Durchbruch in der Psychiatrie: Mitochondrien als Ursache für psychische Erkrankungen?

Dr. Christopher Palmer, Wissenschaftler an der Harvard University, hat eine interessante Hypothese veröffentlicht: Könnten winzige Bestandteile unserer Zellen – die sogenannten Mitochondrien – eine Rolle bei psychischen Erkrankungen spielen und können sie durch gezielte Ernährungsstrategien geheilt werden?
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Mitochondrien, die winzigen Energiekraftwerke in unseren Zellen, könnten der Schlüssel zu einem besseren Verständnis und möglicherweise zur Behandlung von psychischen Erkrankungen sein.Foto: iStock
Von 30. Juli 2023

Was sind die Ursachen psychischer Erkrankungen? Diese brennende Frage beschäftigt seit Jahren Wissenschaftler und Mediziner weltweit und bleibt bislang noch immer unbeantwortet.

Häufig stoßen Ratsuchende auf Erklärungen wie „es ist genetisch bedingt“ oder „Depression resultiert aus einem Mangel an Serotonin“. Psychische Krankheiten stellen weiterhin ein Rätsel dar und sorgen für Verwirrung unter zahlreichen Forschern und Wissenschaftlern. Trotz aller medizinischen Fortschritte bleibt die Kernursache für psychische Erkrankungen ungeklärt.

Allerdings könnte ein jüngster Fortschritt in der Psychiatrie das entscheidende Puzzleteil liefern, auf das die Wissenschaft gewartet hat.

Dr. Christopher Palmer, Assistenzprofessor für Psychiatrie an der Harvard University, hat jahrelang den Zusammenhang zwischen psychischen Erkrankungen und mitochondrialer Dysfunktion untersucht. Dabei hat er die Erkenntnisse Tausender Forschungsartikel verknüpft.

Palmer sagt, dass diese kollektive Forschung Zweifel an den gegenwärtig angewendeten Behandlungsmethoden für psychische Störungen aufwirft.

Ein prägendes Ereignis im Jahr 2016 leitete eine neue Richtung in Palmers Forschungen ein. Er half einem Patienten mit schizoaffektiver Störung, Gewicht zu verlieren. Dieser Patient litt nicht nur unter einer schweren psychischen Erkrankung, sondern auch unter geringem Selbstwertgefühl aufgrund der Gewichtszunahme, die er während der Einnahme von Psychopharmaka erlitten hatte.

Palmer berichtete, dass er anfangs kaum glauben konnte, dass eine Umstellung auf eine kohlenhydratarme ketogene Diät tatsächlich chronische akustische Halluzinationen und paranoide Wahnvorstellungen lindern könnte. Dennoch begann er schnell, diese Methode auch bei anderen Patienten anzuwenden, und beobachtete ähnliche und manchmal sogar noch dramatischere Ergebnisse.

Diese Erfahrungen ermutigten ihn, eine wissenschaftliche Reise zu beginnen, um besser zu verstehen, wie eine Änderung der Ernährung bei schweren psychischen Erkrankungen helfen kann. Forschungen in diesem Bereich setzt er bis heute fort.

Stoffwechsel und Gehirngesundheit

Palmer beschäftigte sich mit jahrzehntelangen wissenschaftlichen Forschungen, die den Zusammenhang zwischen Stoffwechsel- und Gehirngesundheit aufdecken.

Gegenüber der Epoch Times äußerte Palmer: „Je mehr ich in Bezug auf diese konkreten Wirkmechanismen herausfand, desto mehr wurde mir bewusst, dass hier etwas viel Größeres im Spiel ist. Ich beginne, viele Punkte miteinander zu verbinden, die unser Feld bisher nicht in Verbindung bringen konnte.“

Im November 2022 veröffentlichte er ein Buch mit dem Titel „Brain Energy“, in dem er seine Entdeckungen hervorhebt und die Theorie aufstellt, dass mitochondriale Störungen die Wurzel vieler psychischen Erkrankungen sind.

Aufbauend auf jahrzehntelange Forschung zum Stoffwechsel und den Mitochondrien ist Palmer der Überzeugung, dass psychische Störungen metabolische Störungen des Gehirns sind. Das bedeutet, dass diese Zustände keine dauerhaften Defekte sind und durch Identifizierung und Behandlung ihrer Ursache korrigiert werden können. Diese Erkenntnis stellt die Vorstellung infrage, dass Zustände wie Schizophrenie und bipolare Störung lebenslange Erkrankungen sind.

„Menschen mit Diagnosen wie Schizophrenie und bipolare Störung können ihre Krankheiten in Remission bringen, sie können heilen und sie können sich erholen“, betonte Palmer.

„Das steht im Widerspruch zu vielem, was wir den Menschen heute sagen“, fügte er hinzu.

Wie fehlerhafte Mitochondrien die Gesundheit beeinträchtigen können

In den menschlichen Zellen befinden sich winzige Kraftwerke, die als Mitochondrien bekannt sind. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, Energie zu erzeugen, die für das reibungslose Funktionieren aller Zellen notwendig ist – von den Zellen des Herzens bis hin zu denen im Gehirn. Doch wenn diese kleinen Energieproduzenten nicht richtig arbeiten, können eine Reihe von gesundheitlichen Problemen entstehen, einschließlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Fettleibigkeit und Typ-2-Diabetes.

Nach Ansicht von Palmer kann eine Fehlfunktion der Mitochondrien jedoch auch psychische Störungen wie Angstzustände, Depressionen, bipolare Störung und Schizophrenie auslösen. Das Gehirn, ein Organ mit hohem Energiebedarf, ist auf eine konstante Energiezufuhr angewiesen. Wenn die Mitochondrien nicht genügend Energie bereitstellen, können im Gehirn Störungen auftreten, die zu psychischen Erkrankungen führen.

Palmer geht sogar noch weiter und argumentiert, dass eine fehlerhafte Funktion der Mitochondrien tiefgreifende Veränderungen im Gehirn hervorrufen kann. Diese Veränderungen umfassen Schwankungen im Level der Neurotransmitter (die Botenstoffe des Gehirns), eine Zunahme von oxidativem Stress und entzündlichen Prozessen. Alle diese Veränderungen könnten zur Entstehung von psychischen Krankheiten beitragen. Deshalb betont Palmer die Notwendigkeit, die Rolle und Funktion der Mitochondrien weiterzuerforschen, um bessere Behandlungsstrategien für eine Vielzahl von Krankheiten zu entwickeln.

Könnten Mitochondrien der Schlüssel zur Heilung psychischer Erkrankungen sein?

Eine bahnbrechende Theorie wirft neues Licht auf die Behandlung psychischer Störungen: Was, wenn die Wurzel dieser Erkrankungen in den Zellen liegt, genauer gesagt in den Mitochondrien? Wenn das der Fall ist, könnten wir durch eine Behandlung dieser grundlegenden Dysfunktion größere Erfolge erzielen als mit den herkömmlichen Therapieformen.

Die üblichen Behandlungsansätze für psychische Störungen – Medikamente und kognitive Verhaltenstherapie (KVT) – können oft Symptome lindern, aber sie scheitern häufig daran, die Krankheit vollständig zu heilen.

Palmer, ein Mediziner mit über zwanzigjähriger Erfahrung in der Behandlung von psychischen Erkrankungen, insbesondere von Fällen, die auf herkömmliche Behandlungen nicht ansprechen, machte eine interessante Beobachtung. Viele seiner Patienten mit psychischen Problemen zeigten Anzeichen einer mitochondrialen Dysfunktion.

Palmer berichtet, dass eine gezielte Behandlung der mitochondrialen Störung oft eine Verbesserung der psychischen Zustände der Patienten bewirkt. Einige Patienten erlebten sogar eine komplette Remission von Symptomen, die von Depressionen und Psychosen bis hin zu Halluzinationen reichten, und konnten ihre Medikamente reduzieren oder sogar ganz absetzen.

Psychiatrische Medikamente können zwar kurzfristig helfen, haben aber oft unerwünschte Nebenwirkungen wie eine verringerte Libido, ein erhöhtes Suizidrisiko und Gewichtszunahme. „Wir müssen die Risiken und Vorteile dieser Behandlungen auf lange Sicht ernsthaft in Betracht ziehen“, betont Palmer.

Er warnt jedoch eindringlich davor, Medikamente ohne Rücksprache mit einem medizinischen Fachmann abzusetzen. Die Entdeckung der möglichen Rolle der Mitochondrien ist spannend, doch weitere Forschungen sind erforderlich, um sichere und effektive Behandlungsstrategien zu entwickeln.

Low Carb und ketogene Diät: Ein Hoffnungsschimmer für mitochondriale Störungen

Laut den Forschungsergebnissen und klinischen Erfahrungen von Palmer können verschiedene Strategien dazu beitragen, die negativen Effekte von mitochondrialen Dysfunktionen abzumildern. Hierzu gehören gesunde Lebensstiländerungen wie eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung, Stressbewältigung und ausreichend Schlaf.

Eine besondere Ernährungsform hat sich in der Praxis als besonders erfolgreich erwiesen: die ketogene Diät. Diese Diät, die bereits in den 1920er-Jahren zur Behandlung von Epilepsie angewendet wurde, basiert auf einer hohen Aufnahme von Fetten, moderater Proteinzufuhr und geringer Kohlenhydratzufuhr. Untersuchungen zeigen, dass sie die Anzahl der Mitochondrien in den Zellen erhöhen und deren Funktion verbessern kann.

Ein wesentlicher Vorteil der ketogenen Diät für die Gesundheit der Mitochondrien liegt in der Produktion von Ketonen. Wenn unser Körper in einen Zustand der sogenannten Ketose versetzt wird, nutzt er gespeichertes Fett zur Energiegewinnung. Dieser Prozess führt zur Bildung von Ketonen, die als effiziente Energiequelle dienen. Sie liefern vor allem den Gehirnzellen Energie, die stark auf die Energieproduktion der Mitochondrien angewiesen sind.

Die Mitochondrien spielen auch eine wichtige Rolle bei der Produktion von Neurotransmittern, den Botenstoffen unseres Gehirns, die unsere Stimmung und unser Verhalten beeinflussen, wie beispielsweise Serotonin und Dopamin.

Zudem verbessert eine ketogene Diät Insulinresistenz, da sie arm an Zucker und Kohlenhydraten ist. Insulinresistenz kann die Neubildung von Mitochondrien beeinträchtigen und letztendlich zu mitochondrialen Störungen, reduzierter Energieproduktion und Zellschäden führen, auch in den Gehirnzellen.

„Wir haben bereits Hunderte Fälle, in denen Menschen mit bipolarer Störung und Schizophrenie ihre Krankheiten in den Griff bekommen konnten. Wissenschaftler auf der ganzen Welt nehmen diese Ergebnisse ernst und intensivieren ihre Forschung. Aktuell laufen mindestens zehn kontrollierte Studien zur ketogenen Diät als Behandlung schwerer psychischer Erkrankungen. Die Ergebnisse einer dieser Studien werden bald veröffentlicht“, sagt Palmer.

Palmer betont die wachsende Aufmerksamkeit für diesen neuen Ansatz: „Das Interesse an dieser revolutionären Theorie nimmt rasant zu. Sie eröffnet uns völlig neue Perspektiven darauf, wie wir psychische Krankheiten in der Zukunft begreifen und behandeln können. Die Forschung auf diesem Gebiet schreitet in rasantem Tempo voran und die vielversprechenden Ansätze können schon heute echte Veränderungen im Leben der betroffenen Menschen bewirken.“

Dieser Artikel erschien zuerst auf theepochtimes.com unter dem Titel „A Root Cause of Mental Illness: Harvard Professor“ und ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen suchen Sie bitte Ihren Arzt auf. (Deutsche Bearbeitung kr)



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