2020 geboren: Pandemie-Babys schneiden im Entwicklungstest schlechter ab

Forscher von der Columbia University fanden heraus, dass im ersten Jahr der Pandemie geborene Babys bei einem Entwicklungstest schlechter abschnitten als Babys, die kurz vor der Pandemie geboren wurden.
Entwicklungstest bei Kindern
Studie: Im ersten Jahr der Pandemie (2020) geborene Babys schneiden beim Entwicklungstest schlechter ab, als vor der Pandemie Geborene.Foto: iStock
Von 15. Januar 2022
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Insgesamt untersuchten die Wissenschaftler 255 Babys im Alter von sechs Monaten auf ihre sozialen und motorischen Fähigkeiten. Die Studie erschien kürzlich in der Zeitschrift „JAMA Pediatrics“. Laut den Forschern sei dies zudem unabhängig davon, ob ihre Mütter während der Schwangerschaft an COVID-19 erkrankten oder nicht.

„Säuglinge von Müttern, die während der Schwangerschaft an einer Virusinfektion erkrankt sind, haben ein höheres Risiko für neurologische Entwicklungsdefizite. Deshalb dachten wir, dass wir bei Säuglingen, deren Mütter während der Schwangerschaft an Corona erkrankt waren, Veränderungen in der neurologischen Entwicklung feststellen würden“, erklärt Dani Dumitriu, Professorin für Kindermedizin an der Columbia University.

Entwicklungstest mit „überraschendem“ Ergebnis

Als die erste Corona-Welle Anfang 2020 New York City traf, leitete Prof. Dumitriu eine Forschergruppe am Columbia University Irving Medical Center. Diese untersuchte im Rahmen der COVID-19 Mother Baby Outcomes (COMBO)-Initiative mehrere Studien zu Auswirkungen des Virus auf Säuglinge.

„Wir waren überrascht, dass wir keinerlei Hinweise darauf fanden, dass eine Corona-Erkrankung der Mutter mit Defiziten in der neurologischen Entwicklung des Ungeborenen verbunden war. Vielmehr wurden während der Pandemie schwangere Frauen mit etwas schlechterer Motorik und sozialen Fähigkeiten bei ihren Kindern in Verbindung gebracht. Andere Bereiche wie Kommunikation oder Problemlösungsfähigkeit waren dagegen nicht betroffen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass der enorme Stress der werdenden Mütter in dieser Zeit eine tragende Rolle gespielt haben könnte“, so Prof. Dumitriu.

Diese Unterschiede seien jedoch nicht groß, „sondern nur kleine Verschiebungen der Durchschnittswerte zwischen den Gruppen“, so die Forscher. „Diese kleinen Verschiebungen verdienen jedoch besondere Aufmerksamkeit. Auf Bevölkerungsebene können sie erhebliche Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit haben. Das wissen wir von anderen Pandemien und Naturkatastrophen“, erklärt Prof. Dumitriu weiter.

Pandemie im Allgemeinen statt persönliche Corona-Erkrankung

In einer frühen Studie kamen die Forscher zu dem Entschluss, dass Mütter das COVID-Virus nicht an ihr Ungeborenes weitergeben. – Nichtsdestotrotz ist jeweils ein Fall aus Russland und Peru bekannt, bei denen Babys bereits mit SARS-CoV-2 zur Welt kamen. Ebenfalls bekannt ist, dass Viruserkrankungen während der Schwangerschaft das Risiko für neurologische Entwicklungsverzögerungen bei Kindern erhöhen. Dies geschieht, da das Immunsystem der Mutter aktiviert wird, was wiederum die Gehirnentwicklung des Ungeborenen beeinträchtigt.

„Der Entwicklungsverlauf eines Säuglings beginnt bereits vor der Geburt“, sagt Prof. Dumitriu. „Angesichts von möglicherweise Millionen von Säuglingen, die COVID-19 im Mutterleib ausgesetzt waren, und noch mehr Müttern, die den Stress der Pandemie durchlebten, ist es von entscheidender Bedeutung, die Auswirkungen der Pandemie auf die neurologische Entwicklung künftiger Generationen zu verstehen.“

In der aktuellen Studie werteten die Forscher die Antworten auf einem Fragebogen aus, den Kinderärzte den Eltern ausgehändigt hatten. Gegenstand waren Aspekte der kindlichen Entwicklung wie Kommunikation, Fein- und Grobmotorik, Problemlösung und soziale Fähigkeiten. Fast die Hälfte der an der Studie teilnehmenden Mütter hatte irgendwann während ihrer Schwangerschaft ein positives Corona-Testergebnis. Traten Erkrankungen auf, waren diese meist leicht oder symptomlos.

Im Rahmen der Auswertung stellten die Forscher keine Unterschiede zwischen Säuglingen fest, unabhängig davon, ob deren Mütter an COVID erkrankt oder gesund waren. Jedoch waren die Durchschnittswerte der während der Pandemie geborenen Kinder niedriger als die grobmotorischen, feinmotorischen und sozialen Fähigkeiten von Kindern, die vor der Pandemie in denselben Krankenhäusern geboren wurden.

„Wir möchten Eltern aber beruhigen, dass unsere kleine Studie nicht unbedingt bedeutet, dass diese Generation später im Leben beeinträchtigt sein wird“, so Prof. Dumitriu. „Wir befinden uns noch in einem sehr frühen Entwicklungsstadium, in dem es noch viele Möglichkeiten gibt, einzugreifen und diese Babys auf den richtigen Entwicklungspfad zu bringen.“

Beeinflusst Corona bedingter Stress die Gehirnentwicklung?

Obwohl in der Studie der mütterliche Stress während der Schwangerschaft nicht gemessen wurde, hält Prof. Dumitriu es für möglich, dass der durch die Pandemie verursachte Stress den Rückgang der Fähigkeiten bei den Babys erklären könnte.

Frühere Studien haben gezeigt, dass sich mütterlicher Stress in der Frühschwangerschaft stärker auf die sozio-emotionalen Fähigkeiten von Säuglingen auswirkt als Stress in der Spätschwangerschaft. Ein ähnlicher Trend wurde auch in der neuen Studie festgestellt. So wiesen Säuglinge, deren Mütter sich auf dem Höhepunkt der Pandemie im ersten Schwangerschaftsdrittel befanden, die niedrigsten Werte hinsichtlich der neurologischen Entwicklung auf.

Andere Faktoren, darunter fehlender Kontakt oder veränderte Interaktionen mit gestressten Bezugspersonen, könnten erklären, warum Babys, die während der Pandemie geboren wurden, schwächere soziale und motorische Fähigkeiten haben als Babys, die vor der Pandemie geboren wurden. Die Forscher werden diese Säuglinge in Langzeitstudien weiter beobachten.



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