Mythos Hirntod: Ärzte können „noch lebenden Patienten in eine ‚Leiche‘ verwandeln”

Eine „vorgezogene Leichenschau“ zu Lebzeiten, ein Tod, der keiner ist. Seit Jahren klärt der Verein „Kritische Aufklärung über Organtransplantation e.V.“ rund um das Thema „irreversibler Hirntod“ auf, der die Grundlage für eine Organspende darstellt. Denn welcher Tod sich hinter dem Hirntod verbirgt, welcher Tortur ein Organspender zu seinen Lebzeiten noch unterworfen ist, das wissen nur wenige.
Titelbild
Ärzte und Assistenten im OP.Foto: iStock
Von 5. Juni 2021

Am 5. Juni ist der Tag der Organspende. Nach dem Scheitern der Widerspruchsregelung in Deutschland 2019 geht national und international der Kampf der Organspende Befürworter um eine Lockerung der Regeln weiter. Darüber informiert der Verein Kritische Aufklärung über Organtransplantation e.V. (KAO). Gefordert wird eine transparente, umfassende Aufklärung über Organspende statt aufwendiger PR-Kampagnen.

Wichtig ist es dem Verein darüber zu informieren, dass bereits vor der Feststellung eines Hirntodes mit den sogenannten „organprotektiven Maßnahmen“ vorausschauend begonnen wird, falls sich bei dem Patienten ein Hirntod entwickeln sollte. Diese Maßnahmen sind fremdnützig, sie dienen bereits den späteren Empfängern. Der Tod müsse unbedingt verhindert werden, betont der Verein. „Schlimmstenfalls wird der potenzielle Organspender wiederbelebt“.

Bevor überhaupt ein Hirntod bei einem Patienten (Organspender) festgestellt wird, darf die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) über den potenziellen Spender informiert werden. Für eine Organentnahme gilt die Feststellung des Hirntods als die Grundlage. Nach Feststellung des Hirntods darf der potenzielle Organspender reanimiert werden, falls er vor der Organentnahme eines natürlichen Todes stirbt. Er kann bei Bedarf dialysiert werden; auch Herzdruckmassage ist erlaubt. Auch während der Organentnahme wird der Patient weiter beatmet.

Der Tod, der immer eindeutig war, ist wandelbar geworden und wird heutzutage in Europa unterschiedlich definiert“, heißt es von KAO.

Neue Todesdefinition zugunsten der Organspende

Die Transplantationsmedizin ist eine internationale Gemeinschaft. Daher ist es dem Verein wichtig, die Menschen auch über Bestrebungen aus den USA zu informieren. Dort soll die geltende Todesdefinition zugunsten einer leichteren Hirntod-Feststellung erweitert werden. Danach soll beispielsweise das Zwischenhirn nicht mehr als Teil des Gehirns gesehen werden. Vom Zwischenhirn gesteuert werden vegetative Funktionen des Organismus, die für jeden Menschen Lebenszeichen sind. Dazu gehören die Nahrungs- und Wasseraufnahme,  Körpertemperatur, Kreislauf sowie das Schlaf- und das Sexualverhalten.

Die Test-Prozedur zur Hirntod-Diagnostik wird in einem Beitrag der Schweizer „ZeitenSchrift“ „Organspenden – moderner Kannibalismus?“ wie folgt beschrieben:

„Unter anderem sticht man ihm [dem Patienten] in die Nasenwand, provoziert die Augenhornhaut mit einem Gegenstand, drückt fest auf die Augäpfel, gießt Eiswasser in die Gehörgänge, reizt den Bronchialraum mittels eines Katheters oder führt ab und zu gar eine Angiografie* durch, welche beim noch lebendigen Spender zu einem anaphylaktischen Schock mit Todesfolge führen kann. Zuletzt kommt der Atemstillstand-Test, medizinisch Apnoe-Test genannt: Die Ärzte schalten die künstliche Beatmung ab und beobachten, ob in den folgenden vier bis zehn Minuten ein Atemreflex einsetzt.“

Vorgezogene Leichenschau

Nach Meinung der Transplantationsmedizin braucht es für diesen potenziell gefährdenden Eingriff keine Aufklärung oder Genehmigung der Angehörigen. Sie vergleicht die Hirntod-Untersuchung mit einer ärztlichen Leichenschau. „Diese irreführende und zudem strittige Behauptung erweckt den Eindruck, dass jede Hirntod-Untersuchung erfolgreich ist“, so der Verein. Dabei solle die Untersuchung überhaupt erst feststellen, ob bei einem lebenden, künstlich beatmeten Patienten mit schweren Hirnverletzungen die Kriterien eines Hirntodes vorliegen. Aber es bedürfe einer zweiten Hirntod-Diagnostik, die das erste Ergebnis bestätigen muss.

Nach Aussage des Transplantationsspezialisten Werner Hanne ist der Apnoe-Test „im Sinne der ‚Organgewinnung‘ nämlich der riskanteste, denn hierbei darf der Patient auf keinen Fall wirklich sterben (Zusammenbruch des Kreislaufs)“. Falls doch, werden gegebenenfalls Wiederbelebungsversuche vorgenommen. Fällt der Apnoe-Test negativ aus, das heißt, findet kein spontaner Atemreiz statt, verwandeln die Ärzte mit ihrer Unterschrift, Datumsangabe und Uhrzeit „einen eben noch lebenden Patienten in eine ‚Leiche‘, der sodann die Organe entnommen werden dürfen“. Die Hirntod-Befürworter argumentieren jedoch so, dass der Mensch schon vorher tot war. „Es hatte nur noch niemand gewusst“, so Hanne in seiner Broschüre „ORGANWAHN Heilung durch Fremdorgane? Ein fataler Irrtum“.

Hinter allen Bemühungen der Transplantationsmedizin steht laut KAO der Satz: „Wir haben zu wenige Organe!“ – ein wahres „Totschlagargument“ für die betroffenen Menschen, denen das menschenwürdige Sterben in Begleitung ihrer Angehörigen vorenthalten werde. Für eine Organspende sei immer intensivmedizinische Maximaltherapie notwendig. Ein Sterben unter palliativen Bedingungen ist für Organspender nicht möglich.

*Angiografie: Kontrastmittel werden ins Blut gespritzt, um mit Röntgen oder Magnetresonanztomografie (MRT) die Verteilung des Blutes im Körper zu bestimmen.



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