Spanien: Wurden Füchse erstmals in der Bronzezeit domestiziert?

Füchse als Haustier? Was in Russland noch heute "in" ist, hatte seine Anfänge offenbar schon vor tausenden Jahren. Archäologen fanden in Spanien die Überreste der vermutlich ersten domestizierten Füchse der Welt.
Titelbild
Ein Rotfuchs (Vulpes Vulpes).Foto: iStock
Epoch Times17. März 2019

Vor mehreren Tausend Jahren war es eine weitverbreitete und beliebte Tradition Menschen zusammen mit Tieren zu bestatten. So war die Entdeckung von Bestattungen mit Mensch und Tier im Nordosten der Iberischen Halbinsel für die Archäologen zunächst keine Überraschung.

Nach weiteren Untersuchungen stellte sich allerdings heraus, dass es sich bei den Tieren um Hunde und Füchse handelt. Außerdem war ihre Ernährung zu Lebzeiten der „ihrer“ Menschen sehr ähnlich, weshalb die Forscher von einer bewussten Domestizierung der Tiere sprechen.

Vier Füchse und eine Großzahl von Hunden

Die Entdeckung von vier Füchsen und einer großen Anzahl von Hunden in den Fundstellen Can Roqueta (Barcelona) und Minferri (Lleida) sticht unter den vielen Beispielen von Gräbern im Nordosten der Halbinsel hervor. Ihre Gräber offenbaren eine allgemeine Bestattungspraxis, die sich in der frühen bis mittleren Bronzezeit verbreitete: die Bestattung von Menschen zusammen mit Haustieren.

Das Auffälligste an den beiden Orten ist die Beziehung zwischen Tier und Mensch. „Wir entdeckten, dass die Hunde in einigen Fällen eine spezielle Art von Nahrung erhielten. Wir glauben, dass dies mit ihrer Funktion als Arbeitshund verbunden ist. Außerdem zeigt einer der Füchse Anzeichen dafür, dass er zu dieser Zeit bereits ein Haustier war“, sagte die Archäologin Aurora Grandal-d’Anglade. Zusammen mit ihrem Team veröffentlichte sie die Studie in der Zeitschrift Archaeological and Anthropological Sciences.

Lagekarte mit den beiden Fundstellen Minferri und Can Roqueta im Nord-Osten Spaniens. Foto: Mit freundlicher Genehmigung der Autorin | Grandal et al. (2019, Fig. 1)

Vergleich der Ernährung von Mensch und Tier

Durch die Untersuchung stabiler Kohlenstoff- und Stickstoffisotope sowie durch archäologische, zoologische und anthropologische Studien konnten die Forscher die Ernährung der Tiere mit denen ihrer Besitzer vergleichen. Insgesamt wurden 37 Hunde und Füchse, 19 Huftiere und 64 Menschen analysiert. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Ernährung der Hunde ähnlich der der Menschen war.

Die Isotopenstudie der Minferri-Füchse zeigt dagegen eine abwechslungsreiche Ernährung: In einigen Fällen sieht sie ähnlich aus wie bei den Minferri-Hunde – in anderen Fällen eher wie die eines Wildtiers oder eines Tieres, das wenig Kontakt mit Menschen hatte.

„Der Fall des Can Roqueta Fuchses ist etwas ganz Besonderes, denn er ist ein altes Tier mit gebrochenem Bein. Die Fraktur befand sich noch im Heilungsprozess und zeigte Anzeichen von „medizinischer“ Behandlung durch den Menschen. Die Ernährung dieses Tieres ist sehr auffällig, da es eher einem Hund ähnelt. Wir interpretieren es als ein „Haustier“, das lange Zeit mit dem Menschen zusammenlebte“, erklärt Grandal.

Der Rotfuchs (Vulpes vulpes). Foto: iStock

Große Hunde für den Transport von Lasten

Die Studie weist zudem darauf hin, dass es in einigen Einzelfällen von Can Roqueta eine spezielle getreidereiche Nahrungszubereitung für mindestens einen Fuchs und mehrere Hunde gab. Die Forscher vermuten, dass die Menschen diese Tiere zum Tragen von Lasten nutzten. Ein ähnliches Verhalten ist bereits aus einem Zeitraum zwischen der römischen Zeit und dem 20. Jahrhundert bekannt.

„Die Knochen der Tiere zeigen Anzeichen von Störungen, besonders im Bereich der Wirbelsäule, die mit dem Transport schwerer Gegenstände verbunden sind. Wahrscheinlich nutzte der Mensch eine kohlenhydratreiche Ernährung, weil die Tiere starken körperlichen Aktivitäten nachgingen. Es mag seltsam erscheinen, dass Hunde im Grunde genommen mit Getreide gefüttert wurden“, sagt Silvia Albizuri Canadell, Mitautorin der Studie und Archäozoologin an der Universität Barcelona.

Andere Tiere, wie zum Beispiel Kühe, Schafe oder Ziegen, sind für eine pflanzenfressende Ernährung bekannt. Ihre Aufgabe war es wahrscheinlich, Milch, Fleisch oder Wolle zu liefern, anstatt als Arbeitskraft zu dienen. „Das Pferd war in diesen Gesellschaften noch nicht weit verbreitet“, ergänzen die Wissenschaftler.

Beziehung zwischen Frau und Hund stärker

Im Allgemeinen zeigen Mensch und Hund etwas höhere isotopische Signale als Huftiere. Dies weise auf einen gewissen (nicht sehr hohen) Verzehr von tierischem Eiweiß hin. Dieser muss laut den Wissenschaftlern jedoch nicht unbedingt von viel Fleisch stammen. Auch der Verzehr von Milch oder Ähnlichem ist anzunehmen. Diese Vermutung wird durch archäologische Funde wie Siebe unterstützt, die zur Käseherstellung gedient haben können.

Außerdem scheinen Männer das meiste Fleisch aufgenommen zu haben. Etwas weniger, aber annähernd gleich viel Fleisch, aßen Frauen, Kinder und Hunde. „Deshalb dachten wir, dass die Hunde stärker mit der häuslichen Umgebung verbunden seien“, so die Forscherin. Es gebe zudem viele ethnografische Parallelen, die auf diese Beziehung zwischen Tier und Mensch hinweisen.

Tierischen Niederlegungen aus Minferri (Auswahl):  Zwei weibliche Bestattung mit einem (a) bzw. zwei (b) vollständigen Fuchsskeletten,  Skelette von je zwei Rindern und Hunden (c) bzw. je einem Rind und Hund (d), sowie vollständige Skelette (e, g, i) und Schädel (f, h, j) von Hunden. Foto: Mit freundlicher Genehmigung der Autorin | Grandal et al. (2019, Fig. 5)

Hunde waren für die Gesellschaft von großer Bedeutung

Die grundlegende Rolle der Hunde in der Bronzezeit war die Überwachung und Führung der Viehherden. Viehhaltung bildete zusammen mit der Landwirtschaft die Grundlage des prähistorischen Lebens. Doch die Hunde waren auch für die Betreuung der menschlichen Siedlungen zuständig, da oft ein Risiko durch die Anwesenheit von gefährlichen Wildtieren bestand.

„Zu den Eigenschaften von Hunden gehören ihre große Intelligenz, ihre leichte Trainierbarkeit und zweifellos ihr Abwehrverhalten. Außerdem wurde dieses Tier bis zum 19. Jahrhundert in Nordamerika, Kanada und Europa für leichte Transporte auf dem Rücken und zum Ziehen von Wagen und Schlitten verwendet. In der Bronzezeit fungierte der Hund auch als Lasttier auf der Halbinsel“, sagt Canadell.

Grund für Tieropfer bleibt ungewiss

Außergewöhnliche Funde, wie die der Gräber 88 und 405 in Lleida zeigen, dass es bereits in der Bronzezeit differenzierte Bestattungen in den menschlichen Gemeinschaften gab.

„In den beiden oben genannten Strukturen wurden die Überreste von drei Individuen zusammen mit Tieropfern gefunden. In Grab 88 befand sich der Körper eines alten Mannes mit den Überresten einer ganzen Kuh und den Beinen von bis zu sieben Ziegen. Es wurden auch zwei Füchse und ein Rinderhorn gefunden“, sagt Ariadna Nieto Espinet, Archäologin an der Universität Lleida.

Struktur 405 enthüllte möglicherweise den Körper einer Frau, begleitet von zwei vollständigen Rindern und zwei Hunden. „Wir wissen immer noch nicht, warum nur wenige Menschen dieses Recht oder Privileg hatten“, betont die Wissenschaftlerin.

Künstlerische Darstellung einer Frau aus der Bronzezeit in Begleitung eines Hundes und eines Fuchses. Foto: J. A. Peñas

Außerdem lassen die unterschiedlichen Beigaben in Can Roqueta auf die Vererbbarkeit von hohen sozialen Status, seit der Geburt an, schließen. Denn auch wie bei den Erwachsenen erhielt nur eine geringe Zahl der bestatteten Kinder Tiere mit in das Grab gelegt.

„Es scheint, dass Arten wie Rinder und Hunde, zwei der am häufigsten vorkommenden Tiere in Bestattungen, diejenigen sind, die eine grundlegende Rolle in der Wirtschaft und Arbeit sowie in der symbolischen Welt gespielt haben könnten. Möglicherweise wurden sie zu den Elementen des Prunks, des Prestiges und des Schutzes gezählt“, schließen die Archäologen.



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