Messer und Messerangriffe: Ein blinder Fleck
Bisher ging es in der Artikelserie „Ein Wort, zwei Welten“ um mehr oder weniger abstrakte Begriffe wie Freiheit und Gemeinwohl. Diesmal geht es um das „Messer“, also um ein Wort, das einen Alltagsgegenstand beschreibt. Auch hier zeigt sich, dass unterschiedliche Weltanschauungen zu anderen Wortassoziationen führen.
Weitgehende Einigkeit dürfte darüber bestehen, dass Messer zu den ältesten Werkzeugen der Menschheitsgeschichte zählen. Auch Ötzi, die Gletschermumie aus der Steinzeit, hatte ein Messer dabei. Sein Dolch hatte eine Feuersteinklinge und einen Griff aus Eschenholz.
Eine Firma aus El Salvador fertigt in Anlehnung an das Original ein „Otzi Knife“ mit einer Klinge aus Metall (in Feuersteinoptik), das keineswegs veraltet wirkt. Trotz zahlreicher Verbesserungen im Detail hat sich die Messergrundform und die Zusammensetzung aus Griff und Klinge nur wenig geändert.
Heute gibt es eine unglaubliche Vielfalt unterschiedlichster Messer. In der Küche werden meist feststehende Messer eingesetzt, unterwegs häufig Klappmesser. Die Materialauswahl für Griff und Klinge, die Mechanik der Klappmesser und auch die unterschiedliche Gestaltung führen dazu, dass für jede Anwendung und jeden Geschmack das passende Messer zu finden ist – oder als Einzelstück angefertigt werden kann.
Debatte zu Messerangriffen
Dass auch beim Messer die Weltanschauung eine Rolle spielt, zeigt sich besonders deutlich in der aktuellen Diskussion über Straftaten mit dem Messer und der angemessenen Reaktion darauf.
Aus ideologischer Perspektive lassen sich Messerangriffe vermeiden, indem das Mitführen von Messern in der Öffentlichkeit verboten wird. Einschränkungen zum „Führen“ (so lautet der rechtliche Begriff) von Messern gibt es bereits. Die Klingenlänge bei feststehenden Messern darf in Deutschland zwölf Zentimeter nicht überschreiten und Klappmesser dürfen nicht mit einer Hand geöffnet und arretiert werden können.
Diese Einschränkungen sind aus ideologischer Sicht nicht ausreichend, die Vorschläge reichen von der Einrichtung beziehungsweise der Ausweitung sogenannter Waffenverbotszonen bis zum totalen Messerverbot. Dabei wird (unbewusst) davon ausgegangen, dass die Ursache der Straftaten das Messer selbst ist.
Aus praxeologischer Perspektive geht die Gefahr von Straftaten vom Menschen aus und nicht vom Messer. Es ist der handelnde Mensch, der ein praktisches – und zudem unverzichtbares – Werkzeug für eine Straftat einsetzt beziehungsweise als Waffe missbraucht.
Aus dieser Perspektive sollten Maßnahmen zur Verringerung von Straftaten mit dem Messer (oder anderen Gegenständen) beim Menschen ansetzen. Dies erfordert als ersten Schritt eine sorgfältige Analyse, damit gezielt dort angesetzt werden kann, wo der Hebel am größten ist.
Helfen restriktive Gesetze?
England hat derzeit die restriktivsten Messerverbote in ganz Europa, trotzdem ist die Anzahl der polizeilich erfassten Messerstraftaten ausgesprochen hoch. Die Schweiz hat eine hohe Anzahl an Schusswaffen, trotzdem gibt es wenig Straftaten damit. Beides zeigt, dass es wichtig ist, auf Korrelation und Kausalität zu schauen und den Blick nicht nur auf das Objekt zu richten.
Auch Einzelbeispiele zeigen, dass die Reduzierung von Straftaten beim Menschen ansetzen muss, um erfolgreich sein zu können. Bevor 2005 Maßnahmen zur Gewaltverringerung eingeleitet wurden, galt die schottische Stadt Glasgow als die gewalttätigste in Europa. Die Identifikation und gezielte Ansprache von Gefährdern durch medizinisches Personal, Sozialarbeiter und Polizei ermöglichte positive Veränderungen.
Wenn ideologische Überzeugungen dominieren und den Blick auf die tatsächliche Gefahrenquelle Mensch verhindern, kann es zwar trotz dieses blinden Flecks eine Vielzahl von Maßnahmen geben, doch dass diese erfolgreich sein werden, ist eher unwahrscheinlich.
Ein weiterer Punkt kommt hinzu: Messer sind auch heute noch absolut unverzichtbare Werkzeuge. Zusätzlich sind Messer ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor. Der Umsatz der deutschen Schneidwarenindustrie lag 2021 bei rund 1,5 Milliarden Euro, die Branche bietet zahlreiche Arbeitsplätze.
Wenn Politiker bei aktuellen Straftaten und/oder im Wahlkampfmodus fast schon reflexhaft Messerverbote und Waffenverbotszonen fordern, sollten wir im Hinterkopf haben, dass böse Menschen damit nicht von Messerangriffen abgehalten, aber einfache Bürger mit Taschenmesser kriminalisiert werden.
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