Zu rassenversöhnlerisch und Trump-freundlich: Linksideologen entrüstet über Oscar für „Green Book“

Dass der Film „Green Book“ über eine Freundschaft jenseits der Schranken von Klasse und Rasse in den USA der 1960er Jahre den diesjährigen Oscar als bester Film erhalten würde, überraschte die Fachwelt. Einige Trump-Gegner wittern sogar eine Verschwörung hinter der Preisvergabe.
Titelbild
Regisseur Peter Farrelly, Gewinner des besten Bildes und des besten Originaldrehbuchs für "Green Book" im Presseraum während der 91. Annual Academy Awards am 24. Februar 2019 in Hollywood, Kalifornien.Foto: Frazer Harrison/Getty Images
Von 26. Februar 2019

Am 11. September 2018 feierte die Tragikomödie „Green Book – Eine besondere Freundschaft“ von Peter Farrelly ihre Weltpremiere im Rahmen des Toronto International Film Festivals. Am 16. November hatte er Kinopremiere in den USA, in Deutschland ist er seit 31. Januar dieses Jahres zu sehen.

Spätestens seit es für die Produktion drei Golden Globes und drei Academy Awards (Oscars) gab, ist der Film weltweit einem breiteren Publikum bekannt. Er erzählt die Geschichte einer Freundschaft zwischen dem feingeistigen afroamerikanischen Jazzpianisten Dr. Don Shirley, der die Kennedy-Familie kennt, und seinem italo-amerikanischen Fahrer, dem Schulabbrecher „Tony Lip“ Vallelonga, die beide zusammen auf eine Konzerttournee von New York City in die US-amerikanischen Südstaaten der 1960er Jahre führt.

Shirleys Familie sieht Ungenauigkeiten in der Story

Erwartungsgemäß thematisiert die Geschichte die damalige Situation einer in vielen Bereichen weiterbestehenden Rassentrennung und nach wie vor verbreiteter Ressentiments, die seit der Zeit der Sklaverei und des Bürgerkrieges überlebt hatten. Allerdings geht die Freundschaft zwischen dem Musiker und seinem Chauffeur gestärkt aus allen Anfeindungen hervor und steht auf diese Weise sinnbildlich für ein Amerika, das in weiterer Folge auch die letzten Überbleibsel der Vergangenheit beseitigen und die Rassenschranken aus eigener Kraft überwinden kann.

Der Film beruht zwar den Angaben der Produzenten zufolge auf einer wahren Begebenheit, allerdings ist vieles an der Story erfunden, wie „PJ Media“ unter Berufung auf Dr. Shirleys Familie berichtet. Maurice Shirley, der einzige noch lebende Bruder des Pianisten, hatte vehement kritisiert, dass im Film der Eindruck erweckt werde, Don Shirley hätte keinen Kontakt zu seinen Brüdern gepflegt – was schlicht erlogen wäre.

Eine Freundschaft zwischen Shirley und Vallelonga habe es auch nicht gegeben, erklärte die Schwägerin des 2013 verstorbenen Musikers, Patricia Shirley. Es sei ein reines Beschäftigungsverhältnis gewesen, das beide verbunden hätte, und nach 18 Monaten habe er Vallelonga gefeuert, weil dieser zu faul gewesen wäre – wie Shirley es generell mit keinem Fahrer länger als 18 Monate ausgehalten hätte. Vallelonga hingegen erklärte, es habe sehr wohl ein freundschaftliches Verhältnis zwischen beiden gegeben, jedoch habe keiner mit der Familie Shirleys darüber geredet.

Nicht den gewünschten Narrativ bedient

Dass Liberale in den USA nun auf Twitter ihren Unmut über die Oscar-Prämierung von „Green Book“ zum Ausdruck bringen, hat jedoch nichts mit den faktischen Ungereimtheiten zu tun, die vonseiten der Shirley-Familie und Vallelonga angesprochen wurden.

Ihnen gefällt es nicht, dass die Botschaft des Films nicht mit ihrem Narrativ konform geht, wonach die USA ungebrochen eine bis ins Mark von Rassismus zerfressene Gesellschaft wären, in der alte weiße Männer ihre Privilegien rücksichtslos auf Kosten aller anderen Bevölkerungsgruppen ausleben würden.

Autorin Raquel Cepeda klagte auf Twitter, „Green Book“ den Oscar für den besten Film zu geben, sei „Hollywoods Version davon, Trump ins Weiße Haus zu setzen“. Es sei, „als hätten Mel Gibson, Jon Voight und Vince Vaughn die Academy unter Alkohol gesetzt und sie manipuliert. Einfach Buuuuh. Diese Geschichten sind so problematisch.“ Diese Schauspieler sind als konservativ bekannt.

Dramatiker Jeremy O. Harris zitierte den Transgender-Schauspieler Hari Nef, der vorhergesagt habe, dass „Green Book gewinnt, weil Trump immer noch im Amt ist“.

Gleichstellung ohne Staat? Für Amerikas Liberale ein Sakrileg

Die Botschaft einer Versöhnung der Rassen sei genau das, was dessen Wähler sich erhofften. Angesichts der Tatsache, dass die Beschäftigung unter Afroamerikanern wie auch unter Hispanics und Frauen noch nie so hoch war wie im dritten Jahr der ersten Amtszeit Donald Trumps, und angesichts einer immer selbstbewusster auftretenden konservativen Bewegung in der schwarzen Community verlieren die Scharfmacher auf allen Seiten jedoch auch faktisch zunehmend an Boden.

„New York Times“-Kolumnist Wahajat Ali weist darauf hin, dass der Drehbuchschreiber von „Green Book“, Nick Vallelonga, im Jahr 2015 die Behauptung Donald Trumps weiterverbreitet habe, Muslime in New Jersey hätten am 11. September 2001 die Terroranschläge gefeiert. Erst später habe er sich dafür entschuldigt. Der Drehbuchautor erklärte, der lokale Kanal von CBS habe Bilder davon gezeigt. Wahajat Ali behauptet hingegen, die Darstellung sei erfunden. Ein Polizeibeamter und einige Anwohner wollen hingegen laut einer lokalen Zeitung solche Szenen gesehen haben. Dokumentiert wurden die Vorfälle jedoch nicht.

Tyler O’Neil meint auf PJ Media jedoch, es gehe den Ideologen gar nicht darum, was an der Geschichte tatsächlich stimme und was nicht:

„Liberale haben eine panische Angst vor einer radikalen Veränderung im Verhältnis zwischen den Rassen. Jede Wohlfühlgeschichte wie ‚Green Book‘ stellt eine Bedrohung für ihren Aktivismus dar und eine kulturelle Hilfe für ihren rassistischen Gottseibeiuns – Donald Trump. Egal, ob der Film gut ist oder nicht, sie müssen dagegen sein und gegen seine Vision der Hoffnung auf eine Versöhnung zwischen den Rassen ohne Zutun der Politik.“



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