Wahlfangscheine: Bürgergeld und Kindergrundsicherung
Die Sommerpause ist beendet. Der alltägliche Lärm der Politik aus Berlin belästigt den wertschöpfend tätigen Menschen wieder – so er sich denn von Funk- und Fernsehen beschallen lässt. Aktuell geht es auch immer mal wieder in den Diskussionen um die Kindergrundsicherung und das Bürgergeld.
Das hört sich zunächst einmal sozial und gut an, aber unter dem Strich wird wieder einmal ein gravierender Fehlanreiz gesetzt.
Leistungsträger der Gesellschaft – der wertstiftende Mensch
Ein für die Gesellschaft wertstiftender Mensch ist nach meiner Auffassung derjenige, der sich in seinen produktiven Jahren (zwischen Ausbildung und Ruhestand) in den Dienst der Gesellschaft stellt. Man kann auch von den Leistungsträgern einer Gesellschaft sprechen.
Sie bringen ihre Talente auf vielfältige Art und Weise ein und sind im marktwirtschaftlichen Sinne dazu bereit, die Bedürfnisse anderer Menschen zu befriedigen. Sie stellen ihre Zeit als Arbeitskraft zur Verfügung, erbringen als Unternehmer Dienstleistungen oder produzieren Güter für Menschen, die diese als nützlich erachten. Nur so funktioniert eine Gesellschaft langfristig und nachhaltig im ursprünglichen Sinne.
Der Staat spaltet die Gesellschaft
Es wird immer davon gesprochen, dass der Staat wir alle seien. Das kann man jedoch so nicht stehen lassen. Der Staat unterteilt die Menschen, und zwar in diejenigen, die per saldo vom Staat leben, und diejenigen, die netto mehr einzahlen, als sie auf der anderen Seite wieder von staatlichen Institutionen erhalten.
Die These, der Staat seien wir alle, kann folglich getrost fallen gelassen werden. Dem durchschnittlich tätigen Arbeitnehmer bleiben weniger als 30 Prozent von ihrem Gehalt. Die Details zu dieser Berechnung gibt es hier.
70 Prozent der Einnahmen eines durchschnittlichen Arbeitnehmers werden also hierzulande der ineffizienten staatlichen Umverteilungsmaschinerie zugeführt. Ein vernunftbegabter Mensch kann diese Relation unmöglich als sozial gerecht klassifizieren.
Anreize der Politiker – die uninteressante Wählerschaft!
Das „Manager Magazin“ veröffentlichte vor einiger Zeit sehr interessante Zahlen. 69 Millionen Menschen leben vom Staat, sind also der Klasse der Nettosteuerempfänger zuzuordnen. Diese 69 Millionen Menschen werden von 15 Millionen Menschen finanziert. Das sind die Nettosteuerzahler.
Von den 69 Millionen Menschen ist nicht jeder wahlberechtigt. Dennoch wird deutlich, dass die Wahlprogramme wohl eher auf die mengenmäßig interessantere Gruppe ausgerichtet werden. Das heißt, die staatlichen Wohltaten werden in der Tendenz immer weiter ausgebaut und sie gehen, wie schon beschrieben, zulasten der Nettosteuerzahler.
Erschreckende Zahlen – Durchschnittsverdiener versus Bürgergeldempfänger
- Eine Familie (Eltern empfangen Bürgergeld) mit Kind (unter fünf Jahren) soll nach den Plänen der Regierung künftig nicht mehr 2.050 Euro, sondern 2.296 Euro erhalten. Auch die komplette Warmmiete wird vom Staat übernommen.
- Neben der Warmmiete erhält eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern künftig 2.552 Euro. Das ist ein Plus von 273 Euro, denn vorher wurden 2.279 Euro ohne die Erbringung einer Gegenleistung überwiesen.
- Eine Familie mit drei Kindern erhält, wenn beide Eltern Bürgergeld empfangen, in Zukunft 2.830 Euro. Vor der anstehenden Änderung waren es 303 Euro weniger.
- Der durchschnittliche monatliche Nettolohn für Arbeitnehmer lag laut Statista im Jahr 2022 bei ungefähr 2.245 Euro. Davon sind selbstverständlich noch die Wohnkosten (Warmmiete oder Ähnliches) zu bestreiten.
Blickt man auf diese Zahlen, so erkennt man ganz deutlich, dass dieses System ein System der Fehlanreize ist. Möchte man das menschliche Handeln verstehen, so ist ein Blick auf die Anreize unerlässlich.
Anreize der Menschen und Parteien: Zu- und Auswanderung
Der Anreiz, zu arbeiten und sich in den Dienst der Gesellschaft zu stellen, wird immer weiter unterminiert. Berücksichtigt man die Teuerung, so sind die realen Nettolöhne ordentlich rückläufig. Die Abgaben steigen immer weiter an. Die Lkw-Maut verdoppelt sich per Ende des Jahres, die CO2-Steuern werden erhöht und auch die Grundsteuer wird in Zukunft deutlich teurer.
Die Ausweitung der Staatsschulden inflationiert die Geldmenge und beraubt die Nettosteuerzahler im Zuge erhöhter Teuerungsraten zusätzlich. Wir können unter dem Strich festhalten, dass das Privateigentum hierzulande immer weiter eingeschränkt wird.
Neben dem Anreiz, gewissen Sonderinteressengruppen (Lobbyarbeit) zu dienen, stellt die Wiederwahl den größten Anreiz für die Politik dar. Roland Baader sprach in diesem Zusammenhang von Bestechung und Wahlfangscheinen.
Die skizzierten Wohltaten gehen zulasten derer, die tatsächlich etwas leisten. Die immer weiter ansteigenden Belastungen führen dazu, dass immer mehr junge Menschen aufgrund der vielschichtigen Fehlanreize dieses Land verlassen.
Sehen wir die Angelegenheit global, dann ist logisch, dass Deutschland kein Zuwanderungsland für leistungswillige und talentierte junge Menschen ist. Wir können in der Tendenz also von einem Bevölkerungsaustausch ausgehen. Junge, talentierte Menschen werden von den Fehlanreizen der hohen Abgabenlast außer Landes getrieben.
Die hohen Zuwendungen in Form von Bürgergeld und Kindergrundsicherung setzen den Anreiz, dass sich die Zuwanderung weiterhin maßgeblich auf Leistungsempfänger (Nettosteuerempfänger) konzentrieren wird. Wenn diese dann zügig eingebürgert werden, dann stellt auch diese Gruppe eine potenziell interessante politische Wählerschaft dar. Auch das ist ein systemischer Fehlanreiz!
Auf dem Weg zum bedingungslosen Grundeinkommen
Bürgergeld und Kindergrundsicherung sind de facto als bedingungsloses Grundeinkommen einzustufen. Die Tendenz ist eindeutig. Die Abgabenlast steigt und der scheinbar bedingungslose Wohlfahrtsstaat wird aufgrund der latenten Fehlanreize immer weiter ausgebaut.
Allein durch die demografische Entwicklung werden immer mehr Leistungsträger bedingt durch ihr Alter zu Leistungsempfängern. Auf Sicht geraten folglich immer Menschen in staatliche Abhängigkeit, und so könnten die Regierenden auf die Idee kommen, die staatlichen Leistungen an gewisse Wohlverhaltenskriterien zu knüpfen.
Diese Kriterien können vielfältig sein. Der CO₂-Fußabdruck wäre ein Kriterium – ist dieser zu groß, dann wird die staatliche Zuwendung gekürzt oder gar komplett gestrichen. Die bedingungslose Absicherung wird plötzlich doch an gewisse Kriterien geknüpft. Dennoch fließt die Zahlung ohne Gegenleistung und so wird der Gesamtvorgang zu einem bedingungslosen Grundeinkommen.
Zum Autor
Benjamin Mudlack ist gelernter Bankkaufmann und Diplom-Wirtschaftsinformatiker. Er ist Vorstandsmitglied der Atlas Initiative, Mitglied der Friedrich August von Hayek-Gesellschaft und begleitet aktiv einige andere freiheitliche Projekte wie das Free Economic Forum und den YouTube-Kanal „Der ökonomische IQ“. Im November 2021 veröffentlichte er das Buch „Geldzeitenwende: Vom Enteignungsgeld zurück zum gedeckten Geld“.
Der Artikel erschien zuerst auf der Website Freiheitsfunken.info unter dem Titel: „Mittelstand in Bedrängnis“.
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