UN will Diskriminierung von Armen „ausrotten“

UN: Stigmatisierung Bedürftiger ist eine Menschenrechtsverletzung. Länder sollen sich verpflichten, Bürger von der Geburt bis zum Tod abzusichern.
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Die UN wollen die Diskriminierung Armer als Menschenrechtsverletzung einordnen.Foto: Viktor Sidorov/iStock
Von 15. November 2022

Die Vereinten Nationen (UN) planen, dass die Stigmatisierung von in Armut lebenden Menschen künftig als Menschenrechtsverletzung zu betrachten ist. Das geht aus einem Bericht des UN-Sonderbeauftragten Olivier de Schutter hervor.

Der belgische Rechtswissenschaftler nennt dazu auch den passenden Begriff: „Povertyism“ (Armutismus). „Menschen werden stereotypisiert und diskriminiert, nur weil sie arm sind. Das ist ehrlich gesagt widerlich und ein Schandfleck für unsere Gesellschaft“, sagte der 54-Jährige kürzlich bei der Vorstellung seines Berichts vor der Generalversammlung der UN.

Globaler Sozialschutz-Fonds

Menschen würden aber nicht nur diskriminiert, weil sie wenig verdienten, Dialekte sprächen oder schlecht gekleidet seien, führte de Schutter aus. Schlecht behandelt oder ausgegrenzt würden sie auch allein aufgrund ihres „sozioökonomischen Status“.

Das gelte auch für den Umgang mit Armen bei Behörden. So hätten beispielsweise Menschen, die Sozialleistungen beantragt hatten, berichtet, dass sie mit Misstrauen und Geringschätzung behandelt worden seien. „Dies hat zur Folge, dass Berge von Geld nicht eingefordert werden“, sagt De Schutter.

Armut hat viele Facetten

Arm zu sein bedeute nicht nur, dass das Einkommen nicht ausreiche, um die Waren und Dienstleistungen zu kaufen, die ein menschenwürdiges Leben ermöglichten. „Es bedeutet auch, stigmatisiert zu werden. Es bedeutet, verachtet zu werden. Es bedeutet, beim Zugang zu Beschäftigung, Wohnraum, Gesundheitsversorgung und Bildung diskriminiert zu werden“, listete der Sonderbeauftragte auf. Die negative Einstellung gegenüber den Bedürftigen wolle er daher „ausrotten“. Armutsfeindlichkeit müsse ebenso „geächtet“ werden wie Rassismus, Sexismus oder Trans- und Homophobie. „Sie haben keinen Platz in unserer Welt“, betonte De Schutter.

Regierungen sollen eigene Gesetze prüfen

Der Sonderbeauftragte fordert die Regierungen zudem auf, ihre Antidiskriminierungsgesetze zu überprüfen, um Menschen besser zu schützen. Behörden sollten nicht mehr nach dem Prinzip „Wohltätigkeit“ vorgehen.

Vielmehr sollten sie sich darauf konzentrieren, dass Menschenrechte gewahrt und die Selbstbestimmung gefördert werde. „Solange wir bei einem Ansatz zur Armutsbekämpfung bleiben, der auf staatlicher Wohltätigkeit beruht, und solange wir nicht anerkennen, dass Staaten Pflichten gegenüber Menschen in Armut haben, die selbst Träger von Rechten sind, werden wir die Armut nicht wirksam bekämpfen können“, meinte er.

Länder mit niedrigem Einkommen unterstützen

Betroffene sollten Zugang zu Regressmechanismen haben, wenn sie von Wohnraum, Bildung, Arbeitsplätzen oder sogar von sozialem Schutz ausgeschlossen würden. In vielen Ländern sei dies nur schwer oder gar nicht zu erreichen.

Die internationale Gemeinschaft könne aber mehr zur Beseitigung der Armut und zur Förderung der sozialen Gerechtigkeit tun. Zum Beispiel könne sie Länder mit niedrigem Einkommen unterstützen, in denen etwa 711 Millionen Menschen leben.

Globaler Fonds kostet jährlich 79 Milliarden Dollar

Nach Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) kostet die Einführung von Sozialschutzprogrammen diese Länder jährlich rund 79 Milliarden US-Dollar, führte De Schutter weiter aus. Zur Finanzierung schlagen er und die ILO die Einrichtung eines Globalen Fonds für Sozialschutz vor.

Länder, die sich verpflichteten, ihre Bürger abzusichern – „von der Geburt bis zum Tod, von Kinder- und Mutterschaftsgeld bis zur Altersrente, einschließlich Arbeitslosengeld, Krankengeld und so weiter“ – sollten Zugang zu dieser Unterstützung haben.

Inländische Ressourcen mobilisieren

Die Regierungen müssten sich außerdem verpflichten, auch inländische Ressourcen zu mobilisieren. „Die Kombination aus internationaler Unterstützung und der Mobilisierung inländischer Ressourcen sollte es diesen Ländern ermöglichen, das wichtigste Ziel zu erreichen: „Die Beseitigung der Armut, zu deren Zielen auch die universelle Einführung von Sozialschutzniveaus gehört“, glaubt der Sonderbeauftragte.

Bis 2030 „erhebliche Fortschritte“

Zwar sei die oberste Priorität der UN, die Armut bis 2030 zu beseitigen, voraussichtlich nicht zu erreichen, es könnten aber „erhebliche Fortschritte“ in diese Richtung gemacht werden. Warum allerdings milliardenschwere Hilfsprogramme für arme Länder in den vergangenen Jahrzehnten nicht zum Erfolg geführt haben, erwähnt de Schutter in seinem Bericht nicht.

 



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