Ostbeauftragter: Im Westen traut sich keiner mehr, etwas zu sagen

Findet zu wenig Dialog zwischen Ost und West statt? Ja, sagt der Ostbeauftragte Carsten Schneider. Und bemängelt auch, dass sich im Westen keiner mehr traue, etwas zu sagen – aus Sorge, dass es falsch ankomme.
«Das Bittere ist, dass es zu wenig Interesse in Westdeutschland gibt für die Situation in Ostdeutschland», sagt der Ostbeauftragte des Bundes, Carsten Schneider.
„Das Bittere ist, dass es zu wenig Interesse in Westdeutschland gibt für die Situation in Ostdeutschland“, sagt der Ostbeauftragte des Bundes, Carsten Schneider.Foto: Sebastian Willnow/dpa
Epoch Times30. März 2023

Der Ostbeauftragte Carsten Schneider beklagt eine Sprachlosigkeit zwischen den Deutschen in Ost und West. „Das Bittere ist, dass es zu wenig Interesse in Westdeutschland gibt für die Situation in Ostdeutschland“, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Dazu gehört aber auch, dass sich im Westen keiner mehr traut, etwas zu sagen, weil es falsch ankommen könnte. Das finde ich schlimm.“

Er bezog dies auf die Debatte über den Bestseller des Leipziger Literaturprofessors Dirk Oschmann „Der Osten, eine westdeutsche Erfindung“. Dazu sagte Schneider: „Das Grundproblem ist doch, dass Oschmann provoziert, aber es reagiert kaum jemand da drüben. Was mich irritiert, ist, dass kein Dialog stattfindet.“

Zentrale These: Westen beherrscht seit 1990 Diskurs

Oschmanns zentrale These ist, dass der Westen seit der deutschen Vereinigung 1990 den Diskurs beherrscht, sich selbst als Norm setzt und den Osten als Abweichung verunglimpft.

Der Westen urteile „zynisch, herablassend, selbstgefällig, ahistorisch und selbstgerecht“ über den Osten. Oschmann fordert die Abschaffung des Amts des Ostbeauftragten, weil es Abhängigkeit symbolisiere.

Dem widersprach Schneider. „Die Position des Ostbeauftragten unterstreicht eine Priorität der Bundesregierung und ist insofern eine Bevorzugung vor anderen Regionen“, sagte er. „Der Hintergrund ist, dass wir hier besondere Herausforderungen nach den Umbruchserfahrungen der letzten 30 Jahre haben und es noch immer fundamentale sozioökonomische Unterschiede gibt.“

Oschmanns Thesen bewertete Schneider zurückhaltend. „Dirk Oschmanns Buch ist ein Schrei“, sagte der 47-Jährige. „Er steht für die Lebenserfahrung seiner Generation. Menschen wie ich, die zehn Jahre oder noch jünger sind, teilen diese Erfahrung nicht unbedingt.“

Schneider sagte auch: „Sich als Ostdeutscher zu bezeichnen, hat sich im Osten herausgebildet. Das ist keine Zuschreibung aus dem Westen. Das ist eine Selbstermächtigung bei Teilen der Ostdeutschen in den letzten Jahren, sich zu wehren und zu sich zu stehen, ohne sich total anzupassen.“ (dpa/red)



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