Boykottrufe gegen Aldi Nord nach umfangreichen Nutzer-Blockierungen auf X

Die Supermarktkette Aldi Nord erntet für eine großflächige Blockieraktion auf X derzeit viel Gegenwind. Offenbar will sich nicht jeder in die rechte Ecke stecken lassen, nur weil er einem vermeintlich „rassistischen“ X-Nutzer folgt. Der Hashtag #AldiBoykott macht bereits die Runde.
Titelbild
ALDI Nord Filiale in Lünen am 5. März 2021. Symbolbild.Foto: LEON KUEGELER/AFP via Getty Images
Von 27. Oktober 2023

Der Discounter Aldi Nord hat mit seiner strengen Blockierungspraxis auf X (vormals Twitter), die sich angeblich gegen „diskriminierende“ und „rassistische“ Kommentatore richten soll, für mächtig Ärger gesorgt. Denn von der virtuellen Ausgrenzung des Supermarktriesen getroffen wurden auch X-Nutzer, die sich keiner Schuld bewusst sind und nichts Falsches getan hatten.

Nach stundenlangem Spott, Schimpfattacken und dem Aufstieg des Hashtags #Aldiboykott sah sich die Aldi-Nord-Presseabteilung am frühen Nachmittag des 26. Oktober offenbar gezwungen, auf X zu reagieren:

Seit Kurzem erhalten wir diskriminierende und teils rassistische Erwähnungen, die sich auf die Darstellung unserer Models im aktuellen Prospekt beziehen. Daher haben wir den User und seine Follower gesperrt.“

Der angehängte Link führt zu einer ausführlicheren Stellungnahme auf der Netzseite der Pressestelle des Discounters.

„Rassistischer“ Kommentar zum Werbeprospekt als Auslöser?

Losgetreten hatte das ganze Theater wohl ein X-User namens „Marcel“ beziehungsweise @ElliotStabler92, wie das Nachrichtenportal „Reitschuster.de“ berichtete. Der erfolgreiche X-Man – immerhin gut 14.000 Follower stehen zu Buche – hatte am 25. Oktober einen Ausschnitt des Aldi-Werbeprospekts zur Kalenderwoche 44 (Seite 16) gepostet, auf dem herbstliche Freizeitkleidung beworben wird.

Auf dem Bild ist ein junger Mann mit dunkler Hautfarbe zu sehen, der einer jungen Frau mit heller Hautfarbe im Wald folgt. Der Blick des Mannes geht in Richtung der Frau. Bei „Marcel“ war über dem Ausschnitt der folgende Text zu lesen: „Was will uns diese Werbung von @ALDINord_Presse vermitteln? Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.“

Bildausschnitt aus dem Werbeprospekt zur Kalenderwoche 44/2023 von Aldi Nord. Foto: Bildschirmfoto/ALDI Nord

Bildausschnitt aus dem Werbeprospekt zur Kalenderwoche 44/2023 von Aldi Nord. Foto: Bildschirmfoto/ALDI Nord

Inzwischen ist der Tweet in der Originalfassung auf X nicht mehr aufzufinden, nur noch ähnliche Einträge wie jener von Jupp Feinbein blieben online. Anfangs aber sahen, lobten oder verbreiteten Tausende X-Nutzer den „Marcel“-Tweet, fügten Kommentare hinzu, drehten die Idee selbst weiter. Mehr oder weniger originell, mehr oder weniger anstößig. Die Logik der (a)sozialen Netzwerke eben: seit Jahren gleichermaßen üblich und umstritten.

Aldi Nord macht Tabula rasa

Das Presseteam von Aldi Nord empfand die „Tonalität der Äußerungen“ allerdings „fast ausschließlich diskriminierend und teilweise rassistisch“ und versperrte nicht nur dem Nutzer „Marcel“, sondern in einem Aufwasch auch dessen Followern den Zugang zum Aldi-Nord-X-Account. In der offiziellen Stellungnahme des Presseteams heißt es:

Da seitens der Plattformbetreiber nicht ausreichend gegen solche sogenannte Hate Speech vorgegangen wird, haben wir entschieden, selbst aktiv zu werden. Im Rahmen einer „Blockchain“ haben wir das Profil, auf dem der fremdenfeindliche Post initial veröffentlicht wurde, seitens ALDI Nord blockiert. Ebenso alle Profile, die diesem Konto folgen.“

Wer das „Gedankengut“ nicht teile, könne sich ja bei Aldi Nord melden. Dann würde der Discounter deren Zugang „selbstverständlich“ wieder entsperren. Was genau die zu Unrecht Gesperrten dafür unternehmen müssen, geht aus der Presseerklärung nicht hervor.

„Kontaktschuld und kollektive Bestrafung“

War zuvor auf X und auch sonst im Netz nur darüber spekuliert worden, ob Aldi Nord tatsächlich zu derartig großflächigen automatischen Blockierungen greifen würde, um seine politische Haltung zu unterstreichen, besteht nun also kein Zweifel mehr daran. Und die Wogen sind offensichtlich noch lange nicht geglättet.

Die Userin „Hirnschluckauf“ etwa schreibt: „Kontaktschuld und kollektive Bestrafung. Macht Ihr das auch bei Euren Angestellten? Wenn einer Mist baut, müssen alle bluten.“

„Angel“ meint: Ohne Worte! Ich denke, das war ein Eigentor! Ihr, als ein Lebenmittelhandel, solltet nicht anfangen, Menschen zu erziehen! Konzentriert euch auf eure Kernaufgaben!“

„Farmer John’s herbstliche Shitpost Scheune“ zeigt ebenfalls Haltung:

Ich schwöre hiermit niemals wieder einen Fuß in eine ALDI Filiale zu setzen. Und nein dies ist kein leeres Versprechen. Ich lasse mich nicht von einem Discounter erziehen.“

Reaktion: #AldiBoykott

Die dahinter stehende Userin scheint nicht die einzige zu sein, die so denkt. Längst macht der Hashtag #AldiBoykott die Runde. „Keinen Millimeter für Demokratiefeinde! #AldiBoykott“ meint etwa Evi Denz. Auch der Nutzer „Zukunft 37“, der dem Discounter als einer der ersten die Stirn geboten hatte, will mitmachen. Ebenso der Rechtsanwalt Markus Haintz, Jane Banane oder Lexa.

Sollten die verärgerten X-Nutzer ihren Worten Taten folgen lassen, könnte sich das durchaus auf den Umsatz der Aldi-Nord-Kette auswirken. Genau das war nach Angaben der „Tagesschau“ nämlich erst im Sommer dem Discounter Penny passiert.

Unter dem Motto „Wahre Preise“ hatte die REWE-Tochter einige Lebensmittel zu weit höheren Einkaufskosten als gewohnt angeboten, um ihre Kunden für die normalerweise nicht in Rechnung gestellten „Umweltfolgekosten“ zu sensibilisieren. Doch diese Art des „politisch korrekten“ Marketings kam keineswegs überall gut an: „Penny erwartet im Zuge der Auswertung der insgesamt sechs Einkaufstage unter dem Strich einen einstelligen Millionenverlust“, räumte die „Tagesschau“ ein. Penny habe „ aber schon vorher damit gerechnet“.

Bereits im März hatte Penny-Mutter REWE spezielle „Klimapreise“ für seine Waren ausgewiesen, die deren CO₂-Bilanz transparent machen sollten. Auch andere Supermarktketten hatten ähnliche Initiativen gestartet.

Aldi Süd hat mit der Boykottaktion übrigens nichts zu tun. Die beiden Unternehmen operieren seit 1961 völlig getrennt voneinander.



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