m/w/d – Nordkirche beschließt Gesetz zur Geschlechtervielfalt, Folgen nicht abschätzbar

Egal welchen Geschlechts, bei der Nordkirche sind alle Personen willkommen, wie das neue Gesetz zur Geschlechtervielfalt vorsieht. Die Folgen sind weitreichend, beispielsweise wenn es um geschlechtergerechte Sanitäranlagen oder Unterbringung im Rahmen von Kinder- und Jugendfreizeiten geht.
In der Nordkirche sind alle Geschlechter willkommen (Symbolbild). Foto: iStock
In der Nordkirche sind alle Geschlechter willkommen (Symbolbild).Foto: iStock
Von 3. Oktober 2023

Nach ausführlicher Diskussion hat die Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) am 30. September 2023 das Kirchengesetz zur Berücksichtigung der Geschlechtervielfalt in zweiter Lesung angenommen. Ulrike Hillmann, die Präses der Landessynode, zeigte sich nach der Abstimmung erfreut.

„Mit diesem Beschluss ist die Anerkennung und Gleichberechtigung aller Geschlechter – weiblich, männlich, divers sowie nicht-binär – in der Nordkirche gesetzlich verankert“, erklärte sie. Sie sei froh, dass die Nordkirche diesen Schritt nun vollzogen habe. Damit werde das, was im staatlichen Recht bereits seit fünf Jahren Realität ist, auch rechtlicher Bestandteil der Nordkirche.

„Niemand darf aufgrund seiner Geschlechtlichkeit oder Geschlechteridentität diskriminiert werden“, so Hillmann. „Alle Geschlechter sind in unserer Nordkirche willkommen!“

Unklar ist jedoch, wie viele Personen sich überhaupt von der Neuregelung der Nordkirche angesprochen fühlen. Denn genaue statistische Zahlen gibt es nicht. „Anzunehmen ist, dass das Fehlen belastbarer Zahlen auf gesellschaftliche Tabuisierung und Stigmatisierung verweist, die eine Änderung im Personenstand bzw. ein Coming-out erschweren, so dass Menschen außerhalb der binären Zuordnungen statistisch unerkannt bleiben und dadurch empirische Nachweise einer Unterrepräsentanz sowie struktureller Benachteiligungen schwer abzuleiten sind“, heißt es von der Nordkirche.

Damit lasse sich die Verwirklichung der Geschlechtergerechtigkeit quantitativ nicht hinreichend definieren. Es gehe eher um die Anerkennung und Ermöglichung der Teilhabe dieser Personengruppe durch das Diskriminierungsverbot – beispielsweise durch Gleichstellungsinstrumente wie „das Aufbrechen von tradierten Rollenbildern und Stereotypen“.

Laut § 5 des Gesetzes soll bei der Besetzung kirchlicher Gremien darauf hingewirkt werden, „dass Menschen jeden Geschlechts teilhaben können und sich ebenso viele Frauen wie Männer zur Wahl stellen“.  Außerdem ist nach § 15 „mindestens eine Person“ für Geschlechtergerechtigkeit in den Kirchenkreisen durch den jeweiligen Kirchenkreisrat zu berufen. Ehemals lautete die Formulierung: „mindestens eine Frau oder ein Mann“.

Folgen des Gesetzes nicht umfassend abschätzbar

Wie aus der Vorlage zur Beratung des Gesetzes hervorgeht, bringt die Geschlechtervielfalt eine Reihe Herausforderungen mit sich. Das Gesetz sieht unter anderem eine geschlechtersensible Sprache vor. Bei der Entsendung oder Berufung in Gremien ist darauf zu achten, dass Menschen jeden Geschlechts angemessen berücksichtigt werden. Außerdem werden Stellen künftig für Menschen jeden Geschlechts ausgeschrieben.

Laut Nordkirche ist zudem davon auszugehen, dass die Erweiterung der Perspektive auf Menschen jeden Geschlechts auch Folgewirkungen für Gebäude haben könne, beispielsweise im Rahmen der Sicherstellung von geschlechtsneutralen Sanitäranlagen oder bei Fragen der Unterbringung im Rahmen von Kinder- und Jugendfreizeiten.

Ebenso sieht die Nordkirche Folgewirkungen auf Gesetze, Rechtsverordnungen und Satzungen sowie Verwaltungsabläufe. „Diese können im Vorfeld nicht umfassend abgeschätzt werden“, heißt es.

Denkbar sind:

  • Erweiterungen der Statistik um Menschen mit nicht-binärem Geschlecht,
  • Empfehlungen zu einer geschlechtersensiblen Kommunikation (zum Beispiel Anrede, Öffentlichkeits- und Pressearbeit),
  • Anpassung im Formularwesen und im Bereich von Urkunden und kirchlichen Amtshandlungen (zum Beispiel Anpassungen im Meldewesen, Taufe und Heirat) oder
  • Veränderungen in Personalrekrutierung und -entwicklung (zum Beispiel Anpassung von Stellenanzeigen, geschlechtsdiversitätsinklusive Einstellungs- und Auswahlverfahren).

Das Gesetz war im Februar 2022 schon einmal beraten worden und damals in zweiter Lesung knapp gescheitert. Im Gegensatz zum damaligen Entwurf ist mit dem nun beschlossenen Gesetz keine Änderung der Verfassung der Nordkirche notwendig.



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