Ziel verfehlt: Uber und Lyft lassen Anzahl privater Pkw steigen

Wer viel Taxi fährt oder Mitfahrgelegenheiten nutzt, braucht kein eigenes Auto und trägt damit zum Klimaschutz bei - so die Theorie. Eine Studie zeigt jedoch, dass das Erscheinen der Ridesharingdienste Uber und Lyft in Städten den Fahrzeugbestand steigen lässt.
Ein Uber-Parkplatz in Melbourne, Australien.
Ein Uber-Parkplatz in Melbourne, Australien. Entgegen der Hoffnung vom Verzicht auf das eigene Auto erhöhen Ride-Sharing-Angebote den Fahrzeugbestand.Foto: iStock
Von 7. Januar 2021

Wenn Unternehmen wie Uber und Lyft in städtischen Gebieten auftauchen, steigt der Fahrzeugbestand pro Kopf im Durchschnitt um 0,7 Prozent. Besonders stark fällt der Anstieg in Auto-abhängigen und langsam wachsenden Städten aus. Gerade in Städten mit einem hohen Einkommen und wenigen Kindern verdrängten die Ridesharing-Dienste zudem umweltfreundlichere, aber oft unbequeme Nahverkehrsangebote.

Zu diesen Ergebnissen kommen Forscher der Carnegie Mellon University in Pittsburg, Pennsylvania. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher um Prof. Jeremy Michalek am 6. Januar in der Fachzeitschrift „iScience“. Die Autoren beziehen sich in ihrer Studie auf Daten von „Hunderten US-Städten“ in denen Uber und/oder Lyft zwischen 2011 und 2017 auftauchten und verglichen sie mit Daten aus Städten ohne diese Transportmittel.

Uber und Lyft als Anreiz zum Autokauf

Die Landschaft des Individualverkehrs hat sich seit dem Aufstieg von Rideshare-Apps wie Uber und Lyft stark verändert. Während man früher, um von A nach B zu kommen, entweder öffentliche Verkehrsmittel nehmen, ein Taxi suchen oder ein eigenes Fahrzeug besitzen musste, hat man heute die Möglichkeit, sich per Knopfdruck eine Mitfahrgelegenheit zu bestellen, was das Leben ohne eigenes Auto viel praktikabler macht. Dabei stand zu Beginn der Forschungen keineswegs fest, in welche Richtung das Ergebnis gehen würde.

Ich hätte erwartet, dass die Menschen weniger Fahrzeuge besitzen, sobald sie Zugang zu diesem alternativen Transportmittel erhalten“, sagte Koautor Jeremy Michalek, Professor für Ingenieurwesen und öffentliche Ordnung. „Aber das ist nicht das, was wir in den Daten sehen“.

Eine Erklärung sieht Professor Michalek darin, dass „jemand, der kurz davor war, sich ein Fahrzeug leisten zu können, nun einen Anreiz hat, eines zu kaufen und damit Geld zu verdienen“. Eine weitere Erklärung sei möglicherweise, Uber und Lyft für bestimmte Dienstleistungen zu nutzen. So müsse man(n) in einer Auto-abhängigen Stadt keinen Fahrer für einen Gruppenausflug bestimmen. Dennoch behielten die Ausflügler ihre persönlichen Fahrzeuge für den Alltag und normale Reisen.

Beides, so die Forscher, trage dazu bei, den Effekt, dass Menschen auf ihre persönlichen Fahrzeuge verzichten, aufzuheben beziehungsweise ins Gegenteil zu verkehren.

Bequem ist Trumpf

Ebenso ungewiss war der Effekt auf die klassischen Transportmittel. Die Forscher spekulierten: Uber und Lyft könnten die Fahrgäste des öffentlichen Nahverkehrs verdrängen, da sie eine schnellere und bequemere Art der direkten Beförderung von Punkt zu Punkt anbieten. Sie könnten aber auch den Nahverkehr ergänzen, indem sie Menschen, die etwas zu weit von den Haltestellen entfernt wohnen oder arbeiten, die Möglichkeit geben, ohne eigenes Auto zu oder von diesen Haltestellen zu gelangen.

Die Auswirkungen erwiesen sich im Allgemeinen als gering. Sie fanden jedoch, dass Städte mit höherem Einkommen und weniger Kindern einen größeren Rückgang der Nutzung vom Nahverkehr verzeichneten.

„Das deutet darauf hin“, erklärt Prof. Michalak, „dass Reisende […] mit mehr verfügbarem Einkommen eher bereit sind, auf eine bequemere, teurere Reiseart umzusteigen.“ Weniger Kinder seien dabei insofern entscheidend, als man sich ohne eigenes Auto um zusätzliche Logistik, zum Beispiel für Autositze oder Familieneinkäufe, kümmern müsse.

Corona verstärkt den Trend privater Fahrzeuge

Auch die Corona-Pandemie zeigt ihre Auswirkung, sowohl auf Fahrdienste wie Uber und Lyft wie auch auf den Fahrzeugbestand. Aus Angst vor einer Ansteckung meiden viele Menschen öffentliche Verkehrsmittel, um unnötige Kontakte zu vermeiden.

Auch in Deutschland ist dieser Trend zu verzeichnen. In der aktuellen Situation fuhren 35 Prozent der Befragten lieber mit dem Auto als mit Bus oder Bahn. Und wollten auch zukünftig dabei bleiben, heißt es im Mobilitätsreport, der sich mit der individuellen Mobilität in Zeiten der Corona-Krise beschäftigt.

Diesen Trend sieht Prof. Michalek auch für Ridesharing-Dienste. „Da viele Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten und viele andere sich dafür entscheiden, mit dem eigenen Auto zu fahren, haben [Uber und Lyft] einen Rückgang der Fahrgäste zu verzeichnen“. Weiter sagte er:

„Das wirft sicherlich Fragen auf. Mehr Autos und weniger Verkehr könnten ein echtes Problem für die Erreichung der Klimaziele sein.“ Gleichzeitig betont er: Mehr Fahrzeuge zu besitzen, bedeute nicht zwangsläufig, dass die Menschen sie auch mehr fahren. Prognosen für die Zukunft gibt er daher nicht: „Wir werden es nicht mit Sicherheit wissen, bis es passiert.“ Vielleicht wisse man Ende des Jahres mehr.



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