Das Betriebssystem des menschlichen Körpers anzapfen

Das WEF treibt die Mikrochiptechnik voran, Implantate in Kinderköpfen für mehr Sicherheit und eine Diskussion über neue ethische Regeln.
Chip im Gehirn?
Implantate könnten zu ähnlichen Hilfsmitteln wie Brillen oder Hörgeräten werden, schlägt das WEF vor.Foto: iStock
Von 28. August 2022

Wollen Eltern immer wissen, wo sich ihr Kind gerade befindet? Was wären sie bereit zu tun, damit ihr von einer Lese- und Rechtschreibschwäche betroffener Sohn diesen Makel überwinden kann?

Wie weit würden sie gehen, um die Belastungen der an ADHS leidenden Tochter letztlich für die ganze Familie zu reduzieren? Statt langen Suchens, stundenlanger Schreibübungen und Therapien oder der – möglicherweise – lebenslangen Einnahme von Medikamenten mit erheblichen Nebenwirkungen gibt es für alles eine Lösung: den Mikrochip.

Das Weltwirtschaftsforum (WEF) stellt diese Technologie in einem Blogbeitrag vor, der sich mit der Zukunft der erweiterten Realität (Augmented Reality, kurz AR) befasst, und preist sie in den höchsten Tönen an.

Chip als modischer Artikel

Wohl wissend, dass es viele bei dem Gedanken schaudert, einen Chip im Kopf zu tragen, der das eigene Handeln durch das Aussenden von Impulsen steuern kann, bringt das WEF die Möglichkeit ethischer Bedenken gleich mit ins Spiel.

Gleichzeitig wird der Eindruck vermittelt, dass es sich bei dieser Technologie nur um eine Frage der Zeit handelt, bis sie gesellschaftsfähig ist. Implantate werden sich zu einer Ware entwickeln, heißt es in dem Blogbeitrag weiter – ähnlich anderer Hilfsmittel wie Brillen oder Hörgeräte, die längst als „Modeartikel“ gelten.

Schließlich seien die Miniatursender im Körper auch eine Alternative zu Medikamenten, „die oft unerwünschte Nebenwirkungen zeigen, weil sie mehrere biologische Prozesse gleichzeitig beeinflussen.“

Mit Körper und Umwelt verknüpfen

Unter dem Begriff „Augmented Reality“ versteht man das Zusammenspiel von digitalem und analogem Leben. Und diese Verknüpfung sollte nach Vorstellung des WEF in praktisch alle Bereiche unseres Daseins Einzug halten.

Bildung, Medizin, Berufsleben, Freizeitgestaltung. Die Technologie wird in Form von Implantaten „stärker mit dem Körper verflochten, aber sie lässt sich auch nahtlos in die Umwelt integrieren“. So könne man beispielsweise auch Sensoren auf einem Stuhl haben.

Chip soll Symptome von Krankheiten mildern

Gehirnimplantate brächten uns einen Schritt weiter und ermöglichen es uns, direkt das „Betriebssystem des Körpers anzuzapfen“. Es sei bereits damit begonnen worden, über neuronale Sonden mit dem Gehirn in Kontakt zu treten, um die Symptome von Krankheiten wie Epilepsie, Parkinson oder Depression zu mildern.

Die meisten Anwendungen basierten auf medizinischer Notwendigkeit und nicht auf einem Gedankenlesewerkzeug. „Es stimmt zwar, dass Unternehmen wie Neuralink das Gehirn von Anfang an ins Visier genommen haben, aber Gehirnimplantate sind möglicherweise nicht die erste Wahl in unserer erweiterten Gesellschaft“, heißt es in dem WEF-Beitrag weiter.

Ethische Fragen bestimmen Grenzen für transformative Technologie

Die Grenzen für „transformative Technologien“ würden eher durch ethische Argumente als durch wissenschaftliche Fähigkeiten festgelegt. „Unabhängige Institutionen“, politische Entscheidungsträger und Forscher sollten den „ethischen Rahmen für gesellschaftliche Aspekte der AR-Technologie aufbauen“.

Der Europarat hat kürzlich einen Aktionsplan veröffentlicht, der sich mit den Fragen befasst, die durch die Nutzung von Neurotechnologien aufgeworfen werden. So heißt es dort unter anderem, ob Fragen bestehender Menschenrechte ausreichend berücksichtigt werden, „oder, ob neue Menschenrechte in Bezug auf kognitive Freiheit, geistige Privatsphäre, geistige Unversehrtheit und psychologische Kontinuität in Betracht gezogen werden müssen, um Neurotechnologien zu regeln“.

Mehrere Länder prüfen derzeit, wie sie diese Fragen im Zusammenhang mit (Hirn-)Implantaten angehen könnten. In den Niederlanden werden Fragen im Zusammenhang mit den Auswirkungen der AR-Technologie am „Rathenau Instituut“ behandelt. Es handelt sich um eine von der Regierung gegründete „unabhängige Institution“. Chile hat bereits im vergangenen Jahr einen Gesetzentwurf zur Änderung seiner Verfassung zum Schutz personenbezogener Gehirndaten auf den Weg gebracht.

Das WEF feiert die Technologien, die dazu dienen würden, die Menschen zu unterstützen und ihre Lebensqualität zu verbessern. Die Aufgabe sei gewaltig, denn die Ethiker müssten nicht nur die „aufblühende Technologie“, sondern auch mögliche künftige Anwendungen unter die Lupe nehmen.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 59, vom 27. August 2022. >>> Shop



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