Wald für Klimaschutz abholzen? Kettensägen-Kritik trifft auf Einladung zum Expertenaustausch

Ein Beitrag des „Bayerischen Rundfunks“ über den Plan, Buchenwälder zu lichten, erzürnt den Bestsellerautor Peter Wohlleben. Sein Videobeitrag geht viral. Aber was steckt wirklich dahinter? Epoch Times spricht auch mit dem Mann hinter der Säge.
Titelbild
Macht das Fällen von Buchen zugunsten des Klimas Sinn? Eine neue Studie widerspricht mehreren alten.Foto: iStock/Edgar G. Biehle
Von 4. September 2023


Ende Juni 2023 postete der Bestsellerautor und Förster Peter Wohlleben ein Video per Facebook, das aktuell mit Verzögerung via Telegram und Twitter Zehntausende Nutzer erreichte und für Empörung sorgte.

Wohlleben, den die meisten wohl über sein weltweit gelesenes, 2015 erschienenes Sachbuch „Das geheime Leben der Bäume“ kennen dürften, veröffentlicht fast täglich auf seinem Facebook-Kanal einen Morgengruß; meistens aus dem Wald, verbunden mit einer Naturerzählung, zuletzt am Montag etwas über „Die Taktik der Brombeere“.

Besagtes Video vom Juni 2023 erreichte jetzt noch einmal mehr als die sonst üblichen Zuschauer der engeren Fangemeinde, die tausendfach mit gerecktem Daumen Wohllebens kurze Walderzählungen wertschätzen.

Der bekannte Förster bezog sich in seinem zweiminütigen Kurzvortrag auf Vorhaben der Forstämter, welche dazu aufgefordert hätten, intakte Wälder auszudünnen. Maßnahmen, so Wohlleben, die den Wald gegen jede Vernunft kaputt machen.

Der Autor teilte unter seiner Wortmeldung einen Beitrag des „Bayerischen Rundfunks“ (BR), der ihn auf das Thema gebracht hatte. Im Beitrag wird Waldbesitzern und Kommunen empfohlen, „Wälder, Buchenwälder, Laubwälder stark aufzulichten, um zum Beispiel Mittelwälder daraus zu machen.“

„Einen größeren Unsinn kann man gar nicht erzählen“

Die Empfehlung sei, so Wohlleben, nur einzelne große Bäume stehen zu lassen und die restlichen Bäume zu fällen. So wolle man den Wald „klimafit“ machen. Der bekannteste Förster Deutschlands nimmt kein Blatt vor den Mund, was er davon hält:

„Einen größeren Unsinn kann man gar nicht erzählen. Das Ganze angeblich bestätigt durch Studien. (lacht) Die würde ich wirklich gerne mal sehen, weil die Studienlage sagt genau das Gegenteil.“

Und Wohlleben erklärt seinen Zuschauern auch gleich, was er mit „Gegenteil“ meint:

„Wälder müssen geschlossen sein, es muss dunkel sein. Wälder sind Wasserspeicher. Das ist uraltes Wissen, durch viele, viele Studien immer wieder bestätigt. Und da gehen jetzt wirklich die Kolleginnen und Kollegen draußen hin und empfehlen den Leuten mit Wald die Wälder aufzulichten, viel Holz rauszuholen, weil Bäume angeblich Wassersäufer seien und die verbleibenden Bäume dann umso mehr Wasser für sich selber hätten. In Wirklichkeit ist es ja genau andersrum: Wälder sind Wasserspeicher. Wenn ich die auflichte, werden sie heiß, werden sie trocken und trocknen komplett aus.“

Das sei alles lang bekannt. Dennoch zögen jetzt Leute von staatlichen Forstverwaltungen durch das Land mit solchen „unsinnigen“ Empfehlungen:

„Ich finde das unmöglich, weil diese Wälder, wenn die so behandelt werden, stark geschwächt in den Klimawandel gehen und möglicherweise die ersten sind, die dann ausfallen. Und dann haftet natürlich keiner dafür, weil das ist ja das Klima, das ist das Wetter. Also noch mal, da wird gerade großer Blödsinn erzählt, wenn ihr sowas bei euch in den Kommunen hört oder auch im Privatwald: Bitte wehrt euch dagegen! Weil so werden unsere letzten noch halbwegs intakten Wälder kaputt gehauen im Namen des Natur- und Klimaschutzes, wirklich ein Ding der Unmöglichkeit!“

Grelle Kreuze markieren den Schnitt

Der geteilte Link des BR aus der Rubrik „Unser Land“ ist sechs Minuten lang und wurde bisher über 80.000-mal aufgerufen. Die Bilder, über die sich Wohlleben so aufgeregt hat, zeigen Förster Daniel Schenk mit der Spraydose im Buchenwald und eine Sonja Siebenhaar bei Forchheim. Der Förster markiert im Schnelldurchlauf viele Bäume mit grellorangefarbenen Kreuzen für die Holzfäller.

Waldbesitzerin Siebenhaar bedauert die Auslichtung zwar, vertraut aber dem Förster: „Es tut schon ein bisschen weh im Herzen, wenn man sich denkt, dass die jetzt alle fallen müssen, aber ich weiß, warum und vertraue auch dem Rat.“

Tatsächlich wird bereits in der Sendung des BR auf einen Dissens mit Wohlleben hingewiesen, wenn dort schon Kommentare aus den sozialen Medien folgendermaßen zitiert werden: „Dieser Herr Schenk hätte sich mit Herrn Wohlleben beraten sollen.“

Im öffentlich-rechtlichen Beitrag wird erzählt, der aufgelichtete Wald hätte so mehr Wasser und Nährstoffe zur Verfügung, Wohlleben geht vom exakten Gegenteil aus.

Schenk sprich von „entzerrtem Wasserstress durch größere Abstände.“ Die Methode der Auslichtung wird im Beitrag von Förster Schenk „auf Stock setzen“ genannt. Mittlerweile sei auch die Artenvielfalt auf den neuen Flächen explodiert.

Die Zuschauer des BR-Betrags erfahren, dass der Freistaat die von Wohlleben kritisierte Auslichtung mit 4.000 Euro pro Hektar fördert. Die Vorgehensweise, die Förster Daniel Schenk bevorzugt, wäre im Übrigen eine, die sich über Jahrhunderte bewährt hätte.

Gar keine unüberbrückbaren Gegensätze

Ein Hauptanliegen dieser neuen Maßnahme sei die Erkenntnis, dass die Buche unter dem Klimawandel zukünftig besonders zu leiden hätte, eine neue Artenvielfalt am Vorbild des alten fränkischen Mittelwaldes soll eine Buchenmonokultur ersetzen.

Jetzt stehen sich mit dem prominenten Autor und Förster Peter Wohlleben und seinem bayrischen Försterkollegen Daniel Schenk zwei Kontrahenten gegenüber. Wohlleben hält Schenk „Unsinn“ und „Blödsinn“ vor.

Epoch Times erreicht Daniel Schenk bei der Arbeit. Der verteidigt seine Haltung, sieht aber gar keine unüberbrückbaren Gegensätze. Zuletzt lädt Daniel Schenk den bekannten Autor zum Gespräch ein:

„Ich halte es immer für schwierig, wenn wir Wälder beurteilen und waldbauliche Verfahren kritisieren, ohne den Wald vor den eigenen Augen zu haben. Mit Sicherheit ist Peter Wohlleben bei seiner Kritik nicht bekannt gewesen, wie der Wald ausgesehen hat in seiner Gänze, als wir mit Frau Siebenhaar vor Ort gewesen sind, was uns überhaupt erst ins Nachdenken gebracht hat. Der reine Buchenwald an sich, der sich selber hilft, ist an dieser Stelle klar gescheitert. Ich habe das Buch von Wohlleben sehr wohlwollend aufgenommen. Ich habe ihn gelesen, mich auf viele kritische und spannende Gespräche mit Waldbesitzern und Waldbesuchern eingestellt. Es ist eher dabei geblieben, dass ich es für mich gelesen habe, aber mir hat das Buch durchaus Freude beim Lesen gemacht. Zu einem Austausch mit Herrn Wohlleben wäre ich herzlich gerne bereit. Wir können Hochwald anschauen, Mittelwald anschauen, unsere vielen Buchenwälder vorzeigen, aber auch die Nadelwälder. Ich würde mich über einen Austausch unter Experten sehr freuen.“



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