Fallzahl sexuell missbrauchter Kinder binnen fünf Jahren verfünffacht

„In Deutschland werden pro Tag 48 Kinder Opfer von sexueller Gewalt“, erklärte Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamts, bei der Vorstellung der Zahlen kindlicher Gewaltopfer.
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SymbolbildFoto: sexuellen Missbrauch/iStock
Epoch Times23. Mai 2023

Die Zahl der Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen hat sich binnen fünf Jahren verfünffacht. 2022 gab es 17.437 Opfer, wie der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung der Zahlen kindlicher Gewaltopfer sagte. „In Deutschland werden pro Tag 48 Kinder Opfer von sexueller Gewalt“, fügte er hinzu.

Insgesamt 15.520 Fälle wurden registriert. Im Bereich der Herstellung und des Besitzes der Missbrauchsdarstellungen gab es 42.075 Fälle, ein Plus von 7,4 Prozent im Vergleich zu 2021. Ursache für die steigenden Zahlen seien stark gestiegene Hinweiszahlen.

Von 136.000 Hinweisen aus den USA seien 90.000 strafrechtlich relevant gewesen. 68.000 Fälle leitete das BKA an die Länder weiter. Für das kommende Jahr erwarte er einen neuen Anstieg der Fallzahlen, sagte Münch.

Kinder und Jugendlichen besitzen Jugendpornografie

Auch die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die Missbrauchsdarstellungen und jugendpornografische Inhalte besaßen oder über soziale Medien weiter verbreiteten, stieg stark an. Waren es 2018 noch 1373 Tatverdächtige unter 18 Jahren, wuchs die Zahl 2022 auf 17.549 an. Die Zahl konnte sich somit mehr als verzwölffachen.

Münch forderte eine Mindestspeicherung von IP-Adressen. „In vielen Fällen ist die IP-Adresse der einzige Ermittlungsansatz“, sagte Münch. Könne diese nicht verfolgt werden, müssten Verfahren eingestellt werden. Dadurch bestehe das Risiko, dass noch andauernde Missbrauchstaten nicht unterbunden werden könnten.

2022 sei die Zahl der getöteten und misshandelten Kinder und Jugendlichen zurückgegangen. 101 Kinder und Jugendliche wurden getötet, ein Rückgang um 30 Prozent. 51 Kinder und Jugendliche wurden vorsätzlich getötet, die anderen fahrlässig. Im Bereich der Misshandlung gab es 4.281 Opfer, ein Rückgang um zweieinhalb Prozent im Vergleich zu 2021.

Dunkelfeldforschung gefordert

Die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Kerstin Claus, forderte eine Dunkelfeldforschung und ein Forschungszentrum, um die Daten kontinuierlich zusammenzuführen und für die Politik nutzbar zu machen.

Die meisten der tatverdächtigen Minderjährigen handle nicht sexuell motiviert, sondern aus Naivität. Vielfach hätten diese gar nicht verstanden, dass es sich bei vermeintlich coolen Bildern oder mit Musik unterlegten Videos um Missbrauchsdarstellungen handle.

Claus forderte deswegen eine Anpassung des Paragrafen zu Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte. Die strafrechtliche Verfolgung binde in diesen Fällen Ressourcen, die für die Verfolgung von klassisch kriminellen Täterkreisen fehlten.

„Ziel muss sein, dass eindeutig ausbeuterische Taten zu Lasten von Kindern oder Jugendlichen weiterhin mit hohen Strafen geahndet werden, gleichzeitig aber Fälle mit geringem Unrechtsgehalt frühzeitig eingestellt werden können“, sagte Claus. Zudem brauche es eine Stärkung des Kinder- und Jugendschutzes im Netz.

Folgen aus dem Lockdown

Angesichts der gestiegenen Zahlen minderjähriger Täter forderte die Deutsche Kinderhilfe eine Prävention, die so früh wie möglich beginnen solle. „Wir haben diese Kinder und Jugendlichen in den Zeiten der Lockdowns zu oft vergessen und müssen uns jetzt mit den Folgen auseinandersetzen und diesen Kindern endlich echte Unterstützung geben“, erklärte der Ehrenvorsitzende der Deutschen Kinderhilfe, Rainer Becker.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nannte die Zahl von 48 missbrauchten Kindern am Tag „zutiefst erschütternd“. Kinder vor sexualisierter Gewalt zu schützen, habe für sie höchste Priorität. „Kein Täter darf sich vor Strafverfolgung sicher fühlen – das sind wir den Opfern dieser entsetzlichen Taten schuldig“, erklärte sie am Dienstag.

(afp/red)



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