Cochrane-Studie: Corona-Schnelltests unsicher bei symptomlos Infizierten

Auf der Grundlage der Auswertung von 64 Studien kamen 22 Autoren des Cochrane-Netzwerkes zu der Einschätzung, dass ein großer Teil der gängigen Corona-Schnelltests ungenau sei. Vor allem bei symptomlos Infizierten schlügen Antigen-Tests aus dem Kaufhaus nicht immer an.
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Analyse des Schnelltests.Foto: THOMAS KIENZLE/AFP via Getty Images
Von 27. März 2021

Eine verbreitete Kritik an den lange Zeit bei der Corona-Identifikation dominanten PCR-Tests, wie sie etwa Harvard-Epidemiologe Dr. Michael Mina bereits Ende August 2020 in der „New York Times“ (NYT) artikuliert hatte, lautete, dass diese zu sensibel wären und auch symptomfreie und nicht ansteckende Träger von SARS-CoV-2 als positiv auswiesen.

Antigen-Schnelltests wurden damals als mögliche Alternative zur Verhinderung überhöhter Infektionszahlen genannt. Nun hat das Cochrane-Netzwerk diese unter die Lupe genommen – und spricht von Ungenauigkeiten.

Metastudie aus 64 Untersuchungen

Wie die „Berliner Zeitung“ berichtet, hatten 22 Autoren des internationalen Verbundes von Wissenschaftlern insgesamt 64 Studien ausgewertet, die sich mit Antigen- sowie Molekulartests befasst hatten. Die Ergebnisse der Schnelltests hatten sie auf ihre Genauigkeit mit jenen des PCR-Tests verglichen, der Standard in Laboren ist. In allen Fällen wurden Proben aus Nase und Rachen entnommen.

Antigentests, die in Einweg-Plastikkassetten geliefert werden und mittlerweile zum Preis von etwa fünf Euro pro Stück aufwärts in zahlreichen Drogerien, Apotheken und Online-Shops erhältlich sind, sollen Proteine des Virus identifizieren und innerhalb von 30 Minuten Ergebnisse liefern.

Molekulartests wiesen das genetische Material des Virus mithilfe von Desktop-Analysegeräten oder kleinen Handgeräten nach. Hier dauere es zwischen 30 Minuten und zwei Stunden, bis ein Ergebnis vorliege.

Cochrane-Forscher sprechen von uneinheitlichem Ergebnis

Die Forscher kamen zu einem sehr uneinheitlichen Ergebnis, was die Sensitivität der Tests anbelangt. Bei Personen, die Anzeichen oder Symptome von COVID-19 zeigen, sei die Zuverlässigkeit am höchsten, weil die höheren Virenladungen in der ersten Woche der Erkrankung mühelos von den Geräten identifiziert werden könnten.

Den Standards der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge ist eine Corona-Diagnostik akzeptabel, wenn die Sensitivität bezüglich des Virus mindestens 80 Prozent und die Spezifizität bei mindestens 97 Prozent liegt.

Die Sensitivität beschreibt den Anteil der positiv identifizierten unter den getesteten infizierten Personen: Der Anteil falsch negativer Getesteter darf demnach 20 Prozent nicht übersteigen. Die Spezifizität drückt die Anzahl der tatsächlich negativen Ergebnisse unter den gesunden Personen aus – ein Test wird nach WHO-Standards demnach als verlässlich betrachtet, wenn er nicht mehr als drei Prozent falsch positive Ergebnisse nach sich zieht.

Kleine Anzahl an Molekulartests eignet sich als potenzielle PCR-Alternative

Im Fall der untersuchten Testvarianten kamen die Forscher zum Ergebnis, dass die Beweiskraft bezüglich des Bestehens einer Infektion in asymptomatischen Kohorten beschränkt sei. Die Verlässlichkeit der Antigen-Tests, so das Fazit, sei nicht hoch genug, um infektiöse Getestete, die in Quarantäne gehen sollten, von jenen auseinanderhalten zu können, die kein Risiko darstellen. Es gebe keinen Referenzstandard bezüglich der Infektiosität.

Allerdings, so die Forscher weiter, habe immerhin ein kleiner Anteil der Molekulartests ein hohes Maß an Genauigkeit erkennen lassen und eigne sich dadurch möglicherweise als taugliche Alternative zu PCR-Tests. Dafür seien jedoch noch weitere Praxistests erforderlich.

Corona-Infizierte mit hohem Ansteckungsrisiko können identifiziert werden

Antigentests erfüllten allerdings, auch wenn nicht viele den WHO-Standards genügten, zumindest den Zweck, Corona-Infizierte zu identifizieren, von denen eine besonders hohe Ansteckungsgefahr ausgehe.

Es gäbe auch erhebliche Unterschiede zwischen den Anbietern und vieles hänge auch davon ab, ob die Anleitungen der Hersteller zur Verwendung der Tests tatsächlich adäquat befolgt würden, betonen die Autoren.

Die meisten der 64 ausgewerteten Studien, die man ausgewertet habe, beruhten allerdings auf Daten, die geschultes Personal in Testzentren, Notaufnahmen oder im Zuge der Kontaktverfolgung von Infizierten in den USA oder Europa erhoben hätte.

Schnelltests drei bis fünf Tage nach Infektion am verlässlichsten

Bei den Antigentests habe die Treffergenauigkeit insgesamt 72 Prozent betragen, wobei diese immerhin 78 Prozent erreichte, wenn Menschen mit Symptomen in der ersten Woche seit deren Auftreten getestet worden wären.

Demgegenüber hätten die Tests nur in 58 Prozent der Fälle symptomloser Infizierter COVID-19 korrekt erkannt und ausgewiesen. Forschern der University of St. Andrews in Schottland zufolge erreiche die Virusmenge in Corona-Fällen drei bis fünf Tage nach Beginn der Krankheit in den oberen Atemwegen ihren Gipfel.

Allerdings sei die Anzahl der Proben von asymptomatischen Fällen Infizierter deutlich geringer gewesen als jene der Getesteten, die über Symptome geklagt hatten. Es wären in der Zeit bis zum 16. November 2020 etwa zehnmal so viele Tests von Personen mit Symptomen ausgewertet worden als solche von asymptomatischen. Neuere Ergebnisse gingen gar nicht in die Auswertung ein.

Je nach Hersteller variierte die Genauigkeit der Antigen-Tests zudem von 34 Prozent bei Produkten von Coris Bioconcept Assay bis 88 Prozent bei SD Biosensor Standard Q Assay. Bei der Spezifität lagen die Antigentests immerhin im Schnitt bei 99,5 Prozent an Zuverlässigkeit unter nicht infizierten Personen mit Symptomen und 98,9 Prozent bei solchen ohne Symptomen. Der Anteil falsch-positiver Tests sei demnach verhältnismäßig überschaubar.



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