bereicherung. Trotz vollen Kontos, oder gerade deswegen?
In einem „Focus“-Interview sagt Waldburger, der mit vierzehn sein erstes Unternehmen gründetet und später eine gut laufende Werbeagentur auch „gut“ verkaufte, über Minimalismus: „Ich konzentriere mich auf Dinge, die mir wichtig sind“.
Das sind nach seinen Angaben jedenfalls nicht Gegenstände, denn der Selfmade-Millionär lebte jahrelang aus einem Rucksack, in dem gerade mal seine Siebensachen Platz fanden und übernachtete bei Freunden auf Sofas, in Airbnbs oder Hotels auf seinen Reisen. Eine eigene Wohnung oder gar Auto hatte er nicht, damit spart er nach eigener Angabe vor allem „…viel Zeit. Ohne Auto oder Wohnung kann ich mich auf das Wesentliche und tolle Projekte konzentrieren. Ich muss am Wochenende nicht meine Küche putzen, mein Auto waschen oder die Reifen wechseln.“
Die ETH Zürich, wo der Mittdreißiger seinerzeit Elektrotechnik studierte, zitiert ihren erfolgreichen Alumnus im hochschuleigenen Magazin Globe, dass er es nicht als Einschränkung empfinden würde, wenig zu besitzen, sondern als Freiheit.
Lieber als von einem Minimalisten spreche er von sich als einem Essenzialisten: „Nicht die Anzahl Dinge ist entscheidend, sondern der Fokus auf das, was wichtig ist und glücklich macht.“
Minimalismus versus Essentialismus
Beim Minimalismus geht es darum, die Quantität der Dinge im Leben zu reduzieren, um so die Lebensqualität zu erhöhen. Essentialismus hingegen setzt den Fokus auf eine Erhöhung der Lebensqualität, was mit einer Reduktion der Dinge im Leben einhergehen kann, aber nicht zwingend muss.
Beim Angewöhnen einer essentialistischen Lebensweise mit dem Fokus auf die eigentlich wichtigen Dinge im Leben stellt sich eine zentrale Frage: „Ist das die wichtigste Sache, die ich aktuell tun sollte?”. Es geht also weniger darum, mehr zu tun, sondern Dinge zu setzen, die wirklich zählen. Weniger ist für den Essentialisten nicht mehr, sondern besser.
„Weniger, aber besser” ist auch Waldburgers Motto, wie er beim „Focus“ zusammenfasst: „Ich versuche mich mit meinem Lebensstil, auf die Dinge zu konzentrieren, die wichtig sind und mir guttun.“ Ihm gehe es darum, bewusst zu leben und bewusste Entscheidungen zu treffen. „Bewusst zu unterscheiden, mit wem und womit ich Zeit verbringe. Es sind keine Gegenstände, die mein Leben bereichern, sondern vor allem Beziehungen zu Menschen.“
Loslassen im Jahr 2023
Das eine sind materielle Dinge, die angehäuft werden, und mit Sicherheit Komfortempfinden, mit dem womöglich auch kurzfristig Unsicherheiten und Mangelgefühle kompensiert werden können. Das versperrt oft den Weg aufs Wesentliche. So wird ein „Aufräumen“ und Trennen von Gegenständen symbolisch auch zu einem Trennen von alten Mustern und Anhaftungen – an Gegenständen, die mit Personen, Gewohnheiten oder Verhaltensmustern verbunden werden.
Viele wollen zum neuen Jahr auch einen Neuanfang wagen. Epoch Times hat 23 Dinge aufgelistet, die, wenn man sie denn loslässt, ein Schlüssel zu einem guten 2023 werden könnten. Auch wenn man nicht gleich zum Minimalisten werden muss, aber vielleicht ergibt es ja Sinn, sich bei dem, was bleiben soll, auf die Essenz, auf den Kern des eigentlich Wichtigen, zu konzentrieren und den Rest „einfach“ zu entsorgen:
Die Entsorgung der Unordnung
Unter Punkt vier im Epoch-Times-Artikel steht Unordnung, gleich hinter Neid, Schulden und Urteilen. „Wenn der persönliche Lebensraum unordentlich ist, beeinträchtigt dies mit großer Wahrscheinlichkeit das innere Wohlbefinden. Unordnung und zu viele Dinge sind stressig und belastend. Warum nicht Dinge spenden und Räume regelmäßig entrümpeln?“
Aber vielleicht sollte man dabei nicht zu perfektionistisch sein, denn auch das kann essenziell für ein glückliches Leben sein. Unter Punkt 16 bei Epoch Times ist nachzulesen:
„Perfektionismus ist Selbstsabotage. Es klingt edel, Perfektion anzustreben, aber das schwer fassbare Ziel ist in Wirklichkeit ein Hindernis. Behalten Sie stattdessen Ihr ideales Ergebnis im Auge, aber konzentrieren Sie sich eher auf den Fortschritt und erfreuen Sie sich daran.“
Wichtige Erinnerungsstützen für gelebtes Leben
Eines geht bei diesem Minimalismus allerdings möglicherweise verloren: Die schönen Dinge, eventuell sogar in Sammlungen sortiert, sind immer auch Erinnerungsstützen, das eine besondere Stück aus dem Urlaub, das beim Betrachten die Sonne, das Meer und die Entspanntheit zurückbringen kann, aber auch die Chronologie des Lebens, die sich an den Dingen, die einem lieb geworden sind, aufreihen, wie eine Perlenkette, einem Fotoalbum gleich.
Sich von Dingen zu trennen, bedeutet eben immer auch Erinnerungsstützen zu entfernen. Der Einwand, man solle nicht nur in seinen Erinnerungen leben, greift da nicht, wo sich Menschen gerne erinnern, wo älteren Menschen die Möglichkeit fehlt, zu verreisen oder auf andere Weise physisch aktiv zu werden, um immer neue Erinnerungen zu generieren.
Viele Menschen müssen diese leidvolle Erfahrung täglich beim Gang ins Altenheim machen, wenn nur eine begrenzte Zahl liebgewonnener Erinnerungsstützen in diese Endstation des Lebens mitgenommen werden kann. Viele kennen das aus Erzählungen von Bekannten oder haben es selbst erlebt: Als sie ins Altenheim kam, hat sie sehr rasch abgebaut. Abgebaut, weil man ihr die Erinnerungsstützen einfach weggerissen hat.
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