Depressionen: Frauen doppelt so häufig betroffen wie Männer

Die geschlechtsspezifische Diagnose von Depressionen zeigt ein Ungleichgewicht: Frauen sind häufiger betroffen. Aber was steckt hinter diesen Unterschieden und wie beeinflussen sie die Therapie?
Titelbild
Eine junge Frau im Kampf gegen den „dunklen Schatten“.Foto: iStock
Von und 30. September 2023

Bei Frauen wird häufiger eine Depression diagnostiziert als bei Männern. Es gibt jedoch auch erhebliche geschlechtsspezifische Unterschiede in Bezug auf die Symptome und die Behandlung.

Das Verständnis der geschlechtsspezifischen Mechanismen der Depression ermöglicht die Entwicklung wirksamerer Behandlungen. Diese sollten auf spezifische Bedürfnisse von Patienten unterschiedlichen Geschlechts zugeschnitten sein. Obwohl diese Mechanismen bisher nicht vollständig geklärt sind, deuten neuere Forschungen darauf hin, dass Hormone und Neurotransmitter eine Rolle spielen könnten.

Frauen häufiger betroffen als Männer

Mit dem Begriff Lebenszeitprävalenz wird das Risiko bezeichnet, im Laufe des Lebens an einer Depression zu erkranken. Laut der Initiative der World Mental Health Survey betrug im Jahr 2011 die durchschnittliche Lebenszeitprävalenz von Depressionen in 10 hoch entwickelten Ländern 14,6 Prozent. In acht Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommen betrug sie 11,1 Prozent.

Dieselbe Untersuchung ergab auch, dass die 12-Monats-Depressionsprävalenz in hoch entwickelten Ländern 5,5 Prozent und in Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommen 5,9 Prozent betrug. Zudem werden Frauen doppelt so häufig wie Männer mit einer Depression diagnostiziert.

Einer systematischen Überprüfung zufolge lag die jährliche weltweite Depressionsprävalenz im Jahr 2010 für Frauen bei 5,5 Prozent und für Männer bei 3,3 Prozent, was mit den zuvor genannten Umfrageergebnissen übereinstimmt.

Unterschiedliche Depressionssymptome bei Männern und Frauen

Unabhängig vom Kulturkreis können weibliche Depressionspatienten andere Symptome aufweisen als männliche. Frauen neigen im Vergleich zu Männern dazu, stärkere Symptomausprägungen sowie häufiger Angststörungen, Bulimie, Hypersomnie, Verdauungsprobleme und Schmerzen zu erleben.

Dies geht aus einer Studie mit 2.541 Depressionspatienten hervor, von denen 62,5 Prozent der Teilnehmer Frauen waren. Frauen klagen auch häufiger über körperliche Beschwerden ohne identifizierbaren körperlichen Grund und begehen als Folge von Depression häufiger Selbstmord als Männer. Im Gegensatz dazu leiden Männer häufiger an schweren Depressionen sowie Alkohol- und Drogenmissbrauch.

Zudem zeigen Frauen bei einer Depression eher die gängigeren Symptome wie Schuldgefühle, Wertlosigkeit, extreme Traurigkeit und Erschöpfung. Im Gegensatz dazu zeigen viele Männer bei Depressionen eher Wut, Reizbarkeit und sogar Aggression statt Traurigkeit. Darüber hinaus sind Männer mit Depressionen weniger geneigt, Hilfe oder Behandlung für ihren Zustand zu suchen als Frauen. Die Unterschiede der unterschiedlich erlebten geschlechtsspezifischen Symptome können zu Fehldiagnosen oder unzureichender Behandlung führen.

Vier mögliche Ursachen für geschlechtsspezifische Unterschiede

1. Hormonelle Einflüsse:

Einer aktuellen Studie an Mäusen zufolge kann eine dauerhafte Dysregulation des Stresshormons Cortisol zu Depressionen führen. Hierbei wirkt sich die Cortisoldysregulation bei männlichen und weiblichen Individuen unterschiedlich aus.

Einer deutschen Studie zufolge tritt die weibliche Dominanz bei Depressionen erst in der Pubertät auf. Vor der Pubertät sind die Depressionsraten bei beiden Geschlechtern sehr ähnlich, während sich das typische Geschlechterverhältnis zwischen 15 und 18 Jahren ausbildet. Andere Studien bringen Depressionen bei heranwachsenden Mädchen mit den Wechselwirkungen zwischen Sexualhormonen und sozialen Faktoren in Verbindung.

2. Neurotransmitter:

Ähnlich wie Hormone sind Neurotransmitter chemische Botenstoffe im Gehirn, die Signale zwischen Neuronen und anderen Zellen übertragen. Sie können Stimmung, Wahrnehmung und Verhalten regulieren. Es ist erwiesen, dass die Funktion und Produktion von Neurotransmittern bei Männern und Frauen unterschiedlich ist und sich auf Depressionen auswirken kann.

Forschungen ergaben, dass Frauen einen veränderten Gehalt an Neurotransmittern wie Serotonin und Dopamin haben, was zur Entwicklung oder Aufrechterhaltung von Depressionen beitragen kann. So wurde in einer kanadischen Studie festgestellt, dass die durchschnittliche Serotoninsyntheserate bei Männern um 52 Prozent höher ist als bei Frauen. Die Serotoninsyntheserate beschreibt die Geschwindigkeit, mit der Serotonin im Körper produziert wird.

3. Sozioökonomische und kulturelle Aspekte:

Eine britische Studie legt nahe, dass die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes den Zusammenhang zwischen Geschlecht und Depressionsrisiko beeinflussen kann. Hierbei zeigt sich, dass Frauen in ökonomisch stärker entwickelten Ländern häufiger ihre depressiven Symptome erkennen und entsprechende Hilfe in Anspruch nehmen.

Überdies weisen Daten darauf hin, dass insbesondere geschiedene und verwitwete Frauen ein erhöhtes Depressionsrisiko aufgrund erhöhter Armutsgefahr und der Belastungen des Alleinerziehens haben.

4. Bewältigungsstrategien:

Es gibt Hinweise darauf, dass Männer und Frauen unterschiedliche Bewältigungsmechanismen bei Depressionen einsetzen. Während Männer tendenziell problemorientierte Ansätze bevorzugen, neigen Frauen eher zu emotionsorientierten Strategien. Einige Studien suggerieren, dass die emotionsorientierten Bewältigungsstrategien weniger effektiv sein könnten, was die höhere Depressionsrate bei Frauen erklären könnte.

Ergebnisse verschiedener Behandlungsansätze

Durch einen individuelleren Ansatz bei der Behandlung von Depressionen kann Einzelpersonen besser geholfen werden, diese Erkrankung zu überwinden. Nachfolgend drei Beispiele aus dem Alltag des Physiaters Dr. Jingduan Yang, der sich auf integrative und traditionelle chinesische Medizin für chronische psychische, verhaltensbedingte und körperliche Erkrankungen spezialisiert hat.

Die 35-jährige Samantha leidet unter folgenden Symptomen einer Depression: schlechter Stimmung; Desinteresse an Aktivitäten, die ihr früher Spaß gemacht haben; Gefühle der Hoffnungslosigkeit und Schlafstörungen. Samanthas Depression hängt mit den hormonellen Veränderungen während ihres Menstruationszyklus zusammen. Denn in den Tagen vor ihrer Periode verschlimmern sich ihre Symptome. Daher umfasst ihr Behandlungsplan Medikamente, die ihren Hormonhaushalt regulieren. Sie profitiert von einer Psychotherapie, wie z. B. einer kognitiven Verhaltenstherapie (KVT), die ihr helfen kann, Bewältigungsstrategien für ihre Symptome zu entwickeln.

David, 45, kämpft mit Depressionen, Angstzuständen und Substanzmissbrauch. Er steht unter beruflichem Stress und dem Druck, traditionellen Männerrollen zu entsprechen. Seine Therapie fokussiert sich auf die kognitive Verhaltenstherapie für Männer (KVTFM) und medikamentöse Behandlungen. Davids Depression und Angst sind mit sozialen und kulturellen Faktoren verbunden, die die psychische Gesundheit von Männern beeinflussen.

Daher beinhaltet sein Behandlungsplan eine Psychotherapie, die sich auf Männlichkeit und kulturelle Erwartungen an Männer konzentriert. Diese Therapie kann David helfen, ein flexibleres und authentischeres Männerbild zu entwickeln, was seinen Stress reduzieren und ihm helfen kann, mit seinen Symptomen umzugehen. Weiterhin profitierte David von Medikamenten, die auf seine spezifischen Symptome abzielen, wie Antidepressiva, Anti-Angst-Medikamente und Beratung bei Substanzmissbrauch.

Sarah, 52, zeigt depressive Symptome im Zusammenhang mit der Menopause. Sie berichtet von ständiger Traurigkeit, Reizbarkeit und Angst sowie von Schlaflosigkeit und Müdigkeit. Sie erwähnt auch Hitzewallungen, nächtliches Schwitzen und vaginale Trockenheit, die ihre Lebensqualität beeinträchtigen. Nach ausführlicher Diagnose entscheidet sie sich für eine Östrogentherapie, die ihre Symptome signifikant verbesserte.

Dieser Artikel erschien zuerst auf theepochtimes.com unter dem Titel „Women Are Twice as Likely to Develop Depression Than Men: 4 Possible Major Causes“ (Deutsche Bearbeitung il). Der Inhalt ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion