Ampel wollte im Koalitionsvertrag Obdachlosigkeit abschaffen – doch kein Geld mehr für Hilfsprogramm

In den deutschen Städten leiden Obdachlose wieder unter dem Kälteeinbruch. Die dringend benötigte und versprochene Hilfe des Staates kommt aber nicht an.
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Schlafplatz eines Obdachlosen im Schnee.Foto: iStock
Von 15. Dezember 2022


Weihnachten steht vor der Tür. Für zehntausende Helfer in Deutschland, die ehrenamtlich Obdachlose unterstützen, ist das eine gute wie eine gefährliche Zeit. Gut, weil mehr Menschen dazu neigen, jetzt auch an jene zu denken, denen es nicht gut geht, die nicht einmal ihre eigenen vier Wände für sich haben. Und schlecht, weil die Temperaturen fallen, Obdachlose frieren und sogar erfrieren.

Wie sieht es in Deutschland für Obdachlose aus? Wie viele Obdachlose gibt es überhaupt? Lange gab es keine belastbaren Zahlen, sporadische Zählungen erwies sich als unzureichend. Anfang 2020 beschloss der Bundestag deshalb ein Gesetz, dass Obdachlosenzählungen verpflichtend durchgeführt werden müssen.

Das Bremer Sozialforschungsinstitut GISS und ein Marktforschungsinstitut befragten jetzt im Auftrag der Bundesregierung via Stichprobenverfahren zwischen dem 1. und 7. Februar 2022 eine repräsentative Auswahl von Wohnungslosen in 151 deutschen Städten und Gemeinden, berichtet das Arbeitsministerium.

Ein Abschlussbericht auf über 120 Seiten wurde unter anderem vom „Spiegel“ ausgewertet. Das Hamburger Magazin schreibt: „In Deutschland leben 37.400 Menschen auf der Straße – etwa 20 Prozent weniger als bisher gedacht.“ Die Schätzungen der Wohnungslosenverbände seien zu hoch angesetzt gewesen.

Die Vereine allerdings sind näher am Menschen, hier konkurriert die individuelle Erfahrung von der Straße mit der theoretischen Arbeit der Statistiker.

Hinzu kommen laut Studie noch annähernd 50.000 „verdeckt wohnungslos“ lebende Menschen. Das meint jene Obdachlosen, die sich nicht anders zu helfen wissen und bei Freunden, Bekannten oder anderswo für eine bestimmte Zeit unterkommen. Insbesondere Frauen müssen dafür mitunter entwürdigende Gegenleistungen erbringen, um in höchster Not und Kälte nicht auf der Straße übernachten zu müssen.

Epoch Times spricht mit Menschen, die sich mitunter seit Jahrzehnten um Obdachlose bemühen. Der Vorsitzende einer Obdachlosenhilfe aus Hannover erklärt, er sei dringend auf Spenden angewiesen „von der 5-Minuten-Terrine bis zur Dose“ könne gern alles abgeben werden, vieles werde benötigt.

In Hannover erreichen wir Mario Cordes, den Vorsitzenden der Obdachlosenhilfe. Früher hat die Hilfe 400–500 Obdachlose versorgt, jetzt sind es „weit über 1.000“. Die Hauptproblematik sieht der Vorsitzende bei sich in Hannover aktuell in der Gesundheitsversorgung:

„Wenn die Obdachlosen bei uns ankommen, sind sie teilweise steif gefroren. Wenn wir abends unsere Pforten öffnen, haben die Menschen vielfach schon über Stunden gewartet, eingelassen zu werden. Die Tagestreffs für Obdachlose in der Stadt müssten in dieser Zeit unbedingt länger geöffnet haben.“

Hilfe kommt wohl erst, wenn der Winter vorbei ist

Irgendwelche neuen Wärmehallen, von denen in den Medien wegen der drohenden Energieknappheit die Rede war, die gebe es in Hannover nicht, sagt Mario Cordes, der sich aktuell darüber aufregt, dass ein Tagestreff neben der Notunterkunft steht, aber noch nicht eingerichtet wurde. „Die werden wohl erst fertig, wenn der Winter vorbei ist“, bemerkte er sarkastisch.

Für Cordes stellen Jugendliche, die aus Diskos kommen, eine weitere Gefahr für die Obdachlosen dar. Nämlich dann, wenn diese angetrunken auf Obdachlose einträten: „Das kommt hier in Hannover öfter mal vor.“

Auf die Frage, ob es Verteilungskämpfe gibt, bestätigt Cordes: „Natürlich sieht jeder zu, dass er als Erstes drankommt.“ Das sei ganz normal, wenn man auf der Straße lebt.

„Bei uns in der Einrichtung wird aber jeder versorgt.“ Benötigt werden in Hannover nach wie vor warme Kleidung und Lebensmittel. Selbst kleine Gaskochgelegenheiten werden gern genommen. Lebensmittel seien zwar da, aber nicht mehr im gleichen Maße wie früher. Jede Spende direkt an das „Kaffee Mensch“ in der Podbielskistraße 102 in Hannover sei willkommen.

Die spezielle Obdachlosensituation in Berlin schildert Marcel Luthe, früherer Abgeordnete und Gewerkschaftsgründer, gegenüber Epoch Times so:

„Die Zunahme von Armut und Obdachlosigkeit sehen wir in Berlin täglich – mitten auf dem Kurfürstendamm oder der Schloßstraße und in Nebenstraßen lagern Menschen, die mir im Gespräch bestätigen, dass sie Angst haben, in eine Unterkunft zu gehen, weil sie dort schon Opfer von Diebstahl, Gewalt oder gar Sexualdelikten durch andere Besucher geworden sind. Damit sinken formal die Zahlen der bekannten Obdachlosen, die aber real sichtbar steigen. Diese Form der Sozialpolitik hilft allenfalls unseriösen Betreibern, nicht aber den Mitbürgern, die wirklich Hilfe brauchen.“

In Köln bemüht sich der Verein „Heimatlos in Köln“ schon länger mit einer mobilen Hilfe um Obdachlose. Dort sind es mittlerweile über eintausend Obdachlose, erzählt eine Verantwortliche gegenüber Epoch Times. In ihrer Stadt sollen, so sagt sie, mittlerweile bis zu 8.000 Menschen wohnungslos sein. Auf die Frage, wie man hier helfen könnte, empfiehlt sie: Ein Lächeln gegenüber jemandem, der auf der Straße sitzt, wäre ein guter Anfang und häufig mehr wert, als viele glauben. Und es sei zudem kostenlos.

Ein Lächeln sättigt eine hungrige Seele

Und dann wünscht sie sich die Frage gegenüber dem Obdachlosen: „Was möchten Sie denn?“ Das seien ja Menschen in Not, die sich zwar über einen ungefragt hingegebenen Kaffee als warmherzige Geste freuen, die aber vielleicht doch lieber Tee trinken.

Auffällig sei ein Rückgang der Zuwendungen, die Menschen seien wegen des Ukraine-Krieges und der Energiepreise in Sorge und nicht mehr so spenden- und hilfsbereit wie zuvor. Aber schon in den beiden vergangenen Jahren sei es wegen Corona zurückgegangen. Der Fokus des Vereins liegt hier mehr auf der sozialen Betreuung der Obdachlosen.

Was bisher auf die Arbeit solcher Organisationen kaum Auswirkungen hat und auf der Straße kaum spürbar ankommt, sind die Vorhaben der Ampelregierung, die im Koalitionsvertrag festgeschrieben hatten, Obdachlosigkeit in Deutschland abzuschaffen. Aber der politische Wille kommt nicht von ungefähr. Die Vereinten Nationen hatten sich 2018 in einem mehrseitigen Bericht besonders kritisch über die Obdachlosigkeit in Deutschland geäußert.

Die Situation vor allem vieler älterer Menschen sei entwürdigend, schrieb die UN, Kinderarmut grassiere in Deutschland und die Grundsicherung reiche nicht aus, ausreichende Lebensstandards zu ermöglichen.

Nimmt man auf Basis der Erkenntnisse der letzten Jahre den Pull-Faktor deutscher Sozialleistungen für Millionen Migranten, dann ist diese Kritik hier allerdings vergleichsweise auf sehr hohem Niveau angesiedelt.

Denkt man noch die UN-Flucht- und Migrationspakte und ihre Auswirkungen mit, dann wird es endgültig verwirrend. Denn was die UN damit fordert, wirkt als zusätzlicher Booster einer angespannten Versorgungslage auch in Sachen Obdachlosigkeit.

Die UN fordert, die EU fordert – Ist Deutschland überfordert?

Pläne der UN werden Pläne der EU, werden Pläne der Bundesrepublik, werden Gesetze. Internationale und europäische Institutionen sind hier die Autoren des Koalitionsvertrages der Ampel, in den damit der Wille der UN und EU eingeschrieben wird.

Konkret hat die Ampelkoalition einen „Nationalen Aktionsplan“ angekündigt, der Obdachlosigkeit bis 2030 beenden soll. So soll beispielsweise das Mietrecht reformiert werden.

Im Detail sieht das für die Organisationen vor Ort nicht hilfreich aus. So steht aktuell beispielsweise ein Projekt in Mönchengladbach vor dem Aus, die „Rheinische Post“ titelt gar: „Ampel lässt obdachlose Frauen im Stich“, für das Hilfsprogramm stünde kein Geld mehr zur Verfügung.

Verstörend auch der Kommentar des Hamburger Tourismusverbandes von Ende November 2022 gegenüber „extra 3“:

„Ich denke, dass viele Obdachlose dazu führen, dass sich die Hamburgerinnen und Hamburger bedroht fühlen, aber natürlich auch Touristen und Touristinnen abgeschreckt werden. Es geht auch um das Ansehen der Stadt, um das Image der Stadt und ich denke, wir sollten Hamburg als schöne Metropole zeigen.“

Hier die aktuellen Temperaturen in den vorgestellten deutschen Großstädten: Köln: – 6 Grad, Hannover: – 6 Grad, Berlin: – 7 Grad.

 

Wer die genannten Vereine unterstützen möchte, findet hier die Kontaktdaten:

http://hik-koeln.de/impressum/

https://www.obdachlosenhilfe.org/impressum



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