Verkehrslärm beeinträchtigt Lernerfolge von Grundschülern

Laut einer Studie zeigen Kinder, die Schulen mit erhöhtem Verkehrslärm besuchen, eine langsamere kognitive Entwicklung, ein geringeres Kurzzeitgedächtnis und eine niedrigere Aufmerksamkeitsspanne.
Verkehrslärm beeinträchtigt Lernerfolge von Grundschülern
Ein Klassenzimmer.Foto: iStock
Von 20. Juni 2022

Verkehrslärm ist ein weitverbreitetes und seit vielen Jahren bekanntes Problem in den Städten. Welche Auswirkungen dies auf die Gesundheit von Kindern hat, ist noch nicht ausreichend erforscht. Aus diesem Grund startete das Barcelona Institute for Global Health (kurz ISGlobal) eine Studie, in der sie die Schüler von 38 Schulen in Barcelona (Spanien) untersuchten.

Dabei stellte das Forscherteam um Maria Foraster und Jordi Sunyer fest, dass sich Verkehrslärm negativ auf die Entwicklung des Kurzzeitgedächtnisses und die Aufmerksamkeit von Grundschülern auszuwirken scheint. Die Wissenschaftler veröffentlichten die Ergebnisse ihrer Studie Anfang Juni in der Zeitschrift PLoS Medicine.

Zwei wichtige Fähigkeiten gestört

An der spanischen Studie nahmen insgesamt 2.680 Kinder im Alter von 7 bis 10 Jahren teil. Um die möglichen Auswirkungen von Verkehrslärm auf die kognitive Entwicklung zu bewerten, konzentrierten sich die Forscher auf zwei Fähigkeiten, die sich in der Vorpubertät entwickeln und für das Lernen und den Schulerfolg eine entscheidende Rolle spielen.

Besonderes Augenmerk der Forscher lag daher einerseits auf der Aufmerksamkeit der Schüler. Sie umfasst Prozesse wie die Wahrnehmung oder die Konzentration auf eine bestimmte Aufgabe über einen längeren Zeitraum. Andererseits ermöglicht das Kurzzeitgedächtnis, als zweiter Studienschwerpunkt, Informationen im Gedächtnis zu behalten und sie über einen kurzen Zeitraum zu verarbeiten. „Wenn wir die im Kurzzeitgedächtnis gespeicherten Informationen kontinuierlich und effektiv verarbeiten müssen, nutzen wir dann das sogenannte komplexe Arbeitsgedächtnis“, erklären die Forscher.

Die Forscher griffen auf Daten aus einem Zeitraum von zwölf Monaten in den Jahren 2012 und 2013 zurück, in denen die Kinder viermal kognitive Tests absolvierten. Ziel dieser Tests war es nicht nur, das Gedächtnis und die Aufmerksamkeit zu bewerten, sondern auch deren Entwicklung im Laufe der Zeit zu untersuchen. Im gleichen Zeitraum führten die Forscher Lärmmessungen vor den 38 teilnehmenden Schulen, auf den Schulhöfen und in den Klassenzimmern durch.

Nach Abschluss des Studienzeitraums zeigten die Ergebnisse einen klaren Unterschied. So zeigten Schüler, die Schulen mit höherem Verkehrslärm besuchten, eine langsamere Entwicklung des Kurz- und Arbeitsgedächtnisses sowie eine geringere Aufmerksamkeit.

Ein Jahr umsonst in der Schule

Wie die Forscher feststellten, hat jedoch nicht nur die reine Lautstärke einen Einfluss auf die Schüler, sondern auch eine starke Schwankung des Lärmpegels. Kinder, die über das Jahr hinweg einem höheren durchschnittlichen Lärmpegel im Klassenzimmer ausgesetzt waren, schnitten nur beim Aufmerksamkeitstest schlechter ab als Schüler in ruhigeren Klassenzimmern.

„Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass Lärmspitzen im Klassenzimmer die neurologische Entwicklung stärker beeinträchtigen können als der durchschnittliche Dezibelpegel“, sagte Foraster. Das sei insofern wichtig, als die derzeitigen Richtlinien nur auf Durchschnittswerten basieren und die Lärmcharakteristik keine Beachtung findet. Dabei ist ihr Einfluss nicht unerheblich, wie die Ergebnisse zeigen.

Ein Anstieg des Außenlärmpegels um fünf Dezibel verlangsamte die Entwicklung des Kurzzeitgedächtnisses im einjährigen Studienzeitraum um durchschnittlich 11,4 Prozent. Die Entwicklung des Arbeitsgedächtnisses wurde sogar um 23,5 Prozent verlangsamt. Rein rechnerisch erreichen Schüler bei hoher Lärmbelästigung damit erst in der fünften Klasse die Gedächtnisleistung, die Grundschüler in ruhigen Gegenden bereits in der vierten Klasse erreichen.

Lärmbelastung zu Hause unproblematisch?

Die Forscher verwendeten neben Messung an den Schulen die Straßenverkehrslärmkarte Barcelonas aus dem Jahr 2012, um den durchschnittlichen Lärmpegel am Wohnort der Schüler zu ermitteln. Hier konnten die Wissenschaftler jedoch keinen Zusammenhang zwischen Lärm und schlechterer kognitiver Entwicklung feststellen.

„Dies könnte daran liegen, dass die Lärmbelastung in der Schule schädlicher ist, da sie die empfindlichen Konzentrations- und Lernprozesse beeinträchtigt“, so Foraster. „Andererseits wurden zwar Lärmmessungen an den Schulen durchgeführt, aber die Lärmpegel an den Wohnorten der Kinder wurden anhand einer Lärmkarte geschätzt. Letztere könnte möglicherweise ungenauer sein und in jedem Fall nur den Außenlärm widerspiegeln. Auch dies könnte die Ergebnisse beeinflusst haben.“

(Mit Material des ISGlobal)

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 49, vom 18. Juni 2022.



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