Wohlergehen für die Zehen

Wenn Männer ihre Schuhe mit fast so viel Liebe putzen, wie andere ihr Auto, sind diese vermutlich „Good­year welt(ed)“, was gar nichts mit Autoreifen zu tun hat, sondern dem Kenner sagt, dass jene Schuhe rahmengenäht sind. Bei diesem Kon­struktionsprinzip verbindet ein doppelt vernähter Streifen Leder (der Rahmen) das Oberleder sowie das Futter des Schuhs auf stabile und flexible Art mit den Sohlen. Gut gepflegt halten solche Schuhe nicht selten Jahrzehnte. Männer sind oft stolz auf ihre „alten“ Schuhe, die dennoch nicht ausgetreten aussehen.

Zwölf oder mehr Stunden am Tag stecken die Füße der meisten deutschen Männern in Schuhen. Das wäre Grund genug für eine gewisse Schuhkultur. Doch aus dem Rahmen fällt, wessen Schuhwerk Rahmen hält. Die meisten tragen Treter aus asiatischer Massenproduktion.

High Tech – Low Life

Gemäß den Werbeaussagen scheinen „Hightech“-Schuhe den Füßen besten Komfort zu bieten, da sie mit allerlei Spezialausstattungen ausgestattet sind, etwa mit Wasser abweisenden Spezialfolien, die für Fußschweiß durchlässig sein sollen. –  Spannend bis für alle Anwesenden unangenehm wird es, wenn Träger solcher Schuhe gebeten werden, ihre Schuhe auszuziehen.

Auch wenn es ums Ausziehen
geht, stehen jene gut da, die gutes Schuhwerk aus handwerklicher Herstellung tragen: Socken aus Naturfasern vorausgesetzt, riecht es – wenn überhaupt – ein wenig nach Leder.

Wasserunempfindlich und atmungsaktiv ist hochwertiges und gut gepflegtes Kalbleder sowieso. Für die gute Dämpfung sorgen sauber gearbeitete Absätze mit Korkausballung und Holz- oder Stahlfeder. Fachleute behaupten, beim normalen Gehen sei das ergonomisch besser als jede Art von aus Sportschuhen entlehnte „Innovation“.

Ein gutes, handgenähtes Paar Schuhe kostet ab 250 Euro. Ab 1.500 Euro gibt man für eine individuelle Maßanfertigung aus. Das ist nicht billig. Doch mit drei Paar hochwertigen Schuhen zum täglichen Wechseln, drei Paar guten Spannern und einer Dose Schuhwachs läuft ein Mann für Jahre komfortabel und gepflegt. – Und zum festlichsten Anlass kann er  bedenkenlos seine ältesten Schuhe tragen. (hs)

Foto: Oliver Grey