Gehen LGBTI-Rechte vor Glaubensfreiheit? Bericht vor UN-Menschenrechtsausschuss wirft Fragen auf

Ein LGBTI-Ermittler erklärt, dass „religiöse Narrative“ die „sexuelle und geschlechtliche Vielfalt unterdrücken“ würden. Kritiker befürchten darauf aufbauend in Zukunft eine staatliche Einmischung in religiöse Angelegenheiten.
Titelbild
Eine Regenbogenflagge vor der katholischen Kirche in Danzig.Foto: iStock
Von 23. Juni 2023

Das Recht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit dürfe nicht als Vorwand für Gewalt oder diskriminierende Verweigerung der Menschenrechte von LGBT-Personen benutzt werden, erklärte Victor Madrigal-Borloz. Der Experte für sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität legte dem Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen dar, auf welche Weise die Glaubensfreiheit in seinen Augen die Rechte der LGBT-Gemeinschaft diskriminiert.

Bei der Vorstellung seines Berichts auf der 53. Sitzung des Menschenrechtsrats am 21. Juni in Genf betonte Madrigal-Borloz, dass Gewalt, Diskriminierung und Ausgrenzung schwerwiegende und negative Folgen für die Persönlichkeit, die Würde und die Spiritualität von LGBT-Personen haben könnten.

Zudem ist er besorgt, dass religiöse oder weltanschauliche Führer Hassreden und/oder Intoleranz gegenüber LGBT-Personen schüren könnten, „indem sie sie zum Sündenbock für Kontroversen machen, sie als Bedrohung für die traditionelle Familie darstellen […]“.

Victor Madrigal-Borloz ist Rechtswissenschaftler in Costa Rica und seit Juli 2019 leitender Gastwissenschaftler im Menschenrechtsprogramm der Harvard-Universität in Cambridge in Massachusetts. Von 2018 bis 2020 war er LGBTI-Ermittler der UN, der sich um die Rechte sexueller und geschlechtlicher Minderheiten auf der ganzen Welt kümmern sollte.

„Staatliche Einmischung in religiöse Angelegenheiten“ vorprogrammiert

Kritiker befürchten, dass dieser Bericht nicht nur das öffentliche Bekenntnis zu einer bestimmten Glaubensrichtung berührt. Er ebne vor allem den Weg für eine staatliche Einmischung in religiöse Angelegenheiten.

So heißt es in einer Petition, die an Dr. Katharina Stasch, die deutsche Botschafterin bei den Vereinten Nationen in Genf, gerichtet ist:

Der Bericht kann weitreichende Folgen haben, nicht nur für uns Christen, sondern für alle Religionen auf der Welt. Wenn die UN die Forderungen von Queer-Aktivisten für wichtiger erachtet als die Religionsfreiheit, könnte sie als nächsten Schritt die Religionsfreiheit aus den Menschenrechten streichen.“

Die am 19. Juni ins Leben gerufene Petition hat innerhalb von drei Tagen fast 200.000 Unterzeichner gewonnen.

Wie die Ersteller des Appells angeben, glaube Madrigal-Borloz, dass „Religionen und insbesondere das Christentum seit langer Zeit schuld seien an Gewalt, Diskriminierung, der Unterdrückung von sexueller Vielfalt und der Verbreitung von heteronormativer Ideologie.“

„Einmischung der Queer-Beauftragten in Sakrament der Ehe“

Wie die Petitionsersteller aus Madrigal-Borloz‘ Bericht herauslasen, würde er, wo immer er einen „Widerspruch zwischen christlichem Glauben und der Queer-Ideologie feststelle“, fordern, dass „die Ideologie Vorrang“ hätte.

Und weiter: „Wenn Madrigal-Borloz seinen Willen bekommt, dürften sich in Zukunft Regierungen und ihre jeweiligen Queer-Beauftragten in unsere Religionsausübung einmischen.“

Demnach bestünde zum Beispiel die Gefahr, dass „Priester gezwungen werden, das Sakrament der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen“. Und „Regierungen könnten in Zukunft sogar entscheiden wollen, wer ein ‚Recht‘ hat auf die Priesterweihe oder die Kommunion“, befürchten die Ersteller des Appells.

Empfehlungen an Staaten und relevante Entscheidungsträger

Vor seinem Bericht vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf hatte Madrigal-Borloz dazu aufgerufen, Beiträge zu dem Thema einzureichen, was bis zum 15. Januar 2023 möglich gewesen war. Alle interessierten Staaten, zivilgesellschaftliche Organisationen, religiöse Einrichtungen und Führungspersonen und Organisationen waren dazu aufgefordert, zehn Fragen für seinen Bericht zu beantworten.

Dabei fragte er unter anderem nach eventuellen Spannungen zwischen dem Recht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit und dem Recht auf Schutz vor Gewalt/Diskriminierung aufgrund sexueller Ausrichtung.

Zudem erfragte er Bereiche, in denen sie einander ausschließen würden. Auch fragte er die Teilnehmer, ob der Staat in irgendeiner Form Normen übernommen hätte, die angeblich dem Schutz der Religions- oder Glaubensfreiheit dienen würden, aber stattdessen Gewalt und Ausgrenzung von Personen aufgrund sexueller Orientierung fördern oder billigen würden.

Seine daraus entstandenen Empfehlungen will Madrigal-Borloz an Staaten und andere relevante Entscheidungsträger weiterleiten. Dadurch könnten diese ihren „Verpflichtungen gemäß den internationalen Menschenrechtsgesetzen in vollem Umfang nachkommen, um LGBT+-Personen […] zu befähigen, ihr Glück zu finden und alle ihre Menschenrechte zu beanspruchen und zu genießen“, heißt es auf der Website vom Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte.

 



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